Coronavirus: So hilft die „Arche“ jetzt Hamburger Kindern
Jenfeld –
Sie ist oft ein Rettungsanker für Kinder in Not: Die „Arche“ in Jenfeld. Doch auch wenn der Kontakt wegen Corona schwer fällt, versuchen die Mitarbeiter, für ihre Schützlinge da zu sein.
Behutsam steckt Shabnam Jalali für jedes Kind einen lilafarbenen Osterhasen in eine kleine Tüte mit Ostereiern. „Wir wollen unseren Kindern an Ostern eine kleine Freude machen und alle mit einem Osternest überraschen“, sagt die Mitarbeiterin der „Arche“ in Jenfeld. Die kleinen Überraschungen bringen die Mitarbeiter des christlichen Kinder- und Jugendwerks persönlich bei den Kindern vorbei, stellen sie vor die Tür und klingeln. „Trotz der Einschränkungen wegen des Coronavirus versuchen wir, für unsere Kinder und Jugendliche da zu sein. Viele von ihnen brauchen uns jetzt sogar mehr als sonst“, ist sich die 44-Jährige sicher.
Hamburg: „Arche“ in Jenfeld hilft auch in Corona-Zeiten
Seit 2006 kümmern sich die Mitarbeiter der „Arche“ um die Kinder und Jugendlichen in dem sozial schwachen Stadtteil – seit zwei Jahren gibt es auch ein Haus in Billstedt, im Sommer eröffnet ein weiteres in Harburg. 70 bis 80 Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren bekommen im Kinderhaus jeden Tag eine warme Mahlzeit, zwei Mal in der Woche auch ein Abendessen. Seit die Schulen in Hamburg wegen der Corona-Pandemie geschlossen sind, ist jedoch auch die „Arche“ zu.
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„Auch, wenn es nicht so aussieht: Trotz allem haben wir im Moment sehr viel zu tun“, sagt Jalali und führt die Besucher durch die lichtdurchfluteten Räume. In der Aula, in der die Kinder sonst ihre Aufführungen zeigen, stapeln sich Kisten mit gespendeten Lebensmitteln und Hygieneartikeln. „Die meisten Familien haben nicht die Möglichkeit, um ihre Kinder mit drei Mahlzeiten am Tag zu versorgen. Deshalb stellen wir ihnen Kisten mit dem Nötigsten zusammen“, sagt die gebürtige Iranerin, die 1983 mit acht Jahren nach Deutschland kam und ausgebildete Betriebswirtin ist.
Im Jugendhaus der „Arche“ stapeln sich Lebensmittel
Auch im Jugendhaus für Jugendliche von 13 bis 18 Jahren stapeln sich die Lebensmittel. An einer Tafel stehen noch die Freizeitaktivitäten, die vor der Corona-Krise angeboten wurden: Besuch im Jump-House, in der Goblin-Stadt oder auf der Bowling-Bahn. „Im Moment versuchen wir die Kinder und Jugendlichen über Social-Media-Kanäle wie Instagram und Kommunikationsplattformen wie Whatsapp oder Zoom zu erreichen, bieten Mitmach-Videos und Sportvideos an“, erklärt Jalali.
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Für viele Familien in dem sozial schwachen Stadtteil seien die Ausgangsbeschränkungen eine große Belastung. „Die meisten leben zu sechst oder sieben in einer 3-Zimmer-Wohnung, da sind Konflikte vorprogrammiert“, sagt die Pädagogin – ganz zu schweigen von den Flüchtlingen, die noch in Containern untergebracht sind.
„Da liegen die Nerven blank“, sagt Jalali, die fürchtet, dass irgendwann auch die häusliche Gewalt zunehmen wird. „Wenn schon normale Familien mit der Beschulung zuhause Probleme haben, wie sollen dann erst bildungsferne Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen?“, fragt sich die 44-Jährige. Viele Familien hätten noch nicht einmal einen Internetzugang, geschweige denn einen Laptop für jedes Kind.
Corona: „Arche“-Mitarbeiter motivieren Schüler
Vor allem die Schüler, die in diesem Frühjahr ihren Abschluss machen sollen, stehen extrem unter Druck. „Viele fühlen sich als Versager und haben existenzielle Ängste, ob sie ihren Schulabschluss noch schaffen“, berichtet Jalali. Mit persönlichen Telefonaten versuchen die Mitarbeiter die Jugendlichen aufzubauen.
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So wie Serge, den Jalali per Facetime coacht. „Ich weiß, dass du das schaffen wirst“, macht sie dem 15-Jährigen Mut, der in der kommenden Woche seinen ersten allgemeinen Schulabschluss macht. „Es ist nicht leicht, zuhause zu lernen“, gibt der Jugendliche zu. Trotzdem werde er alles versuchen, um seinen Abschluss zu schaffen. „Schließlich möchte ich Polizist werden“, berichtet er stolz.