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Bürgerschaftswahl 2020: Dank Distanz zur Bundes-SPD: Tschentscher auf Erfolgskurs

Wer in den vergangenen Wochen Saskia Esken oder Norbert Walter-Borjans in Hamburg als Bürgerschaftswahlkampfhelfer erwartete, wurde enttäuscht: Die neuen SPD-Bundesvorsitzenden waren nicht eingeladen. Bürgermeister Peter Tschentscher war zu dem neuen SPD-Spitzenduo gleich auf Distanz gegangen, und der Plan scheint aufzugehen: Während die SPD in Umfragen bundesweit aktuell bei 14 Prozent dümpelt, könnte sie in Hamburg dicht an die 40 Prozent kommen.

Wäre in der Hansestadt schon am vergangenen Sonntag gewählt worden, hätte sie laut ARD-Vorwahlbefragung und ZDF-„Politbarometer“ mit 38 beziehungsweise 37 Prozent rechnen können. Allerdings fand die Umfrage vor den Enthüllungen rund um die Cum-Ex-Geschäfte statt, bei denen Hamburg auf eine Millionen-Rückzahlung der Warburg-Bank verzichtet haben soll. Tschentscher war zu dem Zeitpunkt Finanzsenator.

FDP Hamburg muss um Einzug in Bürgerschaft bangen

Der grüne Koalitionspartner liegt laut der Umfragen als zweitstärkste Kraft bei 23 beziehungsweise 25 Prozent. Die CDU steuert demnach in Hamburg mit rund 14 Prozent erneut ein historisch schlechtes Ergebnis an. Die Linke liegt bei 8, die AfD bei 7, und die FDP muss nach dem Thüringen-Eklat mit zuletzt nur noch 4,5 Prozent um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen.

Stabile Mehrheit für Rot-Grün in Hamburg

Rot-Grün kann also weiter auf eine stabile Mehrheit bauen, wenn auch mit verändertem Kräfteverhältnis: Denn im Vergleich zur Bürgerschaftswahl 2015 wird Peter Tschentscher wohl Verluste hinnehmen müssen. Zwischenzeitlich sah es in Umfragen gar so aus, als ob die Grünen unter Katharina Fegebank diesmal das Ruder im Senat übernehmen könnten. Zwischenzeitlich in Umfragen bei knapp 30 Prozent gehandelt, dürfen die Grünen aber noch immer von einer Verdoppelung ihres Ergebnisses von 2015 (12,3 Prozent) ausgehen. Im Wahlkampffinale gingen die Zustimmungswerte für die SPD allerdings deutlich hoch.

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Geschickt hat Tschentscher den Grünen das Thema Klimaschutz als Alleinstellungsmerkmal abgenommen. „Grüner wird’s nicht“ als mit seiner SPD, verspricht er den Wählern, gibt sich als Macher und erläutert den Grünen und seiner Herausforderin, der Zweiten Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank, gern den Unterschied zwischen Wollen und Können.

Grüne Hamburg profitieren von Bundesvorsitzenden

Die SPD stehe für ein „weiter so“, kontert Fegebank und will „mit Mut, mit Optimismus, mit Regierungserfahrung, mit Durchsetzungsstärke noch mehr aus dieser Stadt machen“ und Hamburg vor allem schneller in eine klimafreundliche Zukunft führen. Und im Gegensatz zu Tschentscher kann Fegebank dabei auch mit ihren beliebten Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck punkten.

Video: Peter Tschentscher beim Live-Interview in der MOPO-Redaktion

Tschentscher legt dagegen großen Wert auf die Eigenständigkeit der Hamburger Sozialdemokratie, die seit 1949 in der Stadt bis auf 13 CDU-regierte Jahre immer den Bürgermeister stellte.

Berliner Sozialdemokraten hoffen auf SPD-Erfolg im Norden

Trotz der hanseatischen Distanz hofft man im Berliner Willy-Brandt-Haus inständig, dass es nach einer gefühlten Ewigkeit im Umfragekeller endlich ein bisschen bergauf geht. Nach dem Wahl-Eklat in Thüringen sind die Genossen froh, dass sich kritische Blicke so ungewohnt wie schlagartig auf die CDU richten – weg von der SPD.

Offiziell gibt man sich freilich staatstragend. „Ich glaube, die Wahl in Hamburg wird eine Bestätigung für eine Sozialdemokratie, die in dem Bundesland seit Jahrzehnten Verantwortung getragen hat“, sagt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. 

Die Distanz der wahlkämpfenden Hamburger Genossen nimmt Mützenich gelassen: „Dass die Hamburger SPD auf Wahlkämpfer von der Bundesspitze verzichtet, ist keine neue Erfahrung.“  (dpa/ste)

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