Corona: Ja, Durchhalteparolen nerven – was jetzt trotzdem Hoffnung macht
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Ich weiß schon. Manch einer von Ihnen denkt jetzt: Wenn der mir jetzt wieder mit Durchhalteparolen kommt, dann dreh ich durch! Verstehe ich einerseits. Andererseits ist es wichtig zu wissen, was zurzeit auf dem Spiel steht: viele Menschenleben. Und die Perspektive auf einen guten Sommer. Und außerdem haben wir schließlich Ostern!
Und da geht’s ja um Hoffnung. Und Optimismus. Und den Sieg des Lebens über den Tod. Zumindest habe ich als Atheist das immer so verstanden.
Wir haben nun viele Wochen darüber geschimpft und gestritten, was alles schief gelaufen ist, in den vergangenen zwölf Monaten. Das war verständlich. Angebracht. Notwendig.
Und nun? Sind wir, man muss es so sagen: platt. Alle miteinander. Kaputt von den Belastungen. Kaputt vom Streiten über den richtigen Weg. Von der Unsicherheit. Erschlagen von all den Informationen. Und erdrückt von dem Gefühl des ewig langen Ausgeliefertseins.
Zugegeben: Die neuerliche Lockdown-Verschärfung in Hamburg trägt da nicht zur Hoffnung bei. So wenig wie die dramatischen Warnungen von Epidemiologen und Intensivmedizinern.
Aber, es ist ja nunmal so: Laissez-faire führt offenbar zu nix. Das hat gerade wieder Macron gelernt, der der Wirtschaft viel ermöglicht hatte – Frankreich ist zurück im Lockdown.
Es ist inzwischen eine wiederkehrende Erkenntnis: Hohe Infektionszahlen laufen früher oder später aus dem Ruder. Sie lassen sich nicht dauerhaft kontrollieren, abreiten, ignorieren, wegtesten. Mit ihnen kann man auch offenbar nicht leben. Sie führen in die Sackgasse. Immer wieder und überall.
Dafür muss man nicht mal die apokalyptischen Zustände in Teilen Brasiliens betrachten. Sogar in den USA und Großbritannien, den fleißigen Impf-Vorreitern, ist die Sorge zurück. Weil zu hohe Infektionszahlen sogar erste Impferfolge gefährden.
Natürlich brauchen wir eine klare Perspektive. Die liegt allerdings eigentlich auf der Hand, auch wenn die manch einer nicht hören mag: Inzidenzen deckeln und runterdrücken, soweit es geht. Kontrolle erlangen. Und dann, später, aus der kontrollierten Situation heraus lockern. Und parallel impfen und testen, was das Zeug hält. Das sagen Lauterbach, Drosten, Brinkmann, Priesemann und viele andere, die mit ihren Einschätzungen unterm Strich über die Monate die größte Trefferquote hatten.
Corona: Was jetzt Hoffnung macht
Und hier wird es nun endlich mal erfreulich: Denn da kommt uns einiges entgegen:
Richtig viel Impfstoff im Anmarsch: 11,6 Prozent der Hamburger sind mindestens einmal geimpft. Das ist noch mau. Aber: Im April sollen bundesweit 15,3 Millionen Impfdosen geliefert werden. Das wären mehr als in den ersten drei Monaten des Jahres insgesamt. Im zweiten Quartal sind es insgesamt schon mindestens 70,5 Millionen Dosen, die erwartet werden.
Produktion wächst: Neue Fabriken in den Niederlanden und in Deutschland sollen die Versorgung mit Impfstoff zusätzlich vorantreiben.
Ärzte impfen mit: 35.000 Arztpraxen in Deutschland beginnen, regulär in das Impfen einzusteigen.
Neuer Impfstoff: Ab Ende April kann in den Praxen neben Biontech/Pfizer und AstraZeneca auch der neu zugelassene Impfstoff von Johnson & Johnson verimpft werden. Von dem ist pro Impfling nur eine Dosis nötig.
