Besonderer Service: Dieser Bahn-Angestellte wurde zum Helden – wegen toter Mücken
Über seinen Tresen wandern Herzensdinge: Eheringe, Teddybären aber auch Handys, Laptops oder Koffer. Florian Saß von der Fundstelle der Deutschen Bahn am Hamburger Hauptbahnhof nimmt sie alle entgegen und macht sich auf die oft gar nicht einfache Suche nach dem Besitzer oder der Besitzerin. Und manchmal wird er dabei zum Helden.
Eine Gittertür führt zu dem Raum, in dem die verlorenen Gegenstände aus den Zügen der Deutschen Bahn gelagert werden. Taschen und Koffer stehen in den Regalen. Außerdem Kisten mit Etiketten, die über den kleinteiligen Inhalt informieren. „Brillen“ steht auf einer der Boxen. „Kosmetika“ auf einer anderen. Außerdem „Schmuck/Uhren“, „Kopfbedeckungen“ oder „Geldbörsen“.
Hamburg: Schwierige Suche nach den Besitzern von Fundstücken
„Oft sind es wertvolle Dinge“, sagt Florian Saß und zieht einen Instrumentenkoffer aus dem Regal, in dem eine edle Holzflöte liegt. „Zum Glück lag die Rechnung dem Koffer noch bei“, sagt der 34-Jährige. So konnte der Besitzer schnell ermittelt werden.
Aber auch für weniger wertvolle Gegenstände legt Saß sich ins Zeug. Dann, wenn ein Kind sein Kuscheltier im Zug vergisst und es weinend mit seiner Mutter an den Schalter der Fundstelle tritt. „Das berührt mich“, sagt Saß, der dann schnell versucht, den Zugchef zu erreichen, um die Rückreise des heiß geliebten Teddys zu organisieren. „Hier geht es eher um den ideellen Wert. Um Menschlichkeit“, so Saß.
Um Menschlichkeit ging es auch einmal, als Saß eine leere Urne übergeben wurde, die in einem ICE gefunden worden war. Anhand von weiteren Gegenständen, die sich als Erbstücke herausstellten, konnte der Kontakt zum Besitzer hergestellt werden. Es war der Neffe eines ehemaligen Gastarbeiters aus Italien, der seinem Onkel den letzten Wunsch erfüllt hatte und die Asche an der italienischen Küste verstreut hatte. Bei der Übergabe der Urne samt Habseligkeiten brach der Mann in Tränen aus.
Eheringe sind der Klassiker in der Fundstelle der Bahn
Diese Momente der Rückgabe sind es, die Florian Saß an seinem Beruf besonders liebt. „Die Menschen sind unendlich dankbar, wenn sie die verlorenen geglaubten Dinge wieder in den Händen halten“, sagt er. Vor allem diejenigen, die ihre Eheringe zurück bekommen. Eheringe sind ein Klassiker an der Fundstelle. Sie bleiben oft im Zug-WC auf der Ablage liegen, wenn die Passagiere sie zum Händewaschen abziehen.
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Mit einem ganz besonderen Fundstück könnte Florian Saß, der vor seiner Hochzeit Ende Januar noch Möller hieß, nun zu Ehren kommen: Eine Styropor-Box voller toter Mücken. Eine Forscherin war auf dem Weg nach Hamburg, um die Kiste zum Bernhard-Nocht-Institut (BNI) zu bringen. Sie hatte nur zwei Stunden Aufenthalt in Hamburg und wollte dann zurück nach Berlin. Beim Ausstieg vergaß sie die Kiste im Zug. Eine Katastrophe! Denn die Mücken waren tiefgekühlt. Sollten sie auftauen, wäre die ganze Laborprobe nicht mehr zu gebrauchen. Die Zeit war knapp.
Florian Saß zum „Eisenbahner mit Herz“ nominiert
Bei dem Projekt „Mückenatlas“ am BNI geht es darum, die Ausbreitung von gefährlichen, durch Mücken übertragenen Infektionskrankheiten wie Malaria oder Dengue zu analysieren. „Die Frau war verzweifelt“, erinnert sich Saß. „Ich versprach ihr, mich persönlich um die verlorene Kiste zu kümmern.“
Der Service-Mitarbeiter nahm seinen Jobtitel so wörtlich wie noch nie, überzog seinen Feierabend und wartete, bis die Styroporkiste wieder in Hamburg ankam. Als sie endlich da war, lief er los – und schaffte es gerade noch rechtzeitig. Um kurz nach 22 Uhr lieferte er die Kiste am Bernhard-Nocht-Institut ab. Um 23 Uhr wäre die Kühlkette unterbrochen gewesen und die Probe wertlos.
Für seinen Einsatz hat die Forscherin Florian Saß beim Wettbewerb „Eisenbahner mit Herz“ des Vereins „Allianz pro Schiene“ vorgeschlagen. Mehr als 50 Schaffner, Zugchefs, Service-Mitarbeiter u.a. der Deutschen Bahn wurden für die Auszeichnung nominiert. Am 16. April wird der Sieger in Berlin gekürt.