Ein „Boot“ als Ankerplatz für die Bewohner des Osterbrook
Zwischen Eiffestraße und Billebecken liegt der Osterbrook, ein kleines Quartier im Osten Hamburgs, das für 3500 Menschen ihr Zuhause ist – und für den Rest der Hamburger ein unbekannter weißer Fleck am Rande von Hamm-Süd. Eine Anwohner-Initiative will nun einen Begegnungsort am Wasser schaffen: „Das Boot“, das aber gar kein Boot sein soll, auch keine Strandbar und schon gar kein hipper Beachclub.
Der Name entstand in einer Bierlaune im Jahr 2015, als ein paar Leute um den späteren Ini-Gründer Stefan Malzkorn ein aufgegebenes Schiffswrack an der Bille spontan „besetzten“ und eine Flaschenbierbar namens „Boot“ eröffneten. Das Wrack gibt es längst nicht mehr, aber das Konzept für einen kulturellen Treffpunkt in Osterbrook, jenem etwas rauen Wohnquartier zwischen Gebrauchtwagenhändlern und Bordellen, wurde immer ausgefeilter.
2017 veranstaltete Malzkorn das erste eintägige „Osterbrooklyn“-Musikfestival auf dem Löschplatz am Hammer Deich, klein und fein, mit Bands aus den örtlichen Probenräumen, gratis, Open Air und für die Nachbarschaft. Inzwischen findet das Festival an zwei Tagen statt – das fünfte „Osterbrooklyn“ folgt im September 2022.
2021 gründeten mehr als 30 Menschen aus dem Osterbrook den gemeinnützigen „Boot e.V.“. Schon vorher hatten sie das Café „Bootswagen“ erfunden: ein kleiner, mit Kunstrasen beklebter Anhänger („der einzige Wohnwagen zum Streicheln“), der im Sommer auf dem Löschplatz steht. Von Donnerstag bis Samstag gibt’s Filterkaffe mit Billeblick und kleine Live-Konzerte vor idyllischer Kulisse. Inzwischen ist der „Bootswagen“ so etwas wie das rollende Maskottchen des Stadtteils.
Der Traum der Vereinsgründer: ein Ponton auf der Bille (natürlich mit dem Namen „Boot“), mit Café, Bootsverleih und Platz für Kultur. Das Konzept wurde in das Modellvorhaben „Mitte Machen“ aufgenommen, mit dem die Stadt den Hamburger Osten aufwerten will. Inzwischen steht fest, dass der Pontonbau erst einmal nicht klappen wird, aber die Boot-Idee der Anwohner kommt im Bezirksamt Mitte sehr gut an, zumal dem Viertel am Billebogen gravierende Veränderungen bevorstehen: In unmittelbarer Nachbarschaft sollen die „Osterbrookhöfe“ entstehen, das größte Neubauvorhaben des Bezirks mit vielen Sozialwohnungen, das die Bewohnerzahl des Osterbrooks um 40 Prozent erhöhen wird – da kommen engagierte Quartiersbewohner mit guten Einfällen gerade recht.
„Wir sehen uns inzwischen als Schnittstelle zwischen den jetzigen Bewohnern und den Menschen, die in den kommenden Jahren neu hinzukommen werden“, sagt Malzkorn, der in dem Projekt auch eine „Wiederbelebung eines traumatisierten Stadtteils“ sieht: Im Krieg fegte der Feuersturm durch Hamm, was nicht nur den Überlebenden für immer im Gedächtnis blieb.
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Tatsächlich soll nun eine alternative Lösung für das „Boot“ kommen: „Wir könnten Teil eines Wassersportzentrums an einem der Billekanäle werden“, fasst Malzkorn die Überlegungen zusammen, die Verein und Bezirk gemeinsam anstellen. Schon im nächsten Jahr könnte die Fläche versuchsweise genutzt werden. Dann, so die Hoffnung, wird der kleine Stadtteil den „Ankerplatz“ am Wasser bekommen, den er verdient hat.