Bunt statt braun: Mehr als 500 Menschen versammelten sich am vergangenen Freitagabend zum Protest vor der Hamburger AfD-Zentrale.
  • Bunt statt braun: Mehr als 500 Menschen versammelten sich am vergangenen Freitagabend zum Protest vor der Hamburger AfD-Zentrale.
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„Angewidert von diesen Äußerungen” – Große Demo vor Hamburgs AfD-Büro

Die Vertreibungspläne gegen in Deutschland lebende Migranten und deutsche Staatsbürger von Rechtsradikalen und AfD-Politikern haben für einen Aufschrei gesorgt – auch in Hamburg. Am Freitagabend versammelten sich laut Polizei rund 2000 Menschen, um vor dem AfD-Parteibüro an der St. Petri-Kirche zu demonstrieren. Auch vor dem Hamburger Rathaus kam es am Abend zu Protesten. Hier war Bundeswirtschaftminister Robert Habeck beim Neujahrsempfang der Grünen-Fraktion zu Gast.

Schon am Donnerstagabend hatten die Jugendgruppen Jusos, die Grüne Jugend, Junge Union und Junge Liberalen einen Protest vor der AfD-Zentrale in der Schmiedestraße organisiert. Laut der Polizei protestierten rund 80 Teilnehmer gut eineinhalb Stunden lang friedlich, hielten Plakate hoch und schwenkten Fahnen. In Redebeiträgen setzten sich die Veranstalter für eine vielfältige Gesellschaft und gegen die rechtsradikalen Pläne ein.

Demo in Hamburg: Jugendgruppen gegen AfD

„Die AfD trifft sich mit Rechtsextremen und plant deutsche Staatsbürger, die eine Einwanderungsgeschichte haben, zu vertreiben“, sagte Niclas Heins, Vorsitzender der Jungen Union Hamburg. „Das ist klar rechtsextremistisch und ein Angriff auf das Grundgesetz.” Der Vorsitzende der Jungen Liberalen sprach davon, „angewidert von diesen Äußerungen“ zu sein. „Die AfD wünscht sich mit solchen Aussagen Deutschland dunkelste Zeiten zurück. Die Parallelen zu historischen Ereignissen sollten uns alle wachrütteln.”

Hintergrund der Demo ist ein Treffen in Potsdam von Rechtsextremen mit AfD-Politikern im November, das nun durch einen Enthüllungsbericht von „Correctiv“ ans Licht kam. Unter den Teilnehmern war Roland Hartwig, Berater von AfD-Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel. Auch CDU-Mitglied Ulrich Vosgerau war nach eigenen Angaben dabei. Correctiv nannte zudem mehrere Mitglieder der Werteunion, die der CSU/CDU nahesteht. Redner war Martin Sellner, lange Kopf der rechtsextremistischen Identitären Bewegung in Österreich, der über seine Pläne sprach, wie mehr Ausländer und sogar Menschen mit deutschem Pass aus Deutschland vertrieben, und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten.

Hamburger Jusos fordern AfD-Verbot

Der Vorsitzende der Hamburger Jusos, Kemir Čolić, forderte, dass umgehend ein Parteiverbot gegen die AfD eingeleitet werde. „Die CORRECTIV-Recherche enthüllt die verstörende Realität hinter den Kulissen der AfD“, sagte er. „Es ist erschreckend zu sehen, wie Politiker*innen dieser Partei, einschließlich Mitgliedern des Bundesvorstands, in rechtsextremen Kreisen agieren und an Plänen arbeiten, die direkt gegen unsere Verfassung gerichtet sind.“ Die Lichter in der AfD-Zentrale blieben den Angaben nach am Donnerstag aus.

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Für Freitagabend war ab 18.30 Uhr ein weiterer Protest auf dem Platz neben der St. Petri Kirche (Speersort/Bergstraße) geplant, zu dem unter anderem das Hamburger Bündnis gegen Rechts, mehrere Juso-Ortsverbände, die Grüne Jugend, Omas gegen Rechts und Verdi aufriefen. Das Motto lautete „Demo gegen die faschistischen Deportationspläne von AfD und Werteunion“, im Aufruf hieß es, die Pläne seien „ein verachtenswerter Angriff auf das Leben von vielen Millionen Menschen in Deutschland und unsere Demokratie“.

Die Anmelder rechneten mit rund 500 Teilnehmern, doch schon bis 19.30 Uhr kamen „mehr Teilnehmer als erwartet“ zur Demo vor der AfD-Zentrale, sagte ein Sprecher des Polizei-Lagedienstes. Die Stimmung blieb bis zum Ende ruhig und friedlich. Auf Videos war zu hören, wie die Menge lautstark das Motto „Ganz Hamburg hasst die AfD“ rief. Auch die „Internationale“ wurde gesungen. Auf Plakaten waren klare Botschaften wie „Lieber bunt statt braun“ oder „Euer Finale war am 8. Mai 1945“ zu lesen.

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Hamburg ist nicht die einzige Stadt, in der es Proteste gab. Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer teilte etwa auf X (ehemals Twitter) den Aufruf für eine Demo für ein AfD-Verbot in Duisburg-Hochheide am Samstag. Auch in Berlin ist am späten Freitagnachmittag der Protest einer Jugendgruppe „AfD-Verbot prüfen jetzt!“ geplant, der am Bundeskanzleramt starten soll. Es gibt aber auch scharfe Kritiker eines Parteiverbots, das mit hohen Hürden einhergeht.

Protest vor dem Hamburger Rathaus

Auch vor dem Hamburger Rathaus wurde am Abend demonstriert, hier war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Neujahrsempfang der Grünen-Fraktion zu Gast. Laut Lagedienst der Polizei versammelten sich rund 150 Protestierende. „Migration ist ein Menschenrecht“ und „Stop GEAS“ stand auf ihren Plakaten.

Demonstranten vor dem Hamburger Rathaus CityNews TV
Demonstranten vor dem Hamburger Rathaus
Demonstranten vor dem Hamburger Rathaus

GEAS steht für das „gemeinsame Europäische Asylsystem”, bei dem sich die EU im Dezember auf eine umstrittene Reform verständigt hat, die auch die Grünen mittragen, und die schärfere Asyl- und Migrationsgesetze nach sich zieht.

Habeck: Emotionale Rede im Hamburger Rathaus

Robert Habeck selbst wurde beim Neujahrsempfang emotional. Angesichts wachsender Unzufriedenheit im Land forderte er alle demokratischen Parteien auf, gemeinsam gegen Populismus und Rechtsradikalismus einzutreten. „Wir gemeinsam dürfen es nicht zulassen, dass diese Demokratie ins Wanken gerät“, sagte er vor rund 800 Gästen. „Wir müssen endlich die Augen aufmachen, um zu erkennen, dass der Angriff, den die AfD und die Menschen rechts von der AfD führen, nicht ein Angriff auf einzelne Themen ist. Es ist ein Angriff auf das Wesen dieser Republik.“

Verlustängste der Bürger in materieller und kultureller Hinsicht brächten Populisten und Rechtsradikalen in sich wandelnden Zeiten Zulauf. Diese schürten die Ängste weiter, indem sie Probleme überhöhten und so darstellten, als wären sie gesellschaftlich nicht mehr lösbar. „Das Gute ist, dass das, was die Menschen in die Arme der Populisten treibt, verändert werden kann“, sagte Habeck. „Wenn der Populismus und der Rechtsradikalismus die Unlösbarkeit der Probleme zu seinem Wesenskern macht, dann müssen wir sie lösen.“ (ncd/fbo/ej/dpa)

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