Eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Hamburg führt ein Telefonseelsorge-Gespräch.
  • Eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Hamburg führt ein Telefonseelsorge-Gespräch.
  • Foto: Markus Scholz/dpa

Einsamkeit und Not: Bei der Telefonseelsorge glühen die Leitungen

Die Telefