• Mit „Deintopf“ versorgte Andrea de Luna Obdachlose mit warmen Mahlzeiten während Corona. 
  • Foto: Florian Quandt

Andrea de Luna: Sie ist Hamburgs heimlicher Engel

Seit der „Flüchtlingskrise“ 2015 ist Andrea de Luna Ehrenamtliche aus Leidenschaft. Tagtäglich setzt sich die Hamburgerin für bedürftige Menschen und ihre Belange ein. Ein MOPO-Porträt.

Erschöpft von Arbeit und Hitze sitzt Andrea de Luna auf der Fensterbank des Hauses an der Turnerstraße 7 und raucht eine Zigarette. Nach Feierabend in der Kita fährt die 55-jährige Erzieherin regelmäßig hierher ins Karoviertel. Dorthin, wo sie seit Beginn der Corona-Maßnahmen fast jeden freien Moment verbringt.

Andrea De Luna „Deintopf“ Hamburg.

Andrea de Luna von „Deintopf“ Hamburg. 

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Quandt

Ein älterer Mann grüßt sie. Er fragt, ob „Deintopf“ heute geöffnet sei. Andrea verneint, flitzt dann kurz ins Vorratslager und drückt dem Mann, der hier fast jeden Tag zum Essen kommt, eine kalte Flasche Wasser in die Hand. 

Hamburg: „Deintopf“ versorgt täglich 100 Menschen

Im März gründete de Luna „Deintopf“ – eine Initiative, die aus der Not heraus entstanden ist: Bedürftige auch in Corona-Zeiten mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen, wenn andere Einrichtungen geschlossen sind.

Zusammen mit Catharina Bernhardt vom Restaurant „Happenpappen“ entwickelte sie dann die Idee für die Initiative. Bernhardt backt und kocht, de Luna kümmert sich um Sicherheit und Hygiene.

Über Facebook suchten sie Helfer, schon am Tag darauf verteilten sie Curry und Kuchen an zehn Bedürftige. Am nächsten Tag kamen 35, schnell waren es 100 Menschen pro Tag. Darunter, laut de Luna, auch vermehrt Familien, Senioren und Studenten.

Andrea De Luna vor dem Happenpappen im Karoviertel.

Andrea de Luna mit dem Team vom Happenpappen im Karoviertel. 

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Deintopf

Schließlich stellte das Kinderprogramm „Kids Welcome“ seine Räumlichkeiten für das Projekt zur Verfügung. Hinzu kamen großzügige Lebensmittelspenden von der Tafel, privaten Initiativen wie „Karo kocht“, dem „Foodeventclub“ und vielen mehr. Bis Anfang August schenkten die Helfer 200 bis 250 Portionen aus. Und das täglich! Nun ist „Deintopf“ an zwei Tagen in der Woche geschlossen.

Hamburg: Kleiderkammer in Messehallen wird ihr Projekt

Fast genau fünf Jahre ist es her, dass die kleine Frau mit dem großen Herz inmitten der „Flüchtlingskrise“ vor dem Fernseher sitzt und mit den Tränen kämpft. Wie heute setzte sie sich damals nach Feierabend ins Auto und fuhr ins Karoviertel. In die Messehallen, wo sich die Kleiderspenden bereits zu großen Haufen türmten.

Kleiderkammer Messehallen

Die Kleiderkammer in den Messehallen war das wohl umfangreichste Flüchtlings-Hilfsprojekt in Hamburg. 

Foto:

Florian Quandt

De Luna packt sofort mit an und findet eine neue Leidenschaft: das Helfen. Als die Initiative über Facebook explodiert, übernimmt sie das Ruder, arbeitet bis in die Nacht, fährt Noteinsätze, um Geflüchtete sicher unterzubringen.

Hamburg: De Luna wird Mitgründerin von Hanseatic Help

Die Monate vergehen, sie trifft Ehrenamtliche, mit denen sie Jahre später noch zu tun haben wird, und arbeitet unermüdlich in der Flüchtlingshilfe. Im Oktober 2015 gründet sie zusammen mit Simone Hermann und 35 weiteren Ehrenamtlichen den gemeinnützigen Verein „Hanseatic Help“.

Danach geht sie in ihrer Rolle auf. Im Frühjahr 2016 holt sie die Initiative „Start with a friend“ nach Hamburg, arbeitet Schichten am Gabenzaun am Hauptbahnhof, später im Sonnenschein Café. Außerdem koordiniert sie weiterhin die Kleiderkammer.

Neue Kleiderkammer.

Andrea de Luna (50), Christian Schad (49), Stefan Fischer (50) und Maral Manouguian (40, v.l.) in der neuen Halle der Kleiderkammer im Dezember 2015.

Foto:

Sun

Bei der „Alimaus“ in Altona fährt sie 2018 erstmals den Kältebus, versorgt Frierende mit Schlafsäcken, warmen Worten und Getränken. Es gehe darum, die Menschen zu überreden, sich zu einem sicheren Schlafplatz bringen zu lassen, sagt sie im Gespräch mit der MOPO. Am vergangenen Wochenende fuhr sie auch, denn die Hitze, und das dürfe man nicht unterschätzen, mache den Obdachlosen auch zu schaffen.

Hamburg: De Luna fordert mehr Engagement der Stadt

„Ich würde mir wünschen, dass die Gesellschaft wieder mehr auf das Miteinander achtet“, sagt de Luna, „dass Solidarität nicht nur ein Hype ist und man den Menschen wieder auf Augenhöhe begegnet.“

Andrea De Luna für Hanseatic Help.

Andrea de Luna beim Tütenpacken für Hanseatic Help.

Foto:

Hanseatic Help

Sie sei kein anspruchsvoller Mensch und wusste auch selbst als Kind, was es bedeutet, zu hungern. Deshalb fordere sie mehr professionelle Unterstützung von den Behörden. Zum Beispiel in der Entwicklung von „Housing First“- Programmen und Arbeitsplätzen in der Obdachlosenhilfe.

Reich werden möchte sie nicht. Sie ist da anspruchslos. „Ich merke, dass ich viele Dinge gelernt habe, und es wäre schön, wenn ich mehr Zeit dafür hätte“, sagt de Luna und träumt bereits von Filialen in mehreren Stadtteilen. 

Kältebus auch immer Sommer unterwegs.

Auch im Sommer unterwegs: Der Kältebus der Alimaus aus Altona. 

Foto:

Quandt

Zuvor möchte sie „Deintopf“ aber erst zu einem soliden Verein machen. Dafür braucht sie noch eine passende Räumlichkeit. Finanziers gebe es bereits.

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Es ist ein warmer Abend im Karoviertel. De Luna fährt nun endlich nach Hause, was für sie heißt, E-Mails für ihr Netzwerk zu schreiben. Auf dem Weg zum Auto packt sie sich mehrere Flaschen unter die Arme, bevor sie sich verabschiedet: „Die verteile ich eben noch.“ 

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