Corona-Mutation: Variante gilt als hochansteckend: Das müssen Sie jetzt wissen
Die sonst so belebten Londoner Bahnhöfe sind am Sonntag leergefegt. Ein Plakat verkündet die höchste Corona-Warnstufe.
Foto: imago images/Paul Marriott
Shutdown in Großbritannien: Eine neuartige Mutation des Coronavirus soll auf der Insel ausgebrochen sein. Die Variante sei nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender. Auch in Deutschland sind die Infektionszahlen weiterhin hoch. Was bedeutet die Mutation für uns? Hat sie sich auch hierzulande ausgebreitet? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist in Großbritannien passiert?
In Südostengland soll eine neue Variante des Coronavirus entdeckt worden sein. Diese Mutation sei bis zu 70 Prozent ansteckender als das bisherige SARS-CoV-2, verkündete Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Die neue Variante des Virus trägt den Namen VUI2020/12/01. Viele Kliniken in Südostengland sollen fast vollständig ausgelastet sein, vielerorts wurden nicht notwendige Operationen verschoben.
Diese Fragen sind noch offen: Ob die Mutation für die starke Verbreitung des Virus in Südengland verantwortlich ist, ist noch nicht wissenschaftlich belegt. Es handelt sich lediglich um Ergebnisse aus ersten Analysen. Johnson betonte: „Es gibt immer noch vieles, das wir nicht wissen.“
Was unternimmt das Land jetzt?
Die britische Regierung hat sich entschlossen, auf Basis der ersten Erkenntnisse sofort zu handeln. In weiten Teilen des Landes wird das soziale Leben komplett heruntergefahren. In der Hauptstadt London gilt künftig die neue, höchste Corona-Warnstufe 4. Dort dürfen die Menschen nur noch aus wichtigen Gründen ihre Wohnung verlassen, etwa, um zum Arzt oder zur Arbeit zu gehen.
Alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte sowie Fitnessstudios, Friseure, Kinos oder Schönheitssalons müssen schließen. Reisen von Bewohnern aus der sogenannten Corona-Zone 4 sind verboten. Auch die anderen Landesteile verschärften die Regeln deutlich. In Wales mit mehr als 3,1 Millionen Einwohnern gilt ebenfalls ein harter Shutdown, Schottland hat Reisen in andere Regionen verboten. Ob auch Nordirland neue Maßnahmen einführt, war noch unklar.
Wird das Coronavirus durch Mutationen gefährlicher?
„Also, wir können uns darauf verlassen, dass das Virus mutiert. Das können wir jetzt schon beobachten“ sagte Virologe Christian Drosten schon im März im „Coronavirus Update“ des NDR. Wenn sich Viren vermehren, verändern sie sich häufig. Mehr als tausende Mutationen des Coronavirus sind bisher bekannt.
Das Virus kann durch eine Mutation gefährlicher oder auch harmloser werden. Beide Varianten sind möglich. Im gefährlichen Fall kann es sich schneller ausbreiten, den Krankheitsverlauf verschlimmern oder die Wirksamkeit von Impfstoffen verschlechtern.
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Eine ähnliche Mutation wie in Großbritannien wurde vor Kurzem ebenfalls in Südafrika entdeckt. Gesundheitsminister Zweli Mkhize teilte mit, die neue Variante könnte für die rasche Ausbreitung der zweiten Corona-Welle im Land verantwortlich sein. Auch hier muss noch weiter geforscht werden.
Wirken die bisher entwickelten Impfstoffe trotzdem?
Großbritanniens Premierminister betonte, es gebe weder Hinweise darauf, dass Impfstoffe weniger effektiv gegen die neue Corona-Variante seien, noch darauf, dass die Krankheit schwerer verlaufe oder es mehr Todesfälle gebe. Die Regierung hatte vor gut zehn Tagen mit einer Massenimpfung begonnen.
Bisher haben landesweit etwa 350 000 Menschen das Mittel des Mainzer Pharmaunternehmens Biontech und dessen US-Partners Pfizer erhalten, wie Johnson sagte. Auch Virologen wie zum Beispiel Drosten sehen für die Impfstoff-Entwicklung keine Gefahr durch Virus-Mutationen.
Gibt es die Mutation aus Großbritannien auch in Deutschland?
„In Deutschland bisher nicht gesehen“, schrieb Virologe Christian Drosten am Sonntagmorgen über die neue Virusmutation auf Twitter. Das Ursprungsvirus und die Mutation in Großbritannien seien außerdem noch nicht im Labor verglichen worden.
Die Verbreitung könne Zufall sein und sei nicht zwingend ein Selektionsvorteil aber möglich. Ein Selektionsvorteil kann dazu führen, dass sich das Virus leichter verbreiten kann. In den Niederlanden soll laut der ansässigen Gesundheitsbehörde schon Anfang Dezember bei einer Stichprobe ein Virus mit der im Vereinigten Königreich beschriebenen Variante identifiziert worden sein.
Gelten jetzt neue Reisebeschränkungen?
Wegen der neuen Variante des Coronavirus sollen die Reisemöglichkeiten zwischen Deutschland und Großbritannien sowie zu Südafrika eingeschränkt werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) teilte am Sonntag in der ARD mit, eine entsprechende Regelung werde zur Zeit erarbeitet. Bereits ab Mitternacht dürfen keine Flüge aus Großbritannien mehr in Deutschland landen (Stand: Sonntag, 18:10 Uhr).
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In den Niederlanden gilt bis zum 1. Januar ein Verbot des Flugverkehrs mit Passagieren aus dem Vereinigten Königreich. Das Institut für Umwelt und Gesundheit RIVM habe empfohlen, die Einschleppung dieses Virusstammes so weit wie möglich zu begrenzen. Auch andere europäische Länder wie Österreich und Italien planen einen Einreisestopp aus Großbritannien.
Was können wir Bürger jetzt tun?
„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Mutationen die Ansteckungsgefahr erhöhen“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist ein weiterer Grund dafür, dass die zweite Welle nicht so stark werden darf. Je mehr Ansteckungen man zulässt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass noch gefährlichere Mutationen folgen. Das ist quasi ein Teufelskreis: Mehr Ansteckungen führen zu mehr Mutationsgelegenheiten und damit zu mehr Mutationen. Diese wiederum führen zu mehr Ansteckungen. So geht es dann immer weiter.“