Doppelt nachhaltig: „Stadtgemüse“: Integratives Farmprojekt erobert Hamburg
HafenCity –
Nachhaltigkeit und Integration sind zwei der aktuell prominentesten gesellschaftlichen Diskurse. Die Hamburger Stiftung „Was Tun!“ vereint diese beiden wichtigen Punkte in dem integrativen Farmprojekt „Stadtgemüse“.
Seit 2018 bietet das Projekt Geflüchteten in der HafenCity die Möglichkeit, an einem Gemüsegarten mitzuwirken. 33 Hochbeete hat die Initiative im Baakenhafen, gegenüber von Hamburgs größter Flüchtlingsunterkunft, aufgebaut. „Es gab viel positive Resonanz für das Projekt. Es ist schön, dass wir im Baakenhafen eine geeignete Fläche gefunden haben“, erzählt Kathrin Dovidat von der Stiftung „Was Tun!“.
Die Idee für das Projekt brachte einer der Söhne der Stifter aus seinem Auslandssemester in Skandinavien mit. Schnell war klar: „So etwas möchten wir auch machen“. Der Wunsch nach Zusammenhalt und nachhaltiger Lebensweise führte schlussendlich zur Gründung von „Stadtgemüse“.
Beim Gärtnern entstehen neue Freundschaften
Beim gemeinsamen Gärtnern treffen sich Hamburgerinnen und Hamburger, Geflüchtete und die Teams von „Was Tun!“ und arbeiten zusammen daran, leckeres Gemüse heranzuziehen. Die Teams treffen sich einmal in der Woche, um den Anbau zu pflegen.
Manche Teilnehmer seien schon seit Beginn des Projekts dabei, berichtet Dovidat. „Es ist schön zu sehen, dass so verlässliche Freundschaften entstanden sind“, sagt sie. Das sei auch ein großer Vorteil für die Sprachentwicklung.
Holpriger Start für zweiten Standort in Volksdorf
Inzwischen gibt es in der Unterkunft am Waldweg in Volksdorf bereits den zweiten „Stadtgemüse“-Standort. Im Februar startete die Initiative dort mit dem Bau von Hochbeeten – zwei Wochen später kam Corona.
Daher sei man dort leider etwas im Verzug, berichtet Dovidat. Es sei besonders schade, weil das Projekt auch von der Nachbarschaft sehr gut angenommen wurde. Nun hoffen die Helfer auf weitere Lockerungen, damit sie auch in Volksdorf endlich durchstarten können.
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Während der Corona-Krise mussten die Stadtgärtner ihre Arbeit pausieren. Wegen der strengen Auflagen in den Unterkünften konnten die ehrenamtlichen Helfer zwischen März und Mai nicht zu den Geflüchteten. „Die Bewohner haben das dann einfach selbst in die Hand genommen“, freut sich Dovidat. So konnten die Beete wenigstens weiter bewirtschaftet werden, aber der Austausch in den Teams fehlte.
Viele bringen schon Know-How mit
Der Stadtgarten bietet den Geflüchteten die Möglichkeit, ihre landwirtschaftlichen Kompetenzen einzubringen. Denn viele der aus Afghanistan und Syrien stammenden Teilnehmer haben vor ihrer Flucht in der Landwirtschaft gearbeitet. „Die Menschen sind auch stolz darauf, dass sie es selbst machen können“, berichtet Dovidat.
Wer hart arbeitet wird auch belohnt, denn die eigene Ernte wird auch gleich verputzt. Beim gemeinsamen Kochen lernen die Helfer neue Rezepte aus den unterschiedlichen Kulturen kennen. Wegen der Corona-Regelungen darf momentan allerdings noch nicht wieder gekocht werden – in den Unterkünften ist es dafür zu eng.
Das Projekt soll weiter wachsen
„Stadtgemüse“ ist spenden-finanziert und die Helfer arbeiten neben ihrem eigentlichen Berufs-und Familienleben an den Beeten. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann außerdem eine Beetpatenschaft übernehmen. So werden die Kosten für den Bau und die Bewirtschaftung der Beete gedeckt.
Im September beginnt im Baakenhafen die Bebauung der Fläche, die bisher von den Stadtgärtnern genutzt wurde, dann müssen die Hochbeete weichen. Doch es soll weitergehen mit dem „Stadtgemüse“ – ab August plant die Stiftung den Aufbau einer „Klimainitiative zum Mitmachen“ in ganz Hamburg. Hannah Borwitzky