Buschfeuer in Australien: Hamburgerin vor Ort: Mein Alltag im Koala-Krankenhaus
Port Macquarie –
Seit Oktober herrschen in Australien verheerende Buschbrände und stürzen Teile des Kontinents in Verwüstung – und seine Bewohner in Verzweiflung. Bisher starben 26 Menschen und mehr als eine Milliarde Tiere in den Flammen. Ein Ende der Feuer ist aufgrund der Trockenheit vorerst nicht in Sicht. Neben all dem Leid gibt es in der Feuer-Hölle aber auch Hoffnung: Ob Feuerwehrmänner oder Tierretter, sie alle kämpfen unermüdlich gegen die Katastrophe an. Eine von ihnen ist Auswanderin Edda Gerdau (79) aus Hamburg. Sie päppelt in einem Koala-Krankenhaus im Staat New South Wales vom Feuer mitgenommene Bärchen wieder auf. Die MOPO sprach mit der Koala-Mama von Port Macquarie.
Ihre Pfoten und Krallen sind schwarz, hier und da sind Teile ihres Fells abgebrannt, ihre Augen sehen traurig aus: Die Bilder der Koalas, die in Australien den Flammen entkommen sind und nun mit ihren Blessuren kämpfen müssen, gehen um die Welt – und treffen mitten ins Herz.
Brände in Australien: Koalas sind dehydriert und entkräftet
In den sozialen Medien verbreiten sich seit Wochen Videos von Koalas, die aus dem brennenden Busch kommen und am Straßenrand Fahrradfahrer um Wasser anbetteln. Die Tiere sind dehydriert und völlig entkräftet.
„Wenn Feuer kommt, klettern die Koalas hoch in die Baumspitzen und warten bis es zu Ende ist. Aber wenn es so verheerend ist, wie jetzt, dann haben sie keine Chance“, sagt Edda Gerdau. Sie ist bereits 1965 mit ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann nach Australien ausgewandert und lebt seit vielen Jahren im australischen Port Macquarie.
Im Koala-Krankenhaus in Port Macquarie herrscht Platzmangel
Hier engagiert sie sich seit 13 Jahren zusammen mit ihrer Tochter ehrenamtlich im Koala Hospital, das Anfang der 70er Jahre gegründet wurde. Jeden Dienstagnachmittag hilft sie, zurzeit geht ihre Schicht bis in den späten Abend. Seit Monaten herrscht hier Hochbetrieb. So seien derzeit 75 Koalas im Krankenhaus untergebracht, es herrscht ziemlicher Platzmangel.
„Manche unserer Freiwilligen haben schon Koalas mit nach Hause genommen und päppeln sie dort weiter auf, weil es hier zu eng wird. Wir müssen sehr häufig improvisieren, weil kein Zimmer mehr frei ist“, sagt Gerdau.
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Die meisten der Tiere, die in diesen Tagen von Menschen in die Einrichtung gebracht werden oder von Rettern gefunden werden, haben Verbrennungen, gebrochene Beine und sind kraftlos, weil sie keine Nahrung mehr gefunden haben. Ihre üblichen Nahrungsquellen, die Eukalyptusbäume, sind abgebrannt, erzählt Gerdau, die einst als junge Frau Sekretärin in Hamburg lernte und erst mit ihrer Familie in Sydney, später dann in Port Macquarie lebte.
Auswanderin Edda Gerdau aus Hamburg: „Es brennt einfach überall“
„Als erstes kriegen die Koalas ganz viel Flüssigkeit, unter anderem auch aus Sojabohnen und die Wunden werden verarztet“, sagt Gerdau. Insgesamt sind mehr als 100 Freiwilige und drei bezahlte Kräfte im Koala Krankenhaus im Einsatz.
So gibt es neben den Helfern im Krankenhaus auch „Leaf Collectors“ (Blätter Sammler), die jeden Tag frische Eukalyptus-Zweige für die Tiere sammeln oder ein 24-Stunden-Notfallteam, das Tag und Nacht zur Rettung ausrücken kann.
Den schwersten Job haben aber die Menschen, die nach dem Feuer in die verbrannten Regionen gehen – und dort nur noch tote Tiere raus holen können. „Ich bin jetzt 54 Jahre hier und sowas habe ich noch nie erlebt, das ganze Land brennt. Es brennt einfach überall“, sagt die engagierte Tierretterin.
Feuer in Australien: Berühmter Koala „Lewis“ starb
Das, was sie jedoch immer wieder zuversichtlich stimmt, ist die große Hilfsbereitschaft der Menschen, die sich für die Tiere einsetzen. „Vor einigen Tagen kam eine Frau nur in Hose und BH zu uns. Sie hatte ihr T-Shirt ausgezogen und trug darin eingewickelt einen kleinen Koala zu uns“, erzählt Gerdau.
Kurz zuvor war genau dieses Tier dabei gefilmt wurden, wie es verbrannt und vor Schmerzen schreiend inmitten der Flammen saß und seine Retterin ihn einsammelte. Die Bilder von Koala „Lewis“ gingen später um die Welt. Leider musste das Tier im Krankenhaus später eingeschläfert werden, seine Verbrennungen waren zu stark.
Für das Koala-Krankenhaus kann gespendet werden
Die Tiere, die es schaffen und im Krankenhaus aufgepäppelt werden, werden noch auf unbestimmte Zeit außerhalb ihres Reviers im Krankenhausbett verbringen müssen, denn so schnell können sie nicht wieder zurück in ihre gewohnte Umgebung. „Wir können sie so schnell nicht raus lassen, weil Koalas immer nur in ihr bestimmtes Revier zurück gehen und nicht irgendwo anders hin. Doch Eukalyptus wächst immer erst nach einem Jahr nach, solange müssen sie bei uns bleiben.“
Für Edda Gerdau geht der Kampf um jedes einzelne Koala-Leben weiter, sie schwärmt: „Koalas sind so tolle Tiere. Sie sind so lieb, so zutraulich und dann gucken sie einen immer so niedlich mit ihren Knopfaugen an.“
Wer dem Koala Krankenhaus in Port Macquarie helfen möchte, kann hier spenden. Die Umweltschutzorganisation WWF schätzt, dass bislang 1,25 Milliarden Tiere direkt oder indirekt durch das Feuer verendet sind.