Corona-Rabatt im Koks-Prozess: Warum ein Hells Angel mit zehn Jahren Knast davonkommt
Genau 54 Prozesstage lang ging es im Saal 337 des Hamburger Landgerichts um die unglaubliche Menge von 1,1 Tonnen Kokain. Straßenverkaufswert: 160 Millionen Euro! Wann, wenn nicht bei so einem gigantischen Drogenhandel gibt es für den Kopf einer Dealerbande die Höchststrafe von 15 Jahren Knast? Doch der Vorsitzende Richter machte einen „Deal“ mit den Anwälten. Der Bandenchef, ein Hells Angel, kam mit zehn Jahren davon – wegen Corona!
„Bisweilen schleppend“ mit zum Teil „sehr kleinteiligen Zeugenbefragungen“ sei das Verfahren verlaufen, so der Vorsitzende Richter am Mittwoch. Er befürchtete, dass das so weitergeht und sich der Prozess in die Länge zieht.
Dabei war der Fall eigentlich ziemlich klar. Martin P. (40) und seine sieben Mitangeklagten hatten Ende 2018 einen Tipp bekommen, dass sich in einem aus Santos in Brasilien kommenden Container, der im Hamburger Hafen auf einen Laster verladen wurde, 1,1 Tonnen Kokain befinden sollen.
Kokain-Lieferung auf A7 abgefangen – beim Verladen kam die Polizei
Die Bande stoppte den Lastzug auf der Autobahn 7 bei Garlstorf, überwältigte den Fahrer und fuhr mit dem Fahrzeug zu einer Lagerhalle nach Rothenburgsort. Hier wurden die Männer am 9. November 2018 beim Umladen des Koks auf frischer Tat von der Polizei ertappt.
Für die Staatsanwaltschaft war die Sache klar. Für die Richter eigentlich auch.
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Dann kam Corona – und nun hatte die Kammer Angst vor der Infektionsgefahr im Saal, was zum Platzen des Prozesses hätte führen können. Also kam es zu einer „Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten“ . So was wird auch „Deal“ genannt, kein sehr passender Begriff in einem Drogen-Prozess.
Drogen-Prozess gegen Hells Angel: Angeklagte geben nur zu, was bereits bekannt ist
Die Angeklagten machten Aussagen, legten Teilgeständnisse ab – dafür gab es dann Rabatt. Doch eigentlich gaben die Männer nur das zu, was eigentlich sowie so schon glasklar war.
Die entscheidende Aussage, nämlich wer die Hintermänner des Mega-Deals sind, die machte Bandenboss Martin P. nicht. Aber eigentlich verdient nur der Angeklagte einen ordentlichen Strafnachlass; der auch im Verfahren wirklich die „Hosen runter lässt“ und alles aussagt, was er weiß. Das ist zumindest die Auffassung vieler Drogenfahnder.
Video: 1,1 Tonnen Koks präsentierte die Polizei
Doch die Richter sahen es nun anders. Statt 15 gab es nur zehn Jahre Haft für den Höllenengel. Bei guter Führung ist er dann in sieben Jahren raus. Seine Komplizen kamen mit dreieinhalb bis acht Jahren und neun Monaten Gefängnis davon.