Bücherverbrennung
  • Die Bücherverbrennung der Nazis im Mai 1933 jährt sich zum 90. Mal. Aus diesem Anlass wird in Hamburg ein Festival veranstaltet: „Hamburg liest verbrannte Bücher", so das Motto.
  • Foto: dpa

„Hamburg liest verbrannte Bücher“: Erinnerung an die Barbarei der Nazis

„Bücher, das wissen wir jetzt, kann man nicht verbrennen.“ Das berühmte Zitat von Erich Kästner steht als Motto über dem Festival „Hamburg liest verbrannte Bücher“. Vom 10. Mai bis zum 10. Juni 2023 widmet es sich einem der symbolträchtigsten Akte der nationalsozialistischen Unterdrückung und Verfolgung Andersdenkender: der Bücherverbrennung.

Vor 90 Jahren, ab dem 10. Mai 1933, warfen nationalsozialistische Studenten die Schriften von jüdischen, marxistischen und pazifistischen Autoren, die ihrem Weltbild nicht entsprachen, auf den Scheiterhaufen und steckten sie in Brand. Ein breites Netzwerk Hamburger Institutionen und Kulturschaffender nimmt das zum Anlass, in mehr als 50 Lesungen, Vorträgen und Ausstellungen die geächteten Schriftsteller vorzustellen: bei Poetry Slams und Liederabenden, in einem Festival-Magazin, auf künstlerisch gestalteten Plakaten und in animierten Poetry Clips, zu Wasser und per Fahrrad. Wenig bekannte Namen wie Grete Berges oder Heinz Liepman tauchen im Programm ebenso auf wie die von Heinrich Heine, Erich Maria Remarque oder Joachim Ringelnatz. Alle Informationen zum Festival: www.hamburgliest.de

Es gibt fünf Ausstellungen und mehr als 50 Lesungen und Vorträge

„Die Resonanz bei der Planung hat gezeigt, dass das Thema nicht nur aus historischer Perspektive gewichtig ist“, sagt Konstantin Ulmer, der „Hamburg liest verbrannte Bücher für die Staats- und Universitätsbibliothek in Kooperation mit der Behörde für Kultur und Medien und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften federführend organisiert. „Besonders erfreulich ist auch, dass wir die Idee, die ganze Stadt zu bespielen, umsetzen können: Wir sind in allen Hamburger Bezirken unterwegs.“ An den Veranstaltungen wirken bekannte Künstler wie Michael Batz, Bas Böttcher, Kirsten Boie, Saša Stanišić, Henning Venske und viele weitere mit.

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Dass „Hamburg liest verbrannte Bücher auch im Bereich der bildenden Kunst viel zu bieten hat, ist das Verdienst der Illustrationsstudierenden der HAW, die die Bücherverbrennungen als Semesterthema in ihren Seminaren behandelt haben. Die Ergebnisse – Plakate und Comics, aber auch szenisch inszenierte Puppen – sind unter anderem in der Ausstellung „feuerfest zu sehen, die während des Festivals im Ausstellungsraum der Stabi untergebracht ist.

Hamburgs Nazis waren am 15. Mai 1933 spät dran – dafür aber umso gründlicher

Während Nazi-Studenten in Berlin und vielen anderen deutschen Städten bereits am 10. Mai 1933 die sogenannte „Aktion wider den undeutschen Geist“ veranstalteten, ließ Hamburgs Studentenschaft erst am 15. Mai 1933 Schriften berühmter deutscher Autoren in Flammen aufgehen. Schauplatz: das Kaiser-Friedrich-Ufer. Dort befindet sich heute ein Gedenkstein.

Hamburgs Nazis waren zwar spät dran, dafür aber besonders gründlich: Viermal wurde die Aktion wiederholt. Weil der Scheiterhaufen am Kaiser-Friedrich-Ufer nicht mächtig genug gewesen war, wurden auf Anweisung der Schulbehörde noch im gleichen Monat alle Schulbüchereien durchforstet: 58 Titel mit „pazifistischer, marxistischer oder religionsfeindlicher Tendenz“ waren auszusortieren. Eine ganze Lkw-Ladung kam dabei zusammen. Bücherverbrennungen fanden anschließend auf dem Lübeckertorfeld, an der Methfesselstraße, in Lohbrügge und in Bergedorf statt.

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