Die „Tauschklimotte“ schont den Geldbeutel — und die Umwelt
Kaufen. Kaufen. Kaufen. Bis die Schränke überquellen und man nicht mal mehr weiß, woher man was hat. Geschweige denn, wofür man es braucht. Dass es auch anders geht, ohne großartig zu verzichten, zeigt Sabine Starke-Wulff. Die 56-Jährige leitet des Klimaschutzprojekt „Tauschklimotte“ an der Missundestraße (Altona-Nord). Ein Laden, in dem die Kunden nicht kaufen, sondern tauschen. Gut fürs Portemonnaie und fürs Klima.
Das Prinzip klingt kompliziert, ist aber ganz simpel: Die Kunden lassen sich im Laden mit einem Benutzernamen registrieren. Zum Start bekommen sie ein Tauschkonto mit drei „Fairsharies“ gutgeschrieben. Das ist die Währung in der „Tauschklimotte“. Auf jedem Produkt steht der Wert in „Fairsharies“ – den die Leute zuvor selber für ihre abgegebenen Waren bestimmt haben. „Wenn jemand etwas mitnimmt, werden die Fairsharies in unserem System von dem, der es genommen hat, auf den, der es mitgebracht hat, übertragen. Dadurch sind wir im ständigen Kreislauf.“
Das Konzept funktioniert. Schon 900 Kunden haben sich seit der Eröffnung im Januar 2020 registrieren lassen. In den weißen Regalen des Ladens werden derzeit etwa 5000 Artikel angeboten. Von Kleidung über Spielsachen, Bücher und Schmuck bis hin zu Küchenutensilien. Pro Woche kommen bis zu 700 Artikel hinzu. Etwa 500 gehen wieder raus.
Sabine ist stolz auf ihr Projekt. Schließlich könne man pro Artikel durchschnittlich acht Kilogramm CO₂ einsparen. „Weil die Herstellung, der Transport und die Entsorgung wegfallen.“ Aber der Laden ist nicht nur Klimaschutzprojekt. Er ist auch ein Ort der Begegnung. „Die Tauschklimotte ist wie eine Insel. Die Menschen treffen sich bei uns und tauschen nicht nur Sachen, sie tauschen sich auch aus.“ Schon einige Freundschaften seien hier entstanden.
Sabine kennt die meisten Menschen, die im Laden tauschen. Ihr ist es wichtig, Zeit für alle Anliegen zu haben. Deshalb gibt es ein Team von acht ehrenamtlichen Helfern. „Pro Schicht müssen wir zu dritt sein, weil so viele Kunden kommen und tauschen wollen. Wir müssen neuen Leuten das Prinzip erklären und wollen auch in Ruhe Gespräche führen können“, sagt die Frau, die ebenfalls kein Gehalt für ihre Arbeit bekommt. Um über die Runden zu kommen, arbeitet die studierte Sozialökonomin nebenbei als freiberufliche Programmiererin.
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Auf die Idee mit dem Tauschladen war Sabine schon vor vielen Jahren gekommen. Damals lebte die gebürtige Hamburgerin in Bremen und hatte einen Nachbarn, der Elektriker war. „Wenn er in unserer Siedlung auf die Straße ging, wurde er ständig um Hilfe gebeten. Er wollte gerne helfen, aber es wurde irgendwann zu viel.“ Sabine entwickelte eine Plattform im Internet, auf der jeder das anbietet, was er kann. Der Austausch von Dienstleistungen kam gut an. So gut, dass sie die Idee weiterentwickelte. Am Ende eröffnete sie einen Tauschladen in Bremen.
Tauschladen in Hamburg mit Bundesförderung „Kurze Wege für den Klimaschutz“
Ein großer Erfolg. Den Sabine und ihr Partner Thomas unbedingt nach Hamburg, in ihre Heimatstadt, tragen wollten. Sie bewarben sich auf die Bundesförderung „Kurze Wege für den Klimaschutz“. Die Hürde: Sie mussten einen Projektträger finden. Im Nachhinein eine Leichtigkeit. Die „Motte“ stimmte sofort zu. Das Stadtteil- und Kulturzentrum in Ottensen engagiert sich seit Jahren für Nachhaltigkeit – unter anderem mit einem Nachbarschaftsgarten und einer DIY-Upcycling-Werkstatt.
Eigentlich wollten Sabine und ihr Lebensgefährte den Tauschladen in Hamburg nur aufbauen und dann weiterziehen, um an anderen Orten ebenfalls Läden hochzuziehen. Doch daraus wurde nichts. An einem Sonntag um zehn Uhr stehen sie in der „Tauschklimotte“. Die Sonne scheint herein. „Das Fenster war geöffnet und auf einmal tuteten die Schiffe. Das war einfach wunderbar“, sagt Sabine.
Steckbrief
Sabine Starke-Wulff (56) ist Projektleiterin bei der „Tauschklimotte“, Diplom-Sozialökonomin und freiberufliche Programmiererin:
Auto oder Fahrrad? Auto als Beifahrerin oder E-Scooter
Bier oder Wein? Beides nicht. Ich trinke gar keinen Alkohol.
Schnitzel oder Veggie-Burger? Veggie-Burger. Ich bin zwar keine Vegetarierin, aber ich mag kein Schnitzel.
Kind oder Haustier? Ich habe eine 30-jährige Tochter. Früher hatten wir drei Katzen und einen Hund. Heute lebt meine Tochter nicht mehr bei mir und Haustiere habe ich auch nicht.
Nordsee oder New York? Auf jeden Fall Nordsee. Ich fliege nicht gerne. New York ist mir zu weit.
Kiez-Club oder Elphi? Ich würde gerne mal wieder tanzen gehen. Also Kiez-Club. Elphi reizt mich nicht so sehr.
Heavy Metal oder Klassik? Heavy Metal. Höre ich im Auto.
Yoga oder Fitnessstudio? Fitnessstudio ist nicht meine Welt. Yoga.