Diskriminierung in Hamburg: Wohnung nur mit negativem Schwangerschaftstest?
Eigentlich ganz normal: In einer Facebook-Gruppe wird von einer anscheinend privaten Vermieterin ein Wohnungsangebot in Hamburg gepostet, mehrere Interessierte nehmen Kontakt auf. Doch dann das: Um die Wohnung für sich zu reservieren, sollen die Frauen, die Interesse haben, nachweisen, dass sie nicht schwanger sind. Die Vermieterin will offenbar keine kleinen Kinder in der Wohnung – oder geht es um etwas ganz anderes?
Eine Zweizimmer-Wohnung in Harvestehude: 59 Quadratmeter, Vollbad, kleiner Balkon, 700 Euro Kaltmiete. Lisa K., Melanie U. und Mia L. (Namen geändert) lassen sich einen Link zu einem Online-Fragebogen für eine Selbstauskunft zuschicken. Doch die drei Frauen werden stutzig: Die Bewerberinnen sollen sich bereit erklären, die Wohnung über die nächsten zwölf Monate kinderfrei zu belassen, erzählen sie der MOPO. Offenbar will die Vermieterin keine kleinen Kinder in dem Mehrfamilienhaus und begründet das mit einer Baustelle im Treppenhaus.
Diskriminierung bei Wohnungssuche: Frauen sollen sich per Online-Termin untersuchen lassen
Um die Wohnung für zwei Tage für sich zu reservieren, sollen die Frauen, die alle in den 20ern sind, einen Nachweis erbringen, nicht schwanger zu sein. Hierfür könne ein Nachweis der eigenen Frauenärztin eingereicht werden oder ein Online-Termin mit einer von der Vermieterin vermittelten Frauenärztin gemacht werden, bei dem entweder ein Schwangerschaftstest gemacht oder der „freie Bauch“ begutachtet werden soll – die Kosten für den Online-Termin trage die Vermieterin.
„Eine solche Vorgehensweise ist unzulässig“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer und Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg der MOPO. „Das ist sittenwidrig und diskriminierend gegenüber Menschen, die Kinder haben oder bekommen wollen.“ Auch für die Frauen, die diese Untersuchungen durchführen sollten, ist dieser Eingriff in die Privatsphäre eine Zumutung. Chychla rate Personen, denen durch Diskriminierungen ein Schaden entsteht, Anzeige zu erstatten. „Außerdem darf man bei solchen Fragen flunkern – ohne, dass das später Folgen hat.“
Wohnungssuche in Hamburg: Worum ging es hier wirklich?
Lisa K. teilt den Screenshot über eine Freundin auf Instagram. In den Kommentaren berichten auch andere Frauen von ähnlichen Vorfällen. Melanie U. stimmt einem Online-Termin scheinbar zu. Sie erhält eine Freenet-Adresse mit einem Namen und angehängtem „med“. Weitere Informationen über die vermeintliche Praxis gibt es nicht. Kurz darauf kommt die Nachricht, dass die Wohnung reserviert sei. Zwei Frauen hätten den Nachweis erbracht.
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Mittlerweile wurde der Post gelöscht, das entsprechende Profil ist nicht mehr auffindbar. Die E-Mails, die die MOPO an die bekannten Adressen geschickt hat, gehen ins Leere. Auch die Freenet-Adresse der „Frauenärztin“ gibt es nicht mehr. Zurück bleiben offene Fragen: Versucht die Vermieterin ihre Spuren zu vertuschen? Diente die für Harvestehude günstige Wohnung als Lockangebot, um Daten abzugreifen? Oder sollte durch den vermeintlichen Online-Arzttermin freizügiges Material von unwissenden Frauen ergattert werden? Feststeht, dass bei Online-Angeboten dieser Art besondere Vorsicht geboten ist.