Bars und Kneipen mit dramatischer Ansage: „Ohne uns wird Hamburg zum Provinznest“
Auf Barhockern, mit Mundschutz und Abstand hat sich die Hamburger Bar- und Kneipenszene am Donnerstag vor dem Millerntor-Stadion auf St. Pauli versammelt. Ihre Befürchtung: Das Hamburger Nachtleben könnte durch die Corona-Maßnahmen dauerhaft sterben.
Aus der Not heraus gegründet: Das „Barkombinat“, hinter dem mittlerweile mehr als 40 Bars und Kneipen aus Hamburg stehen, will der Bar- und Kneipenszene eine Stimme geben. Und die fühlt sich mit ihren Sorgen und Ängsten vom Senat im Stich gelassen.
Zwar dürfen einige aufgrund der Corona-Lockerungen wieder öffnen – mit den weit gefassten Hygienekonzepten stünden die Betreiber allerdings alleine da. „Normalerweise habe ich eine Bar, in der Platz für 70 Gäste ist. Im Moment können wir höchstens 25 unterbringen“, sagt Betty Kupsa. Die 43-Jährige ist Inhaberin der Tequila-Bar „The Chug Club“ auf St. Pauli.
Barkombinat Hamburg: Ausgleichzahlungen für Mieten und Umbauarbeiten gefordert
„Wir sollen alles auf einmal sein“, beschwert sie sich, „Infektions- und Datenschutzbeauftragter. Und unsere Gäste sollen wir auch noch maßregeln. Da tritt das in den Hintergrund, was wir eigentlich sind: Nämlich Gastgeber.“ Trotz der Öffnung habe sie nur einen minimalen Teil der Umsätze, brauche aber trotzdem das gleiche Personal für die Umsetzung der Hygienemaßnahmen.
„Was wir jetzt brauchen, sind unbürokratische Lösungen“, so Kupsa, „wir fordern Ausgleichzahlungen für Mieten und auch die Umbauarbeiten, die wir für die Hygiene leisten mussten.“
Bars und Kneipen auf St. Pauli: Es könnte ein riesiges Kneipensterben geben
Dabei habe sie noch Glück gehabt, erzählt sie weiter. „Manche von uns haben gar nicht den Raum, um die Abstandsregeln einhalten oder auf Außenflächen ausweichen zu können. Einige können schlicht nicht öffnen.“
Zudem kämen täglich Menschen zu der Bar-Betreiberin, die verunsichert seien, was erlaubt sei und was nicht. Laut Verordnung der Stadt müssen Bars eigentlich weiter geschlossen bleiben. Dieser Begriff ziele allerdings eher auf Lokale mit Tanzflächen ab, erklärte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. Lokale, die wie der „Chug Club“ eine Konzession als Schankwirtschaft haben, sind davon nicht betroffen, auch wenn sie sich Bar nennen.
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Das Ziel sei es, unter dem Motto „Hey Senat, so geht’s nicht“ einen besseren Dialog mit der Politik zu erreichen: „Wir warten auf Deine Einladung ins Rathaus, um zukünftig in Deine Entscheidungen einbezogen zu werden und ein Mitspracherecht zu haben“, schreiben die Barbetreiber an den Senat.
Denn wenn es so weitergehe, werde es ein großes Bar- und Kneipensterben geben. „Hamburg steht für ein vielfältiges Nachtleben“, sagt Kupsa, „es geht nicht darum, Forderungen zu stellen, wir brauchen Unterstützung. Sonst wird es uns nicht mehr geben.“ Das Barkombinat stellt die Folgen davon dar: „Wenn die Bars und Kneipen weg sind, wird Hamburg zum Provinznest absinken.“
Bürgerinitiative aus Ottensen: Mehr Platz für die Gastronomie!
Auch eine Bürgerinitiative aus Ottensen – „Ottensen gestalten“ – fordert endlich mehr Einsatz von der Politik für Gastronomen. Diese soll die Straßen und Bürgersteige für Restaurants, Cafés und Gaststätten freigeben.
„Einen Ausgleich für die drinnen verloren gegangen Flächen gibt es nur vor den Gastronomiebetrieben. Hinzu kommt, dass die Gäste sich im Außenbereich sicherer vor Ansteckung fühlen“, schreibt die Initiative in einer Pressemitteilung.
Bürgerinitiative fordert mehr Unterstützung für Hamburger Gastronomie
Ihre konkreten Forderungen: Bezirke sollen vermehrt Fahrbahnen zu Spielstraßen machen, sodass die Fußgänger sich großzügiger als bisher ausweichen und die Gastro-Betriebe auf die Straße umziehen könnten. „An Straßen, auf denen die Behörde keine verkehrsberuhigten Bereiche einrichten will, dürfen Gastronomie-Betriebe ‚Parklets‘ auf der Fahrbahn nutzen.“
Parkplätze sollen in der Zeit zwischen 10 und 22 Uhr wegfallen – Behindertenparkplätze oder Parkplätze mit Allgemeininteresse jedoch bestehen bleiben.
Zuständig für die Erweiterung der Gastbetriebe sind die Bezirksämter. Diese prüften derzeit die gestellten Anträge der Gastronomen, sagte das Bezirksamt Altona auf MOPO-Nachfrage.