„Geredet ist genug“: Dieser Mann hat ein kleines Natur-Paradies erschaffen
Peter ist ein alternativer Freak. So wurde er zumindest früher betitelt. Heute würde man sagen: Der studierte Biologe und Lehrer einer Gemeinschaftsschule ist Öko-Pionier. Einer, der sich seit Jahrzehnten für den Umweltschutz stark macht. Nicht mit erhobenem Zeigefinger. Im „Entdeckergarten“ des von ihm mitgegründeten „Umwelthaus Pinneberg e.V.“ lassen Peter Schultes (55) und seine Mitstreitenden Menschen die Natur und artgerechte Tierhaltung erleben – damit sie Zusammenhänge verstehen und sich ihr Bewusstsein verändert.
„Entdeckergarten“ steht in bunten Buchstaben auf dem Holztor an der Tangstedter Straße in Rellingen (Kreis Pinneberg). Dahinter knorrige Apfelbäume, Blumen in Töpfen und Beete – manche noch im Winterschlaf, andere schon bepflanzt.
Rellingen: Hier gibt es einen „Entdeckergarten“
Hinter einem großen Holzhaus mit überdachter Terrasse und Holzbackofen erstreckt sich das Grundstück, auf dem es so einiges zu entdecken gibt. Vom Insektenhotel, über Bienenstöcke, einem Teich mit selbstgebauter Sauna bis hin zu den Gehegen der Hühner, Gänse, Enten und Kaninchen. Es ist ein kleines Natur-Paradies inmitten von Baumschulen, das das „Umwelthaus Pinneberg“ hier erschaffen hat.
Entstanden ist der Verein schon vor 23 Jahren. Als Peter noch Biologie-Student mit Schwerpunkt Naturschutz war. Mit seinem Professor und Kommilitonen veranstaltete er „biologische Puppentheater“ und erklärte Kindern so Sachverhalte aus der Natur. Um nach der Uni weiterzumachen, gründeten die Akteuren den Verein. Anfangs beheimatet auf dem Grundstück einer Pinneberger Schule, später in einem Kleingartenverein. Jedoch wollten die Mitglieder Hühner halten und dort war Tierhaltung verboten.
„Entdeckergarten“ in Rellingen: Wer ist hier alles aktiv?
Seit mittlerweile zwölf Jahren ist der Verein Teil des „Entdeckergartens“ in Rellingen. Früher war auf dem Grundstück eine ökologische Baumschule. Heute bespielen mehrere Akteure das Gelände. Unter anderem werden Führungen, Seminare und Mietbeete angeboten, die von Privatpersonen und anderen Institutionen gepflegt werden.
Auch Sozialeinrichtungen haben Beete gemietet und kümmern sich mit hilfebedürftigen Kindern oder Menschen mit Behinderungen um ihr kleines Stück Land. „Alle diese alternativen Geschichten haben hier einen Platz. Wir sind ein Haufen spinnerter Ökofreaks. Aber alles gute Leute“, sagt Peter lachend.
Das machen die Ehrenamtlichen im „Umwelthaus“
Hauptakteur im „Entdeckergarten“ ist das „Umwelthaus Pinneberg“ mit seinen zahlreichen Projekten, in denen sich etwa 100 Freiwillige engagieren. Neben Imkerinnen und einer Brotbackgruppe gibt es das „Hühner-Leasing“. Die 21 Mitglieder des Projekts zahlen 64 Euro im Jahr und übernehmen die Patenschaft für die Tiere. Jeder hat einmal die Woche seinen Dienst. Saubermachen. Füttern. Nach dem Rechten sehen.
Dafür dürfen sich die „Freunde des Federviehs“ zwölf Eier im Monat von ihren Pflegehühnern mitnehmen. Auch Enten, Gänse und Kaninchen leben in großen Gehegen und Ställen auf dem hinteren Teil des Geländes.
Kinder und Jugendliche nehmen an den Projekten im Garten teil
Besonders bei den Kindern sind die Tiere schwer angesagt. Für Kitas und Schulen bietet Jens Clausen, Umweltpädagoge des Vereins, Kurse an. Wie das Programm „Vom Korn zum Brot“. Da müssen die Schüler vom Körner mahlen bis zum Anfeuern des Holzbackofens alles selber machen. Am Ende können sie ihr Brot mit nach Hause nehmen. „Brotbacken ist aufwendig und das Mahlen anstrengend für die Kinder. Da erleben sie direkt, dass alles einen Wert hat“, sagt Peter.
Insgesamt etwa 2500 Kinder und Jugendliche nahmen im vergangenen Jahr an den Projekten teil. Dass die Arbeit des Umweltpädagogen von großer Bedeutung ist, sieht Peter immer wieder. Häufig kämen Fünftklässler in dünnen Lederjäckchen und weißen Markensneakern an, die sich beschweren, dass ihre Schuhe dreckig werden. „Viele sind sehr weit weg von der Natur, ihnen fehlt das Bewusstsein.“ Belehren will der Verein nicht. Vermitteln durch erleben – das ist das Prinzip.
Umweltschutz: „Geredet ist genug, wir müssen handeln“
So hat es auch Peter gelernt. Schon als Jugendlicher war er im Umweltschutz aktiv. „Ich bin früh an die richtigen Leute geraten, die alternativen Freaks“, sagt der Vater eines Sohnes und einer Tochter schmunzelnd. Bei den Protesten in Brokdorf war er dabei und auf dem Gründungsparteitag der Grünen in Schleswig-Holstein. Peter erinnert sich noch genau an den Spruch auf dem Wahlplakat damals: „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“
Er faltet die Hände im Schoß, blickt nachdenklich zu Boden und nickt. „Das ist immer noch richtig“, sagt Peter leise. Zwar findet mittlerweile ein Umdenken statt. „Geredet ist jedoch genug, wir müssen handeln. Umsetzen. Jeder einzelne. Wir haben keine Zeit mehr.“ Der Biologe wünscht sich, dass die Menschen das endlich verstehen.
Brutgerät soll für Nachwuchs sorgen
Gutes verdient Unterstützung. Mit der Aktion „Die Bessermacher“ wollen wir nicht nur engagierte Menschen zeigen. Die Projekte bekommen auch finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung. Das „Umwelthaus Pinneberg“ wünscht sich ein Brutgerät, um für Nachwuchs bei den Hühnern sorgen zu können. Zudem soll Werkzeug angeschafft werden. Die Haspa kümmert sich um die Finanzierung mit Fördermitteln aus dem „Haspa LotterieSparen“. Zudem übernimmt die Filiale Rellingen die Patenschaft für den Verein.
„Das Umweltbewusstsein der Menschen zu verändern, indem man sie die Natur live erleben und begreifen lässt, finden wir einen tollen Ansatz. Mit den vielfältigen Projekten leistet das Umwelthaus eine wichtige Arbeit, die wir sehr gerne unterstützen“, sagt Norbert Zobel, Filialleiter der Haspa in Rellingen.
Wie es durch die Hilfe mit dem Projekt vorangegangen ist, erfahren Sie im Bessermacher-Recall. Die MOPO bleibt dran und berichtet!