Pflegekräfte sind abgesichert: Aufgrund einer beruflichen Indikation haben laut RKI in Deutschland mehr als 4 Millionen Menschen eine Impfung erhalten. In Hamburg sind es rund 119.530 Menschen, deutlich mehr als in allen anderen Impfgruppen. Auch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte sowie Hebammen sind inzwischen zur Impfung aufgerufen. Das bringt Sicherheit in das System.
Die Mehrheit der Ältesten wurde geimpft: 64,3 Prozent dieser Gruppe haben in Hamburg die erste Spritze bereits erhalten. Vollständig geimpft sind bei den über 80-Jährigen je nach Bundesland zwischen 22,3 und 39,0 Prozent, in Hamburg sind es 38,9.
Die Sterbezahlen sinken: Diese Impfungen der Alten zeigen Folgen. Obwohl die Fallzahlen zuletzt deutlich angestiegen sind, bleibt die Zahl der Verstorbenen bundesweit vorerst auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Ende 2020 starben pro Woche mehr als 5700 Menschen an Corona. Seither sind die Zahlen jede Woche stetig gesunken. In der zuletzt ausgewerteten Kalenderwoche vom 8. bis 14. März 2021 wurden 1074 Todesfälle gemeldet. Allerdings, davon gehen alle Experten aus, werden die Zahlen parallel zur Zunahme der Intensivfälle zeitverzögert wieder steigen. Deshalb braucht es hier die Trendwende.
Immer mehr Testmöglichkeiten: Es eröffnen viele Corona-Testzentren, auch in Apotheken sind Tests mittlerweile möglich. Noch mehr boomen die Selbsttests, die für rund fünf Euro im Handel erhältlich sind. Unternehmer Ralf Dümmel vertreibt Test-Kits – und rechnet damit, dass es schon sehr bald genügend Tests für alle geben wird. „Die Nachfrage ist gerade extrem groß“, erklärt er im NDR-Redezeit-Podcast. Schon jetzt gebe es aber eine Menge Laien-Tests, die im Handel verkauft werden, und nach einem kurzen Engpass rechnet Dümmel damit, dass sich die Lage in zwei bis drei Wochen entspannen wird.
Wir können uns gegen die grundsätzlichen Erkenntnisse stemmen. Wir können uns mit viel Recht über die vielen Unzulänglichkeiten aufregen, die im Regel-Wirrwarr stecken, das uns umgibt. Wir können fragen: Warum erst jetzt? Warum immer wir und nicht mal die anderen? Die Firmen zum Beispiel! Und nicht immer nur die Eltern. Wir können auch sagen: Wir halten das nicht mehr aus. Aber am Ende ist es, so mein Eindruck, einfach. Es nützt alles nix. Bei der immensen Infektionsfreudigkeit dieser verdammten Briten-Mutante werden alle liefern müssen.
In Hamburg hat der Senat schon einiges entschieden. Bundesweit werden strengere Regelungen noch folgen müssen.
Es gilt acht Wochen zu überbrücken, sagen die Experten. Acht Wochen, in denen Millionen geimpft werden und dem Virus Verbreitungswege versperrt werden.
Das Gute ist: Der Großteil der Deutschen hat das verstanden. In allen Umfragen steht die Mehrheit hinter einer konsequenten Vorgehensweise. Es ist die Politik, die schon viel zu lange herumeiert und endlich liefern muss.
Und dann? Wird es wirklich leichter? Gibt es wirklich eine Belohnung für all unsere Mühen? Die Experten sagen: ja. Im Ausland gibt’s Beispiele. Natürlich bleiben Unsicherheiten. Aber es wird Frühling. Und es ist Ostern. Wo wären wir da ohne Hoffnung? Die MOPO wünscht Ihnen ein wunderbares Osterfest! Passen Sie aufeinander auf!
Mitarbeit: Marina Höfker und Ann-Christin Busch