• Rosa, Feen, Prinzessinen – nur für Mädchen? Was Stereotype mit Kindern machen können, erklärt Professorin Juliane Degner der MOPO.
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„Das ist nur für Mädchen“ : Diese Auswirkungen haben Gender-Klischees auf Kinder

Im Supermarkt an der Kasse: Ein kleiner Junge greift nach einem Kinderschokolade-Überraschungsei. Doch der Vater verbietet es seinem Sohn – schließlich ist das Ei rosa: „Nein, nicht das rosafarbene, das ist nur was für Mädchen“. Diese und vergleichbare Situationen hat wohl jeder schon einmal beobachtet oder selbst erlebt. Prof. Juliane Degner lehrt Sozialpsychologie an der Uni Hamburg und ist auf Stereotype spezialisiert – sie weiß, was das frühe Drängen in geschlechterspezifische Rollen mit Kindern machen kann.

„Unternehmen geht es ja nicht um die Erziehungsstile“, so Degner über den Süßwarenhersteller, der die Überraschungseier produziert. „Sie nutzen die Annahmen über die Interessen der Gesellschaft und der Kinder, um ihr Produkt zu vermarkten.“

Das Ü-Ei-Problem: Das machen Stereotype mit Kindern

Diese Annahmen und Vorurteile können im Fall der Überraschungseier und der darin enthaltenen Spielzeuge vielleicht wirtschaftlich gesehen funktionieren – prägen aber schon im Kindesalter deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern und können so auch Druck ausüben.

„Was der Vater im Supermarkt gemacht hat, war vermutlich eher normativ“, erklärt Degner. Er habe möglicherweise eine Verweichlichung seines Sohnes befürchtet und wollte im Sinne des Kindes handeln. „Oft denken Eltern sich in solchen Situationen, dass die Kinder bestimmten normativen Annahmen entsprechen müssen, um im Leben klarzukommen“, erklärt die Sozialpsychologin.

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Genau diese Denkweise erntet inzwischen jedoch immer mehr Kritik. Besonders in den sozialen Netzwerken wird darüber diskutiert, warum Geschlechter durch spezifische Farben, Vorurteile und Annahmen unterschieden werden.

Oft fallen bei diesen Stereotypen auch Menschen hintenüber: sich der LGBTQI+ Community zugehörig Fühlende werden in diesem Konzept nicht berücksichtigt. Die Abkürzung steht für Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex – auf Deutsch steht das für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und intersexuell.

Normative Gesellschaft: Erziehung schwer gemacht 

„Wir tun immer so, als hätten wir diese Norm nicht“, so Degner zu den normativen Annahmen der Gesellschaft. „Aber das stimmt nicht: der Großteil der Gesellschaft glaubt an Unterschiede.“ Und die Vermittlung dieser Unterschiede zwischen den Geschlechtern fängt schon im Kindesalter an. „Es ist erstmal nichts Besonderes, dass Eltern eine bestimmte Erwartungshaltung an das Kind haben – das passiert auch in anderen Bereichen der Erziehung“, so die Hamburgerin.

Gleich oder Ungleich – Druck wird schon früh aufgebaut

Zu hinterfragen sei jedoch, dass diese Erwartungen häufig mit dem Geschlecht des Kindes begründet werden. „Wir gehen davon aus, dass sich Jungs und Mädchen, Männer und Frauen essentiell unterscheiden“, so Degner. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen den Geschlechtern, „aber sind die wirklich so essentiell?“. Schließlich sei bewiesen, dass die Geschlechter eigentlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen würden. Doch fokussiert wird sich in der Gesellschaft häufig auf die Ungleichheiten – und Erziehung und Sozialisation üben so Druck aus. 

„Zum einen hat der Druck tatsächlich etwas Positives“, so die Psychologin, „das Kind ist angepasst und kommt in der Gesellschaft klar in der an Männer und Frauen unterschiedliche Rollenerwartungen gestellt werden“. Der negative Faktor sei jedoch, dass das Kind so „in die Norm gepresst wird“. Es sei natürlich von Vorteil, den eigenen Sprössling so zu erziehen, dass er in die Gesellschaft passt – doch Kritiker der Geschlechter-Stereotype wollen dem Bild genau dieser ja entgegenwirken.

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Geschlechterstereotypen in der Erziehung entgegenzuwirken bringt Hürden mit sich: „Eltern können diese Denkweise nicht einfach durchsetzen“, so Degner. „Das ist ein Spagat, der diesen Eltern bevorsteht.“ Einerseits müsse das Kind auf die reale Welt vorbereitet werden, andererseits wolle man dem Kind Stereotype nicht beibringen. „Eltern haben ja nur einen eingeschränkten Wirkungsgrad, spätestens auf dem Spielplatz oder in der Kita kommen dann die Einflüsse von außen.“

Chancengleichheit: Ein stufenweiser Prozess

Dass der Versuch, die eigenen Kinder möglichst Geschlechter-neutral zu erziehen oft unbefriedigend sein kann, weiß Degner aus eigener Erfahrung. „Ich gehe aber davon aus, dass sich das gesellschaftlich verändern wird“, sagt sie und meint damit die Ungleichheit zwischen Mann und Frau. Das sei jedoch ein stufenweiser Prozess und gehe nicht innerhalb zweier Generationen.

„Je mehr Busfahrerinnen es gibt, desto weniger kommt der Gedanke auf, dass Männer besser Autofahren können“, erklärt die Sozialpsychologin. „Und umso mehr Männer und Frauen die gleichen Rollen in der Gesellschaft innehaben, desto weniger müssen wir den Kindern erklären, ob oder warum Männer und Frauen ungleich sind.“

Sozialpsychologin: „Reflektiert doch mal!“

Es gehe also darum, Situationen und Gegebenheiten in diesem „zirkulierenden Prozess“ zu verändern, um auch das Denken zu ändern und weniger Geschlechter-bezogenen Druck auf Kinder und die Gesellschaft auszuüben. „Es geht dabei nicht darum, eine generelle Gleichheit, sondern die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu schaffen!“

Degners Tipp an alle Erziehende lautet daher: „Reflektiert doch mal: Mache ich das nur so, weil ich es so kenne? Und was macht das eigentlich mit dem Kind, wenn ich es schon beim Einkaufen automatisch in die Jungs- oder Mädchen-Abteilung dränge?“

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