Eckart von Hirschhausen: „Gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde“
Die MOPO stellt gemeinsam mit „Viva con Agua“-Geschäftsführerin Carolin Stüdemann in der Serie „Auf ein Wasser mit …“ Unternehmer:innen und Vordenker:innen vor, die eine bessere Welt schaffen. Heute spricht Carolin mit Eckart von Hirschhausen. Er ist Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer von zwei Stiftungen. Auch in seinem Bühnenprogramm bringt er globale Gesundheitsfragen humorvoll rüber.
Caro: Moin lieber Eckart! Die Liste an Dingen, die du so machst, ist sehr lang. 2020 hast du die Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ gegründet. Wie kam es dazu?
Eckart von Hirschhausen: Vor etwa drei Jahren interviewte ich die berühmte Schimpansenforscherin Jane Goodall. Und sie stellte mir mitten im Gespräch eine Frage, die mich sehr getroffen hat: „Wenn wir Menschen immer behaupten, wir sind die intelligenteste Art auf diesem Planeten, warum zerstören wir dann unser eigenes Zuhause? Das war der Startschuss für meine Reise. Da wusste ich, ich möchte Teil der Lösung werden. Und seitdem bin ich auf der Suche nach guten Antworten. Mein Bühnenprogramm ist Teil der Antwort, ebenso mein Buch „Mensch Erde – wir könnten es so schön haben“ und weil ich an die Kraft von Teams und Netzwerken glaube, habe ich die Stiftung „Gesunde Erde – gesunde Menschen“ gegründet, um mehr in die Öffentlichkeit zu bringen, dass die Klimakrise die größte Gesundheitsgefahr ist, die wir im 21. Jahrhundert haben. Denn: Gesunde Menschen gibt es eben nur auf einer gesunden Erde.
Wie eng hängen Klimakrise und unsere Gesundheit zusammen?
Sehr eng. Unmittelbar. Mit jedem Hitzesommer und jedem Extremwetterereignis wird klarer: die Klimakrise bedroht massiv unsere Gesundheit, weltweit, aber auch in Deutschland. Sie betrifft nicht nur Eisbären und ferne Küstenregionen – sie betrifft uns hier, heute und erst recht in Zukunft. Sie betrifft jedes Organ, jedes Kind, jeden alten Menschen. Warum? Weil sie den einzigen Ort zerstört, auf dem wir leben können: die Erde. Wir Menschen brauchen, um gesund zu sein, als Allererstes etwas zu essen, zu trinken, zu atmen. Und erträgliche Außentemperaturen. All das ist bedroht. Ohne die Zerstörung von Lebensräumen, das Artensterben und den Wildtierhandel hätten wir auch kein Corona. Wir sind viel verletzlicher als wir gedacht haben und müssen Gesundheit global denken. Ein Virus fragt nicht nach einem Visum, um Ländergrenzen zu überspringen. So wenig wie ein C02 Molekül in der Atmosphäre fragt, aus welchem Land es kam. In unserem Körper kommt alles zusammen und verstärkt sich. Naturschutz und Tierschutz ist auch Gesundheitsschutz, wenn wir das aus dem letzten Jahr gelernt haben, war es wenigstens zu etwas gut. Dieser Kerngedanke nennt sich international „one health“ oder auf Deutsch: Gesunde Erde – Gesunde Menschen.
Welche Ziele habt ihr euch mit der Stiftung gesetzt? Setzt ihr konkrete Schwerpunkte?
Ja, wir bringen eine neue Kommunikation: humorvoll, verständlich, visionär. Wir arbeiten viel mit den Ärzteorganisationen und der Pflege zusammen, Ministerien wie auch mit NGOs und der Zivilgesellschaft. Ich war letztes Jahr auch Schirmherr der Hamburger Klimawoche. Unsere Botschaft ist: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz. Und das teuerste was wir jetzt tun können ist: nichts! Wir müssen nicht „das Klima“ retten, sondern uns! Was bedeutet es für unseren Körper, wenn draußen über 40 Grad Celsius im Schatten sind? Warum gibt es die Frühsommer-Meningoenzephalitis wegen der milden Winter schon im Januar? Warum steigen Allergien und Infektionskrankheiten? Und was für gesundheitliche Vorteile haben wir, wenn wir enkeltauglich leben. Wir zeigen in positiven Zukunftsentwürfen auf, wie wir mit nachhaltigeren Lebensmodellen Erde und Menschen gesund halten können. Wir pflanzen keine Bäume – wir pflanzen Ideen.
Wie wichtig ist Wasser für dich?
Unser Körper besteht zu 70 Prozent aus Wasser. Auch das Hirn. Was man bei manchen Menschen mehr merkt als bei anderen. Aber im Ernst: ohne Wasser kein Leben. Und deshalb finde ich wichtig was ihr macht – Wasser ist ein Menschenrecht.
Wie hängt Wasser mit der Klimakrise zusammen?
Im Ahrtal zu viel Wasser – im Senegal zu wenig. Durch die Hitze nehmen die Extremwetter in beide Richtungen zu. Wir haben weltweit viel mehr Menschen die von Hunger, Dürre und Durst betroffen sind. Und gleichzeitig mehr Extremwetter – auch in den reichen Ländern. Ich habe gerade mit der Tierärztin Hanna Emde gesprochen, die in Hamburg die Nepada Wildlife Organisation gegründet hat. Sie berichtet sehr anschaulich, dass beispielsweise die Nashörner in Namibia nicht mehr hauptsächlich durch die Wilderer sterben, sondern durch die anhaltende Dürre. „One health“ heißt, die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam zu betrachten. Jeder Grashalm, jede Grille und unser Grips – alle brauchen Wasser! Deshalb sollten wir unseren Grips anstrengen, wie wir dieses Thema angehen.
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Gibt es Tipps und Tricks, die du den Leser:innen mitgeben kannst, wie sie selbst positiven Einfluss auf das Klima haben können?
Der einzelne hat die größte Wirkung, wenn er kein einzelner bleibt! Macht euch schlau, werdet aktiv, findet Verbündete. An wen kommt man heran, der ein bisschen mehr Möglichkeiten hat, etwas zu ändern, als man selbst? Die nächsten zehn Jahre entscheiden darüber, wie die nächsten 10.000 Jahre für unsere Zivilisation werden. Wir haben alles zu verlieren. Und deshalb ganz viel zu gewinnen. Wir können es schöner haben als jetzt – und gesünder!
Rad statt Auto, Zug statt Flugzeug und Gemüse statt Fleisch. Und vor allem Geld fair anlegen, Gebäude energetisch bauen und sanieren und sich in die Politik einmischen. Damit dabei niemand den Humor verliert, lade ich alle Leser:innen ein, am 3. März zum Lachen nicht in den Keller zu gehen sondern in die Laeizshalle. In meinem Bühnenprogramm zeige ich, wie wir uns über unsere eigenen Widersprüche amüsieren können. Mit dabei ist der geniale Pianist Christoph Reuter. Es ist mein vorerst letzter Auftritt in Hamburg, deshalb: wer es nicht mit eigenen Augen gesehen hat – mit welchen dann?
Live: Eckart von Hirschhausen, „Endlich!“, 3. März, 20 Uhr, Laeiszhalle Hamburg