• Das Kirchengewölbe von oben sieht ein bisschen so aus, als wäre es eine Kulisse aus einem Science-Fiction-Film.
  • Foto: Florian Quandt

Die Geheimnisse von St. Jacobi: Grusel-Gänge, Totenköpfe und ein verbrannter Heiliger

Altstadt –

Wendeltreppen, die ins Nichts führen, Totenköpfe, durch deren Augenhöhlen sich Schlangen winden, und der „Kokel-Jacob“, ein verbrannter Heiliger – die Hauptkirche St. Jacobi an der Steinstraße in der City steckt voller teils gruseliger Geheimnisse. Astrid Kleist, Hauptpastorin und Pröpstin, führte die MOPO-Reporter Florian Quandt und Thomas Hirschbiegel durch ihr eindrucksvolles Gotteshaus, welches im Jahr 1255 als Kapelle am Jakobsweg vor den Hamburger Stadtmauern erstmals urkundlich erwähnt wurde.

Das Kirchengewölbe von oben. Diesen eindrucksvollen Einblick hat sonst eigentlich nur Küster Dieter Dukart (34). 1944 wurde St. Jacobi von Bomben getroffen. Der brennende Turm stürzte ins Kirchenschiff. Doch die Kirchenschätze, Kunstwerke, Altäre und die Orgel waren bereits nach den schweren Angriffen 1943 in Sicherheit gebracht worden. Der Wiederaufbau dauerte dann bis 1963. Dabei bekam die Kirche einen neuen Turmhelm und eben das massive Gewölbe aus Beton. Sehenswert ist auch das Westportal mit der  Bronzetür des Künstlers Jürgen Weber.

Einmaliger Barocksaal

St. Jacobi Herrensaal

Im Sakristei-Anbau von 1438 befindet sich der wunderschöne Herrensaal“.

Foto:

Quandt

Die Hauptkirchen St. Jacobi und St. Petri trennen nur wenige Hundert Meter. Ungewöhnlich, aber zwischen den Kirchen befand sich die Stadtmauer. Und St. Jacobi war ursprünglich nur eine Kapelle am Jakobsweg. Der Hauptteil der Kirche geht auf einen Bau des 14. Jahrhunderts zurück. Aus dem Jahr 1438 stammt der Sakristei-Anbau (im Vordergrund). Er ist eine der ältesten Bauten Hamburgs. Über der Sakristei befindet sich der „Herrensaal“ von 1710 – der einzige am Ursprungsort erhaltene Barocksaal Hamburgs. 

Einbrecher beim Beichten überrascht …

St. Jacobi Beichtstuhl

Kurios: Dieser Beichtstuhl wurde von einem Einbrecher demoliert. Dieser bereute die Tat offenbar und legte dort sofort eine Beichte ab. 

Foto:

Quandt

Nanu – ein Beichtstuhl in einer evangelischen Kirche? Das Teil stammt aus dem Barock, aber sonst ist wenig darüber bekannt. Jacobi war aber immer auch „Sammelstelle“ für überflüssige Hamburger Kircheneinrichtungen. Vor ein paar Jahren überraschte der Küster hier einen Einbrecher. Der hatte den Beichtstuhl ziemlich demoliert, aber dann schnell eingesehen, dass das falsch war, und die Sünde vor Ort im Beichtstuhl gebeichtet.

Der Reiche Mann und der Tod

St. Jacobi Tod

Der Tod lauert überall: Dieses Gemälde warnt vor sinnloser Anhäufung von Reichtümern.

Foto:

Quandt

Totenköpfe und Gerippe gibt es in der Jacobi-Kirche zuhauf. Hier das Gemälde „Der reiche Mann und der Tod“ von 1622 und ein „Memento Mori“ am Nordportal. David Kindt malte das Bild im Dreißigjährigen Krieg als Mahnung vor dem Hochmut. Während der Reiche an einem Tisch mit Wein, Brot und Blumen sitzt und seine Schätze zählt, tritt der Tod in Form des Gerippes mit dem Todespfeil und einem Stundenglas an ihn heran. Eine Inschrift auf dem Bild lautet denn auch: „Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern, und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“

Man stirbt nur einmal

St. Jacobi Putten

Morbide: Diese Tafel erinnert daran, sich rechtzeitig über das Sterben Gedanken zu machen

Foto:

Quandt

Und noch ein Totenkopf, diesmal mit zwei entzückenden Engelputten und Lorbeerkranz. Diese herrliche Darstellung stammt von einer hölzernen Gedenktafel an der Grabtür für Anna Elisabeth Schuppius, die 1650 verstorbene Frau des Hauptpastors Balthasar Schuppius. Sinngemäß steht auf der Tafel, dass man sich  zu Lebzeiten ordentlich Gedanken über das Sterben machen soll. Man stirbt schließlich nur einmal.

„Kokel-Jacob“ überstand den Krieg

St. Jacobi „Kokel-Jacob“

Der „Kokel-Jacob“ wurde nach den Bombenangriffen von 1944 in den Trümmern der Kirche entdeckt. 

Foto:

Quandt

Hier sehen Sie den „Kokel-Jacob“, auch „Verbrannter Jacobus“ genannt. Dabei handelt es sich um eine hölzerne Heiligenfigur aus dem 18. Jahrhundert. Nach dem verheerenden Bombenangriff 1944 war sie in den Trümmern der Kirche entdeckt worden. Heute kommen Pilger aus ganz Europa und legen zu Füßen der geschwärzten Figur kleine Geschenke ab oder entzünden eine Kerze.

Holzköpfchen einfach geklaut

St. Jacobi Register

Prominente Köpfe dienen als Register-Züge der Orgel.

Foto:

Quandt

Ein Kleinod ist das alte Register der Arp-Schnitger-Orgel. Durch Ziehen der Holz-Köpfe konnte die Tonlage verändert werden. Der Clou beim Jacobi-Register: Jeder Kopf stellt einen Prominenten dar. In der oberen Reihe der Erste von links ist Albert Schweitzer. Ein Dieb fand das Register so gelungen, dass er den Kopf des Hamburger Dichters Hans Henny Jahnn klaute. Die Kirche hätte ihn so gern zurück. Bitte an den heutigen Besitzer: das Teil am Altar ablegen.

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Bach als Organist abgelehnt!

St. Jacobi Orgel

Auf der Arp-Schnitger-Orgel hätte beinah Johann Sebastian Bach die Kirchgänger mit seinen Künsten erfreut.

Foto:

Quandt

Die Arp-Schnitger-Orgel ist von 1693 und eigentlich hätte Johann Sebastian Bach an ihr spielen sollen. 1720 bewarb sich Bach für die Stelle des Organisten an St. Jacobi. Beim Vorspielen waren drei Hamburger Kantoren  begeistert. Doch in die einträgliche Stelle musste man sich damals einkaufen, und zwar mit umgerechnet 20 000 Euro! Das konnte Bach nicht aufbringen und ging stattdessen nach Leipzig. Pastor Erdmann Neumeister schimpfte darüber: „Wenn auch einer von den Bethlehemitischen Engeln vom Himmel käme, der göttlich spielte und wollte Organist an St. Jacobi werden, hätte aber kein Geld, so möge er nur wieder davonfliegen.“

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