Einmaliger Abzug einer Fotografin: Nacktfotos von Inge Meysel aufgetaucht
Neustadt –
Der „Spiegel“ nannte sie einmal „Kratzbürste mit Herz“, doch den meisten Fernsehzuschauern dürfte sie als „Mutter der Nation“ in Erinnerung geblieben sein. Die Rede ist natürlich von Inge Meysel (1910-2004). Ihre Auftritte in Serien wie „Derrick“, „Der Alte“ oder „Polizeiruf 110“ sind legendär. Zeitlebens scherte sich die Schauspielerin nicht um gesellschaftliche Konventionen. Aber dass sie noch im hohen Alter Aktfotos von sich machen ließ, war nicht bekannt. Zwei Farbfotos sind jetzt aus dem Nachlass einer Hamburger Promi-Fotografin aufgetaucht.
„Das ist doch Inge Meysel“! MOPO-Leser Benedikt E. blickte ungläubig ins Schaufenster der Galerie „Multiple Box“ an der Admiralitätsstraße (Neustadt).
Inge Meysel: Galerie bietet einmaligen Abzug einer Fotografin für 800 Euro an
Das große Farbfoto zeigte die Schauspielerin auf einem weißen Sofas,sie trägt ein wallendes Kleid mit floralen Motiven, ein Collier und lacht aus vollem Herzen. 800 Euro soll der hochwertige Abzug kosten. Aber was ist die Geschichte hinter diesem Foto?.
Galerist Siegfried Sander verweist auf Bernd Nasner. Der hatte 27 Jahre lang das „Fotohaus Colonnaden“ geführt und dort war die Fotografin Annette Lederer Kundin. Als sie vor einigen Jahren starb, kaufte Nasner, der heute das „Fotokontor Hamburg“ betreibt, ihr Archiv – eine wunderbare Fundgrube. Vor allem in den 70er Jahren war Annette Lederer eine Top Promi-Fotografin, lichtete bekannte Hamburger wie Helmut Schmidt, Uwe Seeler oder Vicky Leandros ab. Aber sie porträtierte auch internationale Stars wie Romy Schneider oder Leonard Bernstein.
Im Auftrag von „Hör Zu.“ traf sie sich vermutlich Ende der 70er Jahre mit Inge Meysel in ihrem Haus in Bullenhausen (Landkreis Harburg) für ein offenbar fröhliches Fotoshooting.
Bernd Nasner schildert die Fotografin als lebensfroh, aber auch risikobereit. Offenbar mochten sich die beiden Frauen und es kam nach Abschluss des offiziellen Fotoshootings zu den leicht frivolen Aufnahmen. Vermutlich waren sie nur für den Privatgebrauch gedacht.
Schauspielerin Inge Meysel: So wurde sie zur „Mutter der Nation“
Die hatte in ihrem 70 Jahre langen Schauspieler-Leben von der Putzfrau bis zur hinterhältigen Mörderin fast alles gespielt. Legendär war ihre Respektlosigkeit gegenüber Jedermann und ihre große Lust an der Auseinandersetzung. „Kämpfen hält jung“ war ihre Devise. Und kämpfen musste sie schon als junge Frau. Mit nur 1,55 Meter war sie eigentlich zu klein als Bühnenschauspielerin, doch mit 20 ergatterte sie erste Rollen an großen Theatern in Berlin und Leipzig. Und schon mit 15 trat sie bei linken politischen Veranstaltungen auf, hielt Reden gegen die Todesstrafe. Als „Halbjüdin“ hatte Inge Meysel von 1933 bis 1945 Auftrittsverbot, sie schlug sich als Telefonistin und technische Zeichnerin durch.
Nach dem Krieg feierte sie erste große Erfolge am Hamburger Thalia Theater. Und dann kam das Fernsehen und bot ihr die ganze große Bühne, die sie bis zuletzt so geliebt hatte. 1965-1971 glänzte sie als „Käthe Scholz“ in der Reihe die „Unverbesserlichen“, die jedes Jahr am Muttertag ausgestrahlt wurde. So kam es wohl auch zu dem Titel „Mutter der Nation“ den Inge Meysel immer fürchterlich fand. Sie sah dadurch vermutlich ihr gesellschaftliches Engagement geschmälert. Inge Meysel protestierte gegen das Abtreibungsverbot, unterstützte die SPD und Willy Brandt und führte 1978 zusammen mit anderen Frauen einen „Sexismus“-Prozess gegen den „Stern“. Das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse lehnte sie ab.
„So lange ich hier lebe, wird kein Erdwall aufgeschüttet. Ich will den freien Blick auf die Elbe…“
Legendär ihre Auftritte in Talk-Shows, die Meysel hatte immer das letzte Wort. Sie sprach schon 1987 offen über gleichgeschlechtlichen Sex mit einer Kollegin, outete aber auch Tagesschau-Sprecher Wilhelm Wieben als schwul. Und sie bezeichnet sich als „Naturistin“. Thomas Gottschalk war recht erstaunt, als Inge Meysel sich 2001 bei „Wetten das“ an die Brüste fasste und sagte: „Mein Busen ist echt, wie Gott ihn schuf…“ Und auf den war sie ziemlich stolz – was die jetzt aufgetauchten Fotos beweisen.
Inge Meysel starb 2004 in Ihrer Villa in Seevetal / Bullenhausen. Dort hatte sie fast bis zum letzten Atemzug gegen einen Deich gekämpft, der ihr die Sicht auf die Elbe genommen hätte. In einem ihrer letzten Interview hatte die schrullige Hutträgerin gesagt. „So lange ich hier lebe, wird kein Erdwall aufgeschüttet. Ich will den freien Blick auf die Elbe…“