Sebastian Päprer, 34, auf seinem Karussell
  • Sebastian Päprer hat trotz Lockdown in sein Karussell investiert.
  • Foto: Patrick Sun

Darum ist dieser Winterdom der wichtigste aller Zeiten

Endlich wieder Achterbahn fahren, Enten angeln, Glühwein trinken und Mandeln essen, ohne auf Abstände oder Masken achten zu müssen – und das alles dank der 2G-Regel. Der Hamburger Dom findet ab Freitag fast wieder so unbeschwert wie vor der Pandemie statt. Gerade rechtzeitig, denn für viele Schausteller und Gastronomen ist es nach entbehrungsreichen Monaten so etwas wie die letzte Überlebenschance.

Auf dem Heiligengeistfeld auf St. Pauli herrscht in diesen Tagen rege Betriebsamkeit. Schausteller und Gastronomen haben viel zu tun: Sie stellen ihre Buden auf, füllen die Lager, prüfen die Technik. Doch sie blicken auch mit einer gewissen Sorge auf den kommenden Jahrmarkt. Denn nach all den Monaten im Minus brauchen die Betreiber gute Einnahmen, um die Winterpause zwischen Januar und März zu überleben. Schlechte Besucherzahlen wären in dieser Lage eine Katastrophe.

Selbst im Krieg hatten die Schausteller immer Einnahmen

Der 28-Jährige Nico Kaiser steht vor seiner Backwaren-Bude. Die Auslage ist noch leer, aber die Worte auf der Tafel an dem Stand lassen einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen: Quarkbällchen, Apfeltaschen, Spritzkuchen.

Das Geschäft hat Nico im Januar 2020, kurz vor Beginn der Corona-Krise in Deutschland, von seiner Tante übernommen – und erst einmal ordentlich investiert. Der Kredit ist noch lange nicht abbezahlt.

Nico Kaiser hat seine Backwaren-Bude kurz vor der Corona-Krise gekauft. Patrick Sun
Nico Kaiser, 28, Buden-Besitzer
Nico Kaiser hat seine Backwaren-Bude kurz vor der Corona-Krise gekauft.

Eine Situation wie den Corona-Lockdown hat Nicos Familie – Schausteller seit sechs Generationen – noch nicht erlebt. „Meine Oma sagt, dass es selbst im Krieg immer Möglichkeiten gab, die Buden irgendwo aufzustellen“, erzählt der junge Mann. Er appelliert: „Kommt vorbei, besucht uns!“

Hamburger Winterdom ist existenziell wichtig

Ein paar Buden weiter testet Sebastian Päprer die bunten Scheinwerfer und die Nebelmaschine an seinem Karussell „Love Dream“. In der Corona-Zeit hat er einiges an seinem Fahrgeschäft erneuert. „Ich wollte nicht den Kopf in den Sand stecken, also habe ich in mein Geschäft investiert und daran herumgebastelt.“

Sebastian Päprer setzt jetzt große Hoffnungen in den Winterdom. „Er ist für uns alle existenziell wichtig. Die finanziellen Rücklagen sind aufgebraucht“, sagt der Schausteller, der außerdem noch ein Süßwarengeschäft betreibt – seine „Mandelbude“, wie er sie nennt, in der er gebrannte Nüsse, Lebkuchen und allerlei Naschkram verkauft.  


Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.


Aber es geht nicht nur um die finanzielle Existenz. „Ich möchte endlich wieder lachende Gesichter sehen“, sagt der 34-Jährige. Zwar war der Schausteller auch auf dem diesjährigen Sommerdom vertreten, aber da galt 3G und die Mimik der Menschen war hinter Masken verborgen.

Mirko Greier hat seine Schokofrüchte während des Lockdowns mithilfe eines Lieferdienstes zu den Hamburgern gebracht. Patrick Sun
Mirko Greier, 38, vor „Greier's Schokobrunnen“
Mirko Greier hat seine Schokofrüchte während des Lockdowns mithilfe eines Lieferdienstes zu den Hamburgern gebracht.

Auch Budenbesitzer Mirko Greier hat die Corona-Pause genutzt. Und dabei sogar ein bisschen Geld verdient: Zusammen mit zwei weiteren Schausteller-Familien hatten die Greiers das „Candy Car“ ins Leben gerufen, das im Lockdown typische Jahrmarktleckereien auf Bestellung zu den Hamburgern brachte. Doch das reichte lange nicht aus, um alle Kosten zu decken, geschweige denn Rücklagen für die kommenden Wintermonate anzulegen. „Wie alle hier sind wir enorm auf den Winterdom angewiesen“, sagt der 38-Jährige.

Trotz allem: Schausteller blicken optimistisch auf den Dom

Auch Wilhelm Hemberger schaut optimistisch auf den Winterdom. „Die Leute wollen raus“, sagt er. „Und es muss ja irgendwie weitergehen.“ Der 41-jährige Besitzer einer kleinen Eisenbahn und zweier Poffertjes-Geschäfte ist Schausteller in mindestens siebter Generation – weiter gehen die Dokumente nicht zurück.

Wilhelm Hemberger ist Schausteller in mindestens siebter Generation. Patrick Sun
Wilhelm Hemberger, 41, vor seiner Eisenbahn
Wilhelm Hemberger ist Schausteller in mindestens siebter Generation.

Dank 2G können geimpfte und genesene Hamburger den Winterdom in diesem Jahr wieder fast ohne Einschränkungen erleben. Hat man die Einlasskontrolle in einem der drei Zelte am Rande des Geländes passiert, seinen Impf- oder Genesenen-Nachweis und ein Ausweisdokument vorgezeigt und seine Kontaktdaten abgegeben, darf man sich ohne Maske, zeitliche Begrenzung oder Abstandsregeln frei auf dem Winterdom bewegen. Zeitslots müssen nicht mehr gebucht werden, wie es noch auf dem Sommerdom der Fall war. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen das Gelände betreten, ohne einen Impf- oder Genesenenstatus nachzuweisen.

Das könnte Sie auch interessieren: Winterdom unter 2G: Das sind die Regeln – und die Highlights

Auf dem Jahrmarkt erwarten die Besucher dann zahlreiche Highlights. So wird es drei Achterbahnen geben. Von Weitem zu sehen ist das traditionelle Riesenrad, aber auch die Riesenschaukel „Best XXL Exclusive“ und der Propeller „Mach 1“.

Um den Winterdom gebührend zu feiern, findet am ersten Freitag (05. November) und am letzten Freitag (3. Dezember) jeweils um 22.30 Uhr ein großes Feuerwerk statt. Am 24. November gibt es ab 18.30 Uhr eine Laser-Show mit Sound-Effekten speziell für Familien. Und nach zwei Jahren dürfen die Kinder auch endlich wieder mit Dom-Bär Bummel knuddeln.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp