Corona-Epizentrum : Hamburgerin erzählt: So sieht das Leben in New York aus
Der Broadway in Manhatten New York. An der Ecke Grand Street ist die Straße hell beleuchtet und menschenleer.
Foto: CP Krenkler
Zwei Welten ein Leben: Zwischen Hamburg und New York. Die Hamburger Fotografin CP Krenkler aus St. Pauli ist Künstlerin mit Herz und Seele. Kurz bevor die Corona-Krise auf Hamburg traf, flog Krenkler für ein Projekt nach New York. Doch alles kam anders als geplant. Jetzt balanciert sie zwischen Existenzängsten und neuen Möglichkeiten mitten im Epizentrum der Corona-Pandemie in den USA: New York City.
In Hamburg lebt die 39-Jährige am Puls der Stadt, mitten auf St. Pauli. Derzeit sind einige ihrer Werke unter dem Titel: „Nacht, alles außer Schlaf“ im Museum der Arbeit in Hamburg ausgestellt. Eine Serie über die Hamburger Davidwache. In New York City lebt sie, ganz im Stile des Klischees, in einer Künstler-WG zusammen mit ihrer „Herzens-Schwester“ Honeychild Coleman in Williamsburg, Brooklyn und hat dort eine kleine Galerie. Hamburg und New York: Krenkler fühlt sich in beiden Städten zu Hause. „Es gibt kein besser oder schlechter, sondern nur ein anders“, sagt sie im MOPO-Gespräch.
Doch gerade ist alles anders, anders als jemals zuvor. Kurz bevor die Corona-Welle über Hamburg rollte, brach Krenkler nach New York auf. Eigentlich sollte es eine kleine Pause vom Leben in Hamburg sein: „Trotzdem mit viel Arbeit“, sagt sie, aber einfach anderen Projekten. Als sich herausstellte, wie sich die Krise entwickeln würde, stand sie vor der Frage: Zurück nach Hamburg oder hier bleiben?
Trotz Corona-Krise bleibt CP Krenkler in New York City
Die Entscheidung stand schnell fest: „Ich bleibe hier. Mein Leben in Hamburg existiert im Moment nicht mehr“, sagt sie. Der Kiez ist lahmgelegt, ihr täglicher Arbeitsplatz. In New York hat sie mehr Möglichkeiten künstlerisch weiter arbeiten zu können. Doch eins ist ihr bewusst: „Wenn ich hier krank werde, dann sinken meine Überlebenschancen drastisch.“
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Das Leben in New York kann momentan beängstigend sein. „Hier sind jegliche Kapazitäten gesprengt“, sagt Krenkler. Im Central Park wurden bereits Zelte aufgebaut, zur Unterstützung für die völlig überlasteten Krankenhäuser. Die Verstorbenen müssen in Kühllastern aufbewahrt werden, die Leichenhäuser sind voll. Vorrübergehend werden die Covid-19-Opfer auf Hart Island in Massengräbern beerdigt.
Das Zentrum von New York City ist wie ausgestorben
Chinatown gleicht einer Geisterstadt, das Financial District ist verlassen: „Da ist einfach niemand mehr“, sagt sie. Der Kern dieser riesigen Stadt ist wie ausgestorben. In New York City sind derzeit rund 150.000 bestätigte Fälle und 11.500 Todesfälle bekannt. Zum Vergleich: In ganz Deutschland gibt es derzeit circa 152.500 bestätigte Fälle und knapp 5.500 Todesopfer.
Zwei ihrer engsten Freunde sind bereits an Covid-19 erkrankt. Der Cousin eines Freundes sei daran gestorben: „Der Tod rückt dann doch schon sehr nah“, sagt Krenkler. Ein dunkler Schatten im Alltag. „Es ist belastend, von heute auf morgen stand ich vor einem Trümmerhaufen“, sagt sie. Dinge auf die sie lange hingearbeitet habe, finden nicht mehr statt. „Ich habe eine Weile gebraucht, um das Ganze zu verarbeiten“, sagt sie.
Hamburger Künstlerin: Das Beste aus der Corona-Zeit machen
Der künstlerische Alltag ist geblieben, nur die Einnahmen sind komplett weggebrochen. Dreimal in der Woche schwingt sich Krenkler noch im Morgengrauen aufs Rad, um bei Sonnenaufgang Bilder für eine Architekturstrecke zu machen. Immer mit dabei: Ihr Bandana als Mund-Nasen-Schutz.
Eins ist klar: Aufgeben kommt nicht in Frage. Neben ihrem Trümmerhaufen, baut sie bereits etwas Neues auf. Alte Projekte bekommen eine neue Wendung, ganz neue Aufgaben haben sich ergeben. „Es geht darum, dass man einen Weg findet, irgendwie was daraus zu machen“, sagt sie. „Der Mensch hat die Eigenart, zu denken, dass die Gegenwart ewig ist, aber dem ist nicht so.“ Ein einziges Ereignis könne alles Bisherige wegspülen. Auf ihren Streifzügen durch New York City liegen die Straßen teilweise menschenleer vor ihr, doch „selbst in der Krise kann man die Erhabenheit der Stadt noch fotografieren.“