„Drug-Checking“ in Hamburg: Sicherheitsmaßnahme oder Freifahrtschein für Drogenkonsum?
Die Ecstasy-Vergiftung einer 13-Jährigen aus Bramfeld sorgte für Entsetzen. Zusammen mit einer Freundin hatte sie auf einer Geburtstagsfeier Drogen ausprobiert und verlor wegen des Konsums beinahe ihr Leben. Nun unterstützt der Senat eine Gegenmaßnahme.
Konsumenten können ihre Drogen auf Inhaltsstoffe überprüfen lassen – anonym. Gleichzeitig soll ein Beratungsgespräch stattfinden – das Ganze nennt sich „Drug-Checking-Verfahren“. Der Konsument kann also zu einem entsprechenden Labor gehen, eine kleine Menge Drogen abgeben und prüfen lassen. Das Ergebnis liegt nach 15 bis 30 Minuten vor. Anschließend darf der Besitzer wieder gehen und die Drogen mitnehmen.
„Drug-Checking Verfahren“ in Hamburg möglich?
Um das möglich zu machen, ist eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BTMG) notwendig. Durch die Aufnahme eines zusätzlichen Paragrafen kann eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die derartige Tests ermöglichen würde.
Am vergangenem Freitag fand eine Sitzung zur Änderung des BTMG innerhalb des Bundesrates statt. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzesentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Der Rechtsausschuss hält jedoch dagegen.
„Der Hamburger Senat unterstützt eine Gesetzesänderung im BTMG und damit den Entwurf der hessischen Landesregierung“, sagt Martin Helfrich von der Sozialbehörde der Hansestadt. Die Änderung wurde jedoch von der Tagesordnung des Bundesrates abgesetzt, könne aber durch einen Antrag eines Landes neu aufgesetzt werden, so ein Bundesratssprecher gegenüber der MOPO.
Hamburg: Suchtmediziner übt Kritik an „Drug-Checking“
Der UKE-Suchtmediziner Rainer Thomasius äußert sich im Gespräch mit der MOPO kritisch zu der Maßnahme. „Das Drug-Checking suggeriert eine Schein-Sicherheit“, erklärt er. Nicht selten hätten sich Inhaltsstoffe bereits bei Vorlage des Testergebnisses geändert.
Außerdem sei damit nicht das Problem der Überdosierung gelöst. Im Gegenteil: Es könne sogar sein, dass Konsumenten ermutigt werden, mehr von einer bestimmten Substanz zu nehmen. Auch den Mischkonsum, also das parallele Nutzen anderer Drogen, sieht Thomasius als Problem.
Hamburg: Wie realistisch ist ein Beschluss für „Drug-Checking“?
„Es gibt nicht genügend Studien über das Verfahren. Ein neues Verfahren, das nicht ausreichend erforscht ist, wird dann auf Kosten bisheriger Verfahren eingeführt. Das halte ich für falsch“, so der Mediziner.
Gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ äußert sich Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ähnlich: „Grundsätzlich sind Maßnahmen zu begrüßen, die verhindern, dass ein junger Mensch an Drogen stirbt. Ich glaube aber, dass gerade vor dem Hintergrund der jüngsten tragischen Fälle mit Ecstasy, bei denen sehr junge Menschen in Hamburg zu Tode oder zu schwerem Schaden kamen, so eine Maßnahme ins Leere läuft. Es bringt bei diesen durch ihre körperliche Konstitution besonders gefährdeten Altersgruppen vermutlich gar nichts, weil sich Drogenkonsum bei ihnen im privaten Umfeld abspielt. Und an ältere Konsumenten, gerade für die der Partyszene, könnte es ein völlig falsches Signal senden.“