• Ein Vater begleitet sein Kind in eine Kita. Aktuell infizieren sich immer mehr Kinder und Jugendliche mit dem Coronavirus.
  • Foto: dpa

Corona! Elf Hamburger Kitas geschlossen : Die große Sorge um das Wohl der Kinder

Immer mehr Corona-Infektionen – und eines fällt auf: Immer mehr jüngere Menschen werden positiv auf das Coronavirus getestet. In Hamburg sind inzwischen elf Kitas wegen Corona-Fällen geschlossen. Bisher lautete die Frage: Wie können wir die Alten schützen? Jetzt muss sie heißen: Wie können wir die größtmögliche Sicherheit für Kinder, Eltern, Erzieher und Lehrer gewährleisten?

21.573 neue Corona-Infektionen wurden bundesweit am Freitag vom RKI gemeldet – vor einer Woche waren es noch rund 17.500 Neuinfektionen. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz stieg weiter auf 119,1. In Hamburg liegt sie aktuell sogar bei 136,1. Bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren steigen die Zahlen „sehr rasant“ seit Mitte Februar, wie RKI-Chef Lothar Wieler erklärt: „Wir sehen vermehrt Ausbrüche in Kitas.“ Dabei sprach er von einem möglichen Zusammenhang mit der ansteckenderen britischen Variante B.1.1.7.

Auch in Hamburg steigende Corona-Infektionen bei Kindern

Die Hamburger Sozialbehörde bestätigt: Wurden bis zum 21. Februar noch 50 Corona-Fälle bei Kindern zwischen 6 und 14 Jahren gemeldet, waren es vier Wochen später bereits 178 Fälle. Gleiches gilt für Kinder zwischen 0 und 5 Jahren. Dort stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von 50 auf 118 Fälle an.

„Die steigende Inzidenz geht mit einem insgesamt zunehmenden Infektionsgeschehen einher“, sagt Anja Segert, Sprecherin der Sozialbehörde auf Nachfrage der MOPO. „Im dynamischen Infektionsgeschehen sind generell alle Altersklassen von mehr Corona-Fällen betroffen, mit Ausnahme der älteren Personen, die zu großen Teilen ja auch bereits geimpft sind. Die aktuellen Fallzahlen gehen vor allem auf Ausbrüche im privaten Haushalt zurück. Ob die britische Virusvariante hierbei eine Rolle spielt, ist derzeit noch nicht klar.“ Eine Häufung in Kitas und Schulen könne man derzeit nicht beobachten.

Das könnte Sie auch interessieren: Wie gefährlich ist Corona für Kinder?

Fakt ist: In Hamburg sind derzeit elf Kitas in den Bezirken Eimsbüttel, Harburg, Altona, Wandsbek und Hamburg-Nord coronabedingt geschlossen. Doch wie kann man die Kinder und somit auch Eltern, Erzieher und Lehrer schützen? „Wir wollen durch eine gute Impfstrategie, die zunehmend auch Kita-Erzieherinnen und Erzieher erreicht und durch ein gezieltes Testen auch in den Kitas den Schutz erhöhen“, erklärte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bei einem Besuch am RKI.

 Franziska Giffey

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD)

Foto:

Annette Riedl/dpa

Das könnte Sie auch interessieren:Werden die Corona-Selbsttests bald verpflichtend?

Für Kinder gibt es aktuell keine Impfangebote. Jedoch haben unter anderem Biontech und Pfizer bereits mit Studien zu Wirkung und Sicherheit ihres Corona-Impfstoffs bei Kindern unter elf Jahren begonnen. Auch Kinder ab sechs Monaten werden in die Biontech-Studien einbezogen. Bisher ist das Vakzin für Jugendliche ab 16 Jahren bedingt zugelassen. Studien für die Altersgruppe zwölf bis 16 laufen bereits. Der Impfstoff könne nach Einschätzung der Unternehmen Anfang 2022 für jüngere Kinder verfügbar sein.

Corona-Tests an Schulen bislang noch freiwillig

Bis dahin heißt es wohl: testen, testen, testen. Hamburg hatte am Montag mit flächendeckenden Corona-Tests an Schulen begonnen. An der ersten Runde haben in der vergangenen Woche 84 Prozent der anwesenden Schüler teilgenommen. Von den rund 95.000 Jungen und Mädchen an 370 befragten Schulen hätten 80.000 mitgemacht, teilte die Schulbehörde am Freitag mit. 111 Schnelltests hätten ein positives Ergebnis ergeben. „Die Beteiligungsquote von 84 Prozent ist erfreulich hoch“, erklärte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Ziel sei aber, dass sich deutlich mehr als 90 Prozent aller Schüler zwei Mal pro Woche testen ließen.

Die rund 35.000 Lehrer und Mitarbeiter an Schulen sollen sogar drei Mal pro Woche einen Schnelltest machen. In der vergangenen Woche absolvierten sie rund 30.000 Tests, von denen 18 ein positives Ergebnis zeigten. 

Rabe appellierte an Schüler und Lehrer, sich testen zu lassen. Dabei setze er auf Einsicht und Vernunft. Der Senator fügte hinzu: „Wir werden aber nicht zögern, die Tests verpflichtend vorzuschreiben, wenn die Beteiligung hinter unseren Erwartungen zurückbleibt.“ Die Schulbehörde will das Schnelltestangebot für Schülerinnen und Schüler so schnell wie möglich auf zwei Testangebote pro Woche erweitern, Schulbeschäftige sollen sich drei Mal pro Woche selbst testen können.

Das könnte Sie auch interessieren: Alle Infos zu Corona in Hamburg und dem Norden gibt’s im Liveticker!

In den Kitas läuft die Handhabung mit den Tests ein bisschen anders: Hier werden die Träger laut Sozialbehörde zwar verpflichtet, ihren Beschäftigten wöchentlich zwei Angebote für Coronavirus-Testungen kostenfrei zu unterbreiten, allerdings sind sie laut Hamburger Eindämmungsverordnung auch nicht zwingend vorgeschrieben. „Wir prüfen derzeit Test-Möglichkeiten für Kinder“, so Anja Segert.

In Kitas: Tests nicht zwingend vorgeschrieben

Familien und Beschäftigten rät die Bundesgesundheitsbehörde, ihr Infektionsrisiko außerhalb von Kita oder Schule zu minimieren und bei Zeichen einer Erkrankung fünf bis sieben Tage zu Hause bleiben. Auch sollten Einrichtungen, in denen es zu Erkrankungen in einer oder mehreren Gruppen komme, frühzeitig geschlossen werden, um eine weitere Ausbreitung innerhalb der Kita und in die betroffenen Familien zu verhindern.

Eine Seniorin bekommt eine Impfung

Bislang werden nur ältere Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Für Kinder gibt es aktuell keine Impfangebote.

Foto:

picture alliance/dpa

Für Schulen empfiehlt das RKI weiterhin das Aufteilen von größeren Gruppen wie Klassen und Jahrgängen in kleinere Gruppen und die Beschränkung auf Kontakte innerhalb dieser festgelegten Gruppe. Dazu bleibt es beim Ratschlag für einen Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht sowie eine gestaffelte Öffnung nach Jahrgängen – mit Distanzunterricht für ältere Schüler.

Das könnte Sie auch interessieren:Wie Peter Lohmeyer Corona-Kritikern Kontra gibt

Oft bleiben Kinder, die sich mit SARS-CoV2 infizieren, symptomfrei oder entwickeln nur milde Symptome eines Atemwegsinfektes. Bei der seltenen inflammatorischen PIMS-Erkrankung nach einer SARS-CoV-2 Infektion leiden sie jedoch unter anhaltendem hohen Fieber, Bauchschmerzen, Hautausschlägen, geröteten Augen und zum Teil auch Kreislaufproblemen, wie Dr. Robin Kobbe, Kinderarzt und Infektiologe im UKE, der MOPO berichtet. 

So verlaufen Corona-Infektionen bei Kindern

Nicht wenige benötigten dann auch eine intensivmedizinische Versorgung. Immerhin: Der Behandlungserfolg ist überwiegend gut, Folgeschäden wurden nach PIMS in weniger als zehn Prozent der Fälle dokumentiert, Todesfälle sind extrem selten. Auch in Hamburg gab es bereits vereinzelte, zum Teil schwere Fälle, wie Dr. Kobbe der MOPO bestätigte.

Ein Kind desinfiziert sich die Hände

Ein Kind desinfiziert sich die Hände. Auch Kinder sollten laut Kinderarzt Dr. Robin Kobbe die AHA-Regeln einhalten.

Foto:

picture alliance/dpa

Mit der Zunahme der Corona-Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen sind nach Einschätzung eines pädiatrischen Infektiologen auch mehr Spätfolgen in diesen Gruppen zu erwarten. „Wir rechnen durch die Lockerungen der Maßnahmen mit mehr Betroffenen mit meist diffusen, länger anhaltenden gesundheitlichen Problemen“, sagte Markus Hufnagel vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg. 

Kinder müssen mit Spätfolgen rechnen

Während der Anteil derjenigen, die fünf Wochen nach einer Infektion noch mindestens ein Symptom wie Husten, Fieber oder Müdigkeit haben, bei den Zwei- bis Elfjährigen bei rund 13 Prozent liegt, sind es bei den Zwölf- bis 16-Jährigen 14,5 Prozent. Allerdings spielt beim Auftreten der Spätfolgen nach Einschätzung Hufnagels auch die generell belastende und ermüdende Pandemiesituation eine Rolle. „Der Lockdown ist ein großer Stressfaktor. Wenn sich die Pandemiesituation bessert, dürften zumindest bei einem Teil der Betroffenen auch die Ermüdungsanzeichen besser werden.“

Auch die Gruppe der Eltern gerät jetzt infektionstechnisch stärker ins Visier. In Belgien war die Hälfte der Intensivpatienten an der Genter Uniklinik jünger als 48, berichtete eine Zeitung. Experten dort halten Schulen für einen Motor des Infektionsgeschehens, schreibt der „Spiegel“. Sie werden ab Montag wieder geschlossen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp