Seit 15 Jahren trainiert Ali Jbara (52) Mädchen und Frauen beim SC Eilbek. Jungen trainieren, kommt für ihn nicht in Frage.
  • Seit 15 Jahren trainiert Ali Jbara (52) Mädchen und Frauen beim SC Eilbek. Jungen trainieren, kommt für ihn nicht in Frage.
  • Foto: Florian Quandt

Mädchen-Trainer: „Das ist die ehrlichste und fairste Art des Fußballs“

Mädchen und Fußball? „Pfff, lächerlich. Die können ja sowieso nicht spielen.“ Das hört Ali Jbara (52) immer wieder. Solch platte Äußerungen ärgern ihn – nach wie vor. Seit 15 Jahren ist der Vater von vier Töchtern Frauen- und Mädchen-Fußballtrainer des SC Eilbek. Er kämpft gegen die Vorurteile und hat große Erfolge mit seinen Teams gefeiert. Ali weiß, welch große Bedeutung Mädchen-Fußball hat. Für ihn die ehrlichste Art des Sports.

Sie war gerade mal vier Jahre alt, da baute sich seine Tochter vor ihm auf und verkündete: „Ich will Fußball spielen.“ Alis erste Reaktion: „Warum das denn? Es gibt doch so viele andere Hobbys.“ Auch für ihn passte Fußball nicht so richtig zu seinem kleinen Mädchen. Aber warum nicht? Heute findet Ali seine Reaktion „völlig bescheuert.“ Er wollte es zwar nie verbieten, hätte es aber sofort in Frage gestellt. Wie ein eingetrichterter Reflex.

Als beim SC Eilbek eine Mädchenmannschaft entstand, war seine Tochter dabei. Und auch ihre kleine Schwester trat mit ein, später folgten noch die beiden anderen Schwestern. Anfangs waren es allerdings nur drei Mädchen. Schnell wurden es immer mehr. Ali fieberte bei jedem Match am Spielfeldrand mit, feuerte seine Töchter leidenschaftlich „und lautstark“ an. Als der Trainer Hilfe brauchte, war der stolze Vater sofort dabei. Irgendwann konnte der andere Trainer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Ali übernahm das Ruder. Eigentlich wollte er nur ein paar Monate bis zum Sommer bleiben. „Es ist ein sehr langer Sommer geworden“, sagt er lachend.

„Das war nicht nur eine Mannschaft, die ich trainiert habe. Das war Familie“

Acht Jahre lang trainierte Ali die Mannschaft seiner Töchter. Er kannte die Mädchen, deren Familien, wusste um die Probleme. „Da stimmte einiges nicht.“ Was genau, das möchte er nicht sagen. „Da waren schon Schicksale dabei, aber darüber redet man nicht.“ Seine Frau war eine große Stütze für ihn. Auch sie war immer für die Kinder da und half ihnen.

Als seine Töchter und die anderen Mädchen mit 16 Jahren zu alt für die Mannschaft waren, dachte Ali kurz darüber nach, auch eine Pause einzulegen. Jede Woche bis zu 20 Stunden ehrenamtliches Engagement – das war dem Airbus-Testingenieur neben Vollzeitjob und vier Kindern manchmal zu viel. Zudem schmerzte ihn der Abschied von seinen Mädels. „Es war sehr bewegend. Das war nicht nur eine Mannschaft, die ich trainiert habe. Das war Familie.“ Generell gehe es sehr familiär beim SC Eilbek zu. Mit seinen 1044 Mitgliedern (767 in der Fußball-Abteilung) ein kleiner Verein – in dem sich insgesamt 80 Ehrenamtliche engagieren. Hauptamtliche gibt es nicht.

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Auch Ali blieb dabei. Der Verein ist ein „sehr wichtiger Teil“ seines Lebens. Einer der bewegendsten Momente für ihn: Als eine seiner Spielerinnen, ein zurückhaltendes Mädchen, das häufig an sich zweifelte, ihm einen vier Seiten langen Brief schenkte. „Sie dankte mir, dass ich immer an sie geglaubt habe. Alleine dafür hat sich das Ganze gelohnt.“ Für den Trainer ist Mädchenfußball viel mehr als nur Sport. „Es ist Emanzipation, Gemeinschaft und Familie.“ Dass der Mädchenfußball nach wie vor belächelt wird, ärgert ihn. Sätze wie: „Das sind doch nur Mädchen“ oder „Hier geht’s doch um nichts“ bekommt Ali immer wieder zu hören. Auch seine Mädchen kämpfen, um sich zu messen. Um zu gewinnen.

Ab und an kommt es auch vor, dass Schiedsrichter es während des Matches besonders gut meinen. „Ach, da drücken wir bei den Mädchen mal ein Auge zu.“ Für Ali nicht akzeptabel. Schon häufiger hatte er als „leidenschaftlicher Trainer“ deshalb Stress auf dem Platz. „Das ist Blödsinn. Meine Mädels wollen behandelt werden wie die Jungen auch. Sie machen das nicht nur zum Spaß.“

„Mädchenfußball ist fairer und ehrlicher. Es geht wirklich um den Sport“

Jungen zu trainieren, kann sich Ali nicht vorstellen. „Das ganze Schauspielern mit Verletzungen, das Gehabe, die Zuschauer, die durchdrehen. Das hast du beim Mädchenfußball nicht. Das ist fairer und ehrlicher. Es geht wirklich um den Sport“, sagt der Mann, der palästinensischer Abstammung ist und in Israel geboren wurde. Zwei Wochen vor seinem 20. Geburtstag kam Ali nach Deutschland zum Informatik-Studium und blieb der Liebe wegen.

Mittlerweile trainiert Ali die Mädchen nur noch ab. Er ist stellvertretender Abteilungsleiter und Trainer der 2. Frauen des Vereins, weil dort Not war. In der vergangenen Saison stieg er mit seiner Mannschaft von der Kreisliga in die Bezirksliga auf. Ein großer Erfolg. „Doch das ist gar nicht das, was am Ende überwiegt. Sondern die Gemeinschaft, das Miteinander.“ Sein größter Wunsch: Er möchte gerne mal eine Saison erleben, in der die Mädchen genauso behandelt werden wie die Jungen. Wie leidenschaftliche Sportler. „Denn das sind sie.“

Steckbrief: Ali Jbara (52), Mädchen- und Frauenfußball-Trainer des SC Eilbek

Auto oder Fahrrad? Auto, um meine ganzen Bälle zum Spiel zu bringen. Ich weiß, ist eine blöde Ausrede.

Bier oder Wein? Sehr selten mal ein Glas Wein. Ich trinke kaum Alkohol.

Schnitzel oder Veggie-Burger? Mit fünf Frauen im Haus ist der Fleischkonsum natürlich immer ein Thema. Aber ich esse gerne mal ein Schnitzel.

Kind oder Haustier? Kind. Natürlich. Ich muss ja heute auch noch nach Hause.

Nordsee oder New York? New York reizt mich überhaupt nicht. Ich bin sehr deutsch geworden. An der Nordsee mit einer frischen Brise – das gefällt mir.

Kiez-Club oder Elphi? Ich habe mal in den Esso-Häusern gelebt. Das reicht mir an Kiez. Also Elphi.

Heavy Metal oder Klassik? Heavy Metal, da wäre mir im Moment mehr nach.

Yoga oder Fitnessstudio? Ich bin im Fitnessstudio seit einem dreiviertel Jahr. Ich muss was für meinen Rücken tun.

Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa MOPO
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Mobile Tore und Netze für den SC Eilbek

Gutes verdient Unterstützung. Mit der Aktion „Die Bessermacher“ wollen wir nicht nur engagierte Menschen zeigen, sondern auch Herz, Leidenschaft und selbstloses Handeln fördern. Die Projekte bekommen zudem finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung.

Der SC Eilbek wünscht sich mobile Tore, Tornetze und Trainingsmaterialien. Die Haspa kümmert sich um die Finanzierung mit Fördermitteln aus dem „Haspa LotterieSparen“. Zudem wird die Haspa Manshardtstraße die Filialpatenschaft übernehmen. „Sport verbindet und überwindet Grenzen, die vielen ehrenamtlichen Trainerinnen und Trainer sind die Basis, ohne die es nun mal nicht geht“, sagt Matthias Sulz, Haspa-Kundenbetreuer von Ali Jbara. Wie es durch die Hilfe mit dem Projekt vorangegangen ist, erfahren Sie im Bessermacher-Recall. Die MOPO bleibt dran und berichtet!

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