Bürgerschaftssitzung zur Ukraine: Ein Politiker kämpft mit den Tränen
Die Bürgerschaftssitzung im Rathaus am Mittwoch stand ganz im Zeichen des Angriffs Russlands auf die Ukraine. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) fand klare Worte. Oppositionsführer Dennis Thering (CDU) brach die Stimme bei seiner Rede.
In seiner Regierungserklärung forderte er den sofortigen Stopp des russischen Angriffskriegs. „Dieser Krieg ist eine schwere Verletzung des Völkerrechts. Er muss sofort gestoppt werden.“ Der Angriff erschüttere das Fundament der europäischen Friedensordnung.
Stehender Applaus für ukrainische Generalkonsulin in der Bürgerschaft
Auch die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, verfolgte die Rede vor Ort und wurde von Tschentscher direkt angesprochen. „Im Namen des Senats und der gesamten Stadt möchte ich Ihnen versichern, dass wir großen Anteil nehmen an der Not der Menschen in der Ukraine, die durch den Angriff Russlands Unrecht und großes Leid erfahren.“ Bereits bei der vorangegangene Rede der Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) hatten die Abgeordneten stehend für Tybinka applaudiert. Tschentscher dankte auch den Hamburger:innen für ihre Hilfsbereitschaft und Solidarität.
Er kündigte an, dass man sich nun verstärkt auf die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen vorbereite. „Dazu werden die bestehenden Flüchtlingsunterkünfte verstärkt und – wenn es erforderlich ist – kurzfristig neue Kapazitäten geschaffen.“
Tschentscher: Energieversorgung in Hamburg ist sichergestellt
Tschentscher versicherte, dass die Energieversorgung von Hamburg derzeit nicht gefährdet sei. „Die Gasversorgung für die laufende Heizperiode ist sichergestellt, auch wenn die Lieferungen aus Russland eingestellt würden“, so der Bürgermeister.
Die Städtepartnerschaft mit St. Petersburg bleibt weiterhin in Kraft, allerdings wird Tschentscher nicht zu einem geplanten Besuch nach St. Petersburg reisen und auch die geplante Deutsche Woche in St. Petersburg, die im April angestanden hätte, werde nicht weiter vorbereitet. „Unser Protest richtet sich nicht gegen die Menschen in Russland und schon gar nicht gegen unsere Freunde in St. Petersburg, er richtet sich gegen die aggressive Politik der russischen Regierung.“
Hamburger Wirtschaft wird von Sanktionen getroffen
Mit Blick auf die Hamburger Wirtschaft merkte der Bürgermeister an, dass sie natürlich durch die aktuelle Situation getroffen werde. „Allen ist klar: Die jetzt beschlossenen Sanktionen werden auch unsere Wirtschaft und unsere Unternehmen belasten. Aber sie sind sehr effektiv im Widerstand gegen die russische Aggression und müssen deshalb konsequent umgesetzt werden.“
Bürgerschaftspräsidentin Veit bezeichnet Putin als „Tyrannen”
Auch die Bürgerschaftspräsidentin, die vor Tschentscher als Erste das Wort ergriff, positionierte sich klar und forderte, Wladimir Putin vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu stellen. „Seit einer Woche gibt es Raketenangriffe, Bombardierungen, rücken Panzer vor, werden Ukrainerinnen und Ukrainer in einem aufgezwungenen Krieg beschossen, getötet, ermordet. Das ist Mord, meine Damen und Herren, und es gibt einen Verantwortlichen dafür, das ist Wladimir Putin, der Verbrecher, den wir hoffentlich schnell auf der Anklagebank des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag sehen werden!“, sagte sie.
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Sie kündigte an, dass jeder, der vor Krieg und dem „Tyrannen aus Moskau“ nach Hamburg fliehe, herzlich willkommen sei. Sie stellte außerdem infrage, ob der deutsche Weg des Pazifismus in der Vergangenheit der richtige gewesen ist. „Womöglich hätten wir unseren nationalen Pazifismus etwas früher an die Bedrohungslage anpassen müssen.“
CDU-Fraktionschef Dennis Thering sprach von einem „Rendezvous mit der Realität“ mit Blick auf den Krieg. „Deutschland muss massiv aufrüsten“, forderte er. Er verlangte von Teilen der SPD und Grünen, die sich skeptisch ob der Ausweitung der Militärausgaben äußerten, sich klar hinter den Kurs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu stellen. Putin sei ein Kriegsverbrecher, der ein unschuldiges Land überfallen habe und „unschuldige Menschen ermorden lässt“, verurteilte er den Angriffskrieg. Als er auf die Zivilgesellschaft in der Ukraine zu sprechen kam und Bilder von Kindern und Frauen, die in U-Bahn-Stationen Zuflucht suchen erwähnte, brach seine Stimme und er kämpfte mit den Tränen. Er versicherte, dass man den Senat bei der Unterbringung von Flüchtlingen voll und ganz unterstützen werde.
Gegen Aufrüstung sprach sich vehement die Linke aus. „Helfen wir mit der Aufrüstung der Bundeswehr den Betroffenen in der Ukraine? Nein, die Situation wäre die Gleiche! Und die NATO hat in den letzten Jahren nicht zu wenig aufgerüstet. Wir brauchen, so schnell es geht, Abrüstungsverträge. Wir brauchen Deeskalation und den Weg zur Diplomatie!”, sagte die Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir. Das Verhalten von Putin sei jedoch „skrupellos” und der „völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine” durch nichts zu rechtfertigen.