E-Scooter auf Gehwegen: „Diese Rücksichtslosigkeit kotzt mich an!“
„Diese Rücksichtslosigkeit kotzt mich an!“ André Rabe ist blind und hat genug. „Seit es die E-Scooter gibt, ist alles umständlicher geworden“, beklagt sich der Zweite Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg (BSVH). Das Problem sei, dass die Elektro-Roller an jeder Ecke abgestellt würden. So stehen sie Menschen, die nicht einfach über die Roller steigen können, im Weg. „Einfach vorbeigehen ist nicht immer möglich, weil ich dann auf die Straße muss. Das nervt“. Daher hat der BSVH die Aktion „Gelbe Karten für Falschparker“ initiiert. Gelbe Info-Flyer sollen E-Scooter-Nutzer auf die – vermeidbaren – Probleme blinder Menschen aufmerksam machen.
Seit 2019 sind E-Scooter in Deutschland zugelassen. In Hamburg waren schon damals viele Menschen skeptisch. Eine Forsa-Umfrage von 2019 bestätigt das. 62 Prozent der Befragten waren dafür, die damals 2000 E-Scooter von Hamburgs Straßen zu nehmen. Die Leih-Roller sind besonders bei jungen Menschen und Touristen beliebt, und es werden immer mehr. Mittlerweile gibt es nach ADAC-Informationen rund 9000 E-Scooter in Hamburg.
Blinder Hamburger ärgert sich über Leih-Roller
„Die Stadt ist eng genug und die Roller nehmen noch mehr Platz weg“. Um sich sicher durch die Stadt zu bewegen, verlässt sich Rabe, der seit seiner Geburt sehbehindert ist, auf sein Gehör, seinen Blindenstock und, so gut es eben geht, auf die Infrastruktur. Dazu gehören Blinden-Leitstreifen – die geriffelten, weißen Linien auf Gehwegen – und Ampeln mit akustischen Signalen. „Besonders blöd ist es natürlich, wenn ein Roller direkt auf dem Leitstreifen oder vor einer Ampel steht. Ich muss dann erstmal einen anderen Weg finden“. Oft bedeutet das: Es geht auf Straßen oder Radwege.
Trotz Aufklärung und einem Maßnahmenpaket der Verkehrsbehörde liegen E-Roller in Hamburg noch immer kreuz und quer auf den Gehwegen. Auch mit den Verleihfirmen habe sich der BSVH in Verbindung gesetzt. Aber eigentlich werde es nur schlimmer, findet auch Melanie Wölwer, die Pressesprecherin vom BSVH. „Aus diesem Grund haben wir die Aktion ,Gelbe Karten für Falschparker‘ ins Leben gerufen“.
Nur die Verleih-Firmen könnten das Problem lösen
Dass die Aktion viel verändert, glaubt André Rabe nicht, hofft aber, dass wenigstens ein paar Menschen auf die Probleme Sehbehinderter, von Senioren oder Menschen, die mit Kinderwagen unterwegs sind, aufmerksam gemacht werden. Klar sei aber auch: „Nur die Roller-Verleiher können das Problem lösen!“ Ergänzend zu der am 4. Januar gestarteten Aktion veröffentlichte der BSVH auch Vorschläge, um das Park-Chaos in den Griff zu bekommen.
Die zugehörige App dürfte nur das Abstellen an speziellen Stationen zulassen. So würde vermieden, dass die E-Scooter an unpassenden Orten abgestellt werden, damit zu Barrieren werden und nicht nur blinde und sehbehinderte, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer gefährden.