Ein unsinkbarer Kater, eine schottische Bar und viele Geschichten gegen das „Meerweh“
„Ich wünsche mir, dass dieses Buch wirkt wie 51 kleine Ausflüge ans Meer“, schreibt Stefan Kruecken über sein neuestes Buch „Unsinkable Sam“ – und tatsächlich findet man sich beim Lesen mitten in einem Sturm wieder, 1899 auf dem Hamburger Dampfer „Bulgaria“, mal in einer Hafenbar, in deren Nachbarschaft einer der größten englischen Rockstars lebt, oder man taucht auf einer Eisscholle vor Husum auf, bei einer dramatischen Rettungsaktion 1887. Es geht um einen Liebesbrief und Monsterwellen, um Seelenverkäufer und Jeff Bezos Superyacht. Ach ja, Sam, den unsinkbaren Schiffskater, gibt es auch, der hat dieser wunderbaren Sammlung von kleinen und großen Gedankentrips ihren Namen gegeben.
Stefan Kruecken, Journalist, MOPO-Kolumnist, Autor und Gründer des Ankerherz-Verlags, hat ja schon einige Bestseller über sein Lebensthema „Meer“ geschrieben, über „Mord an Bord“, Leuchttürme und über Strategien, die man sich von Kapitänen abgucken kann in diesen stürmischen Zeiten („Das muss das Boot abkönnen“). Und doch gab es ein Problem: „Ich habe noch so viele Geschichten über das Meer, die in keines der monothematischen Bücher passten“, sagt Kruecken zur MOPO: „Zum Beispiel die vom Fiddichside Inn.“ In dieser kleinen alten Bar, gelegen am schottischen Fluss Fiddich, stand 58 Jahre lang der vermutlich älteste Barkeeper Schottlands hinterm Tresen. Drei Tage nur hatte er die Bar geschlossen in all den Jahrzehnten, und das auch nur, weil seine geliebte Frau gestorben war. „Seit Jahren habe ich die Geschichte dieses Mannes mit mir herumgetragen“, sagt Kruecken. Nun ist das berührende Porträt des betagten Barmanns Joe einer der längeren Texte in dem Buch.
Es gibt auch viele kürzere Episoden, die in ein paar Minuten durchgelesen sind, Geschichten gegen das „Meerweh“, dieses Gefühl, das alle Menschen kennen, die Salzluft zum Atmen brauchen. „Ich stelle mir vor“, sagt der Autor, „dass jemand einfach ein bisschen Zeit hat, sich kurz mit einem Tee auf die Couch setzt und einen kleinen Gedankenausflug ans Meer macht.“ So, wie es Kruecken selbst auch praktiziert, wenn er mal wieder einen Ausgleich braucht zu dem Wahnsinn der täglichen Nachrichtenflut und auf die Seite der Irischen Seenotretter klickt, um sich die neuesten Meldungen anzusehen. Einfach nur, um sich zu vergewissern, dass es immer noch Menschen gibt, die in ein Boot springen und alles riskieren, um anderen zu helfen.
Das könnte Sie auch interessieren: Mit Harris, Swift und Olympia gegen die Apokalypse: Gute Laune als Wunderwaffe
Manche Geschichten basieren auf kurzen Zeitungsnachrichten, andere sind Zufallsfunde wie die von der Eisschollenrettung vor Husum, manche hat der Autor auf seinen Reisen ans und übers Meer selbst erlebt, andere basieren auf liebevoll gesponnen Seemannsgarn – etwa die vom Schiffskater Sam, der im Zweiten Weltkrieg binnen weniger Monate drei Untergänge von Schlachtschiffen überlebte. Illustriert wurde das Werk von dem Rotterdamer Künstler Bart Sparnaaiy. „Ich glaube, das ist eins der schönsten Bücher, die wir je gemacht haben“, sagt der Autor. Stimmt. Das Buch bringt Meerfreude ins Leben.