Das sind die Risikofaktoren: Krankenhaus-Studie: Jeder fünfte Covid-19-Patient tot
Das wissenschaftliche Institut der AOK hat erstmals den Behandlungsverlauf von Covid-19-Patienten untersuchen lassen, die so schwer erkrankt waren, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Studie liefert Erkenntnisse zu Risikofaktoren und zur Sterblichkeit: Mehr als ein Fünftel der stationär behandelten Covid-19-Patienten starb. Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen zur Studie.
Wie viele der Patienten starben?
Gut ein Fünftel der Covid-19-Patienten in Kliniken verstarb (22 Prozent). Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um sechs Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unter den Beatmungspatienten lag die Sterblichkeit gar bei 53 Prozent. Die geringste Überlebenschance hatten Beatmungspatienten, die älter als 80 Jahre waren: 72 Prozent von ihnen starben. Von den Erkrankten, die nicht beatmet werden mussten, waren es „nur“ 16 Prozent.
Auf welchen Daten basiert die Studie?
Die Corona-Studie basiert auf den medizinischen Daten von bundesweit 10.000 AOK-Versicherten, die von Ende Februar bis Mitte April in einem deutschen Krankenhaus stationär aufgenommen wurden. AOK-Versicherte repräsentieren ein Drittel der Gesamtbevölkerung.
In der Studie konnte nicht zwischen Patienten unterschieden werden, die wegen Covid-19 behandelt wurden oder vorrangig aus einem anderen Grund im Krankenhaus waren. Die Ergebnisse veröffentlichte das Forscherteam um Christian Karagiannidis von den Kliniken der Stadt Köln jetzt in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet Respiratory Medicine“.
Wie alt waren die Corona-Patienten?
72 Jahre alt waren im Krankenhaus behandelte Covid-19-Patienten im statistischen Mittel. Etwa 29 Prozent befanden sich in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen. 16 Prozent waren zwischen 60 und 69 Jahre alt, rund 22 Prozent zwischen 70 und 79 Jahre. Etwa ein Drittel der Patienten war älter als 80 Jahre.
Welches Geschlecht hatten die Patienten?
Die Erkrankung verteilte sich bei Männern und Frauen prozentual fast gleich. Etwa 48 Prozent der Behandelten waren weiblich, rund 52 Prozent männlich.
Hatten die Patienten Vorerkrankungen?
Die meisten der Covid-19-Patienten im Krankenhaus hatten eine oder mehrere Vorerkrankungen. Etwa 56 Prozent litten unter Bluthochdruck. 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung litten unter Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.
Wie lange waren die Patienten in den Kliniken?
Etwa zwei Wochen verbrachten die Covid-19-Patienten in einer Klinik. Wer beamtet werden musste, musste durchschnittlich 25 Tage in der Klinik bleiben. Eine Beatmung war dann etwas länger als die Hälfte der Zeit nötig, nämlich durchschnittlich 13,5 Tage.
Wie viele Patienten benötigten eine Beatmung?
Etwa 17 Prozent aller im Krankenhaus behandelten Corona-Patienten benötigten eine Beatmung. Im Gegensatz zur Sterblichkeit findet sich hier ein Gefälle zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen – bei ihnen lag der Anteil bei zwölf Prozent. „Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf“, erklärte Christian Karagiannidis. Bekannt ist, dass Patienten, die eine Beatmung benötigten, im Durchschnitt mehr Vorerkrankungen hatten.
Wie viele Patienten benötigten eine Dialyse?
Verschiedene Experten haben es inzwischen bestätigt: Das Coronavirus befällt nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe. Das am zweithäufigsten betroffene Organ sind die Nieren, dies fand eine Studie des Universitätsklinikums Eppendorf heraus. In der Kölner Studie benötigten rund sechs Prozent der beatmeten Patienten in einer Klinik eine Dialyse.
Kann die Studie die vergleichsweise geringe Zahl von Corona-Toten in Deutschland erklären?
Sie bietet einen Erklärungsansatz. Die Daten zeigen, dass jedem Covid-19-Patienten bestmögliche Betreuung zukam: „Bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, so Christian Karagiannidis.
Was bedeutet die Studie für eine mögliche zweite Welle?
Für 100 stationäre Patienten fallen durchschnittlich 240 Beatmungstage an – für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle sind das wichtige Zahlen, um die genügend Intensivbetten bereitstellen zu können.
„Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten“, so Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin.