So reagiert Hamburg auf das Ampel-Aus: Partei-Austritt, Vorwürfe und Forderungen
Die Ampel-Koalition im Bund ist am Ende – der Rauswurf von Finanzminister Lindner hinterlässt dabei auch im politischen Hamburg Spuren: Mitglieder der Ampelparteien reagieren ebenso wie die Opposition – einer wählt einen drastischen Schritt.
Hamburgs Politik reagiert am Tag nach dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Kanzler Scholz auf das Ampel-Aus. Während die Senatsparteien Unterstützung für den drastischen Schritt des Kanzlers signalisieren, überwiegen in der Opposition die Forderungen nach möglichst schnellen Neuwahlen.
Dem erteilte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) eine deutliche Absage: Ein überstürzter Schritt sei „verantwortungslos“, sagte er am Mittag. Er unterstütze den von Olaf Scholz vorgeschlagenen Zeitplan. Tschentscher betonte darüber hinaus, es sei wichtig, dass Hamburg eine vom Bund unabhängige eigene Entscheidung bei der anstehenden Bürgerschaftswahl treffe. Lindner warf er „persönliches Versagen“ vor. Er sei die „auch personelle Schwachstelle“ in der Regierung gewesen.
Lindner-Rauswurf: Aus für den „Dauer-Nein-Sager“
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) hat mit Blick auf den Lindner-Rauswurf die Wichtigkeit von Zusammenarbeit und Kompromissen betont. Es sei mit ihm nicht mehr möglich gewesen, in gemeinsamer Verantwortung in unsicheren Zeiten Stabilität und Sicherheit zu geben. „Zum Wesen der Demokratie gehört der Kompromiss. Wer dazu nicht in der Lage ist, mit dem ist kein Staat zu machen“, postete sie in der Nacht auf X.
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) reagierte mit klaren und zustimmenden Worten auf die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Die Entlassung sei unvermeidlich gewesen, postete er in der Nacht auf Facebook.
Lindner habe bei den Finanzministerkonferenzen mehr als FDP-Parteivorsitzender denn als Bundesfinanzminister agiert. Er sei dabei immer mehr zum „Dauer-Nein-Sager“ geworden, „mit dem eine konstruktive Zusammenarbeit immer schwieriger wurde“. Es sei schlicht verantwortungslos, in der aktuellen Krise nicht die notwendige Kompromissbereitschaft zu zeigen. Unter seinen Post schrieb er zudem den Hashtag „erstdaslanddanndiepartei“.
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Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) postete er am Donnerstagmorgen auf X: „Alle, die für Verkehrsinfrastrukturprojekte in Deutschland Verantwortung tragen, können ein sehr langes Lied davon singen, dass Projekte, die alle wollen, nicht vorangehen, weil Christian Lindner nicht verstanden hat, dass man dafür Geld ausgeben muss.“
CDU fordert „schnelle Neuwahlen jetzt“
Der Hamburger CDU-Vorsitzende Dennis Thering schloss sich den Forderungen von Friedrich Merz nach möglichst schnellen Neuwahlen an: Er warf Scholz „eine Insolvenzverschleppung mit Ansage vor“. Es gebe keinen Grund, die Vertrauensfrage erst im Januar zu stellen.
„Deutschland kann sich nicht über mehrere Monate hinweg eine Regierung ohne Mehrheit im Parlament und in der Bevölkerung und einen Dauer-Wahlkampf leisten.“
Hamburgs Linke begrüßt Ende des „politischen Trauerspiels“
Die Linke in Hamburg begrüßt die vorgezogenen Neuwahlen. Cansu Özdemir sagte, das „politische Trauerspiel“ habe nun ein Ende und machte neben den „Sabotage-Aktionen“ der FDP auch SPD und Grüne für das Scheitern der Koalition verantwortlich. Man habe das Land „immer weiter in die Krise hinein“ gespart. Özdemir und ihre Parteikollegin Sabine Ritter betonen, man sehe den vorgezogenen Neuwahlen mit „viel Optimismus“ entgegen.
Der ehemalige Vorsitzende der Hamburger Jungliberalen Carl Cevin-Key Coste kündigte derweil via Facebook und Instagram seinen Austritt aus der FDP an. Der Schritt falle ihm „unglaublich schwer“, aber: „Für diesen Kurs stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“ Coste war zuletzt besonders wegen eines öffentlich ausgetragenen Streits mit dem Hamburger FDP-Bundestagsabgeordneten Michael Kruse in Erscheinung getreten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen, nachdem dieser eine Neuwahl des Bundestags vorgeschlagen hatte. Er kündigte zudem an, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Der Bundestag solle darüber am 15. Januar abstimmen, sagte der SPD-Politiker in Berlin. (josi/aba/dpa)