Freudentränen, eine Nähwerkstatt und Hilfe für kranke Kinder
Sie spenden ihre Zeit, ihre Kraft, ihre Zuneigung und machen Hamburg so zu einem besseren Ort. Im Rahmen der MOPO- und Haspa-Aktion „Die Bessermacher“ wurden auch in diesem Jahr wieder zwölf Initiativen vorgestellt. Die Projekte bekommen finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung. Im „Bessermacher-Recall“ zeigen wir, wie es mit den Vereinen und Privatinitiativen vorangegangen ist.
Wenn Brillen für Freudentränen sorgen
Für viele ist der Weg zum Optiker ein notwendiges Übel. Für die Gäste von Christiane Faude-Großmann (58) ist es ein Stück Lebensqualität, das sie lange vermisst haben. Nicht selten fließen Tränen, wenn bei „Mehrblick“, einer Hamburger Organisation mit Sitz in Wandsbek, Menschen in Armut kostenlos eine Brille bekommen. Wie bei der ehemaligen Drogenabhängigen Jaqueline.
Dass sie schlecht sieht, war für Jaqueline (Name geändert) lange Zeit kein Thema. Ihr Leben war bestimmt von der Sucht. Doch dann schaffte die Frau aus Billstedt den Absprung. Nach dem Entzug begann sie eine Weiterbildung in der Pflege. Schon nach wenigen Tagen in der Berufsschule bemerkte sie, dass ihre Augen schmerzten und sie dem Unterricht kaum folgen konnte. Doch Geld für eine Brille blieb ihr nicht. Bei „Mehrblick“ stellte die Optikerin eine starke Hornhautverkrümmung fest. Eine passende Brille mit ihren Werten gab es aber nicht. „Es kommt manchmal vor, dass keine unserer gespendeten Brillen passt, sodass wir eine anfertigen lassen müssen. Durch die finanzielle Unterstützung der Haspa konnten wir nicht nur ein Laptop für unseren Mitarbeiter anschaffen, sondern auch etliche Brillen“, sagt Christiane Faude-Großmann.
Mittlerweile hat Jaqueline ihre neue Brille bekommen. Ein ganz besonderer Moment für die Frau, die im Sommer ihren Job in einem Seniorenheim antreten wird. Mehr als 5100 Brillen hat die Organisation bereits an Bedürftige ausgegeben. 40 ehrenamtliche Koordinatoren und Optiker:innen engagieren sich an fünf festen Standorten in Deutschland. Neben Hamburg werden in Berlin, Hannover, Mainz und Kiel Sprechstunden geboten. Die Vision der Gründerin: Sie träumt von noch mehr Standorten. In jeder deutschen Großstadt.
Eine Nähwerkstatt, die Jugendlichen Halt gibt
Mit 14 war Christina Harms das erste Mal in der „Motte“. Das Stadtteil- und Kulturzentrum an der Eulenstraße (Ottensen) wurde für sie, wie für viele andere Jugendliche auch, ein Anker. Heute arbeitet die 31-Jährige ehrenamtlich für den Verein und bietet bald ihre erste eigene Werkstatt an.
Lächelnd sitzt Christina in der Do-It-Yourself-Werkstatt an der Nähmaschine. Sie stickt einen Fisch auf ein Shirt. „Ist das nicht großartig?“ Die junge Frau ist begeistert von den drei neuen Nähmaschinen, der Overlockmaschine und dem Stickaufsatz, die kürzlich mit Mitteln der Haspa angeschafft wurden. Momentan arbeitet sich die junge Frau, die eine Ausbildung zur Maßschneiderin gemacht hat, noch ein. Doch bald will sie eine eigene Nähwerkstatt eröffnen. Für die Mädchen und jungen Frauen, die jeden Montag in die 2009 von Pädagogin Sigrun Schindler eröffnete Do-It-Yourself-Werkstatt kommen.
Sie bauen Lampen aus alten Verpackungen, malen, stricken oder nähen sich selbst Klamotten. Jede Besucherin kann machen, was sie möchte. Manche allerdings wollen gar nichts machen. Sie sind einfach nur da, um einen Tee zu trinken und zu reden. Nicht selten suchen sie Hilfe. Häufig sind es die typischen kleinen und großen Probleme des Jugendalters. „Manchmal aber auch krasse Dinge“, sagt Sigrun Schindler. Um ihnen Halt zu geben, hat die Pädagogin die Do-It-Yourself-Werkstatt eröffnet. Die bald um eine Nähwerkstatt reicher ist.
Zwei Bänke und ein großes Fest
Andreas Müller (61) liebt Boberg. Für ihn sein „kleines, rebellisches Dorf“ zwischen Lohbrügge und Mümmelmannsberg. Ein Ort, für den sich der „Kümmerer von Boberg“ jeden Tag ehrenamtlich stark macht. Mit Erfolg. Gerade erst hat er den Senioren des Viertels einen großen Dienst erwiesen.
Als Mitglied des Bürgervereins „Dorfanger Boberg“ kümmert sich Andreas um die kleinen und großen Sorgen der Boberger. Er bringt Vereine, Geschäftstreibende und Anwohner an einen Tisch, organisierte Feste, den „Politischen Stammtisch“ und bringt die kostenlose „Dorfzeitung Boberg“ heraus. Sein jüngster Erfolg: Kürzlich wurden zwei von der Haspa finanzierte Parkbänke für Senioren aufgestellt. „Sie hatten kaum Möglichkeiten, sich beim Spaziergang mal auszuruhen“, sagt Andreas Müller.
Als nächstes steht für den Kümmerer ein besonderes Highlight an. Ein großes Familienfest zum 25-jährigen Jubiläum des Dorfanger Boberg. Zwar findet es erst im Juni statt, doch Andreas ist bereits schwer am Wirbeln. „Das wird ein ganz besonderes Fest für einen ganz besonderen Ort.“
„Praxis ohne Grenzen“: Gründer macht sich stark für Kinder
Die „Praxis ohne Grenzen“ an der Fangdieckstraße (Eidelstedt) ist Deutschlands größte Praxis für Menschen ohne Krankenversicherung. Seit mehr als zehn Jahren kümmern sich Professor Dr. Peter Ostendorf (86) und sein 84-köpfiges Team ehrenamtlich um Patienten, die sonst keine Chance auf Heilung hätten. Und nicht nur das. Damit sich generell etwas ändert, macht sich der Mediziner mit einem einmaligen Projekt stark für seine jüngsten Patienten.
Jeden Mittwoch stehen sie Schlange. Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, keine Papiere haben und in der ständigen Angst leben, abgeschoben zu werden. Etwa zehn Prozent sind aber auch Deutsche. Architekten, Ärzte und Rechtsanwälte, die früher gut verdient haben, privat versichert waren, in die Insolvenz gerutscht sind und ihre Krankenversicherung nicht mehr bezahlen können.
Knapp 6800 Patienten wurden alleine in diesem Jahr ausschließlich durch die Hilfe von Spendern (unter anderem finanzierte die Haspa Medikamente) behandelt. In den vergangenen zehn Jahren waren es insgesamt etwa 51.560 Patienten. Darunter viele Kinder. Damit sich für die kleinen Patienten grundsätzlich etwas ändert, hat Professor Ostendorf ein Projekt ins Leben gerufen, das nun in den letzten Zügen ist. Eine großangelegte Studie, an der etliche Experten beteiligt waren und die aufzeigt, wie es möglich wäre, alle Kinder in die gesetzliche Krankenversicherung zu überführen. „Das ist mir ein großes Anliegen. Die Kinder sind nicht für ihre Situation verantwortlich und müssen versichert werden“, sagt Professor Ostendorf. Dafür will er sich im kommenden Jahr auf Bundesebene stark machen. Für den Mediziner ein Herzensprojekt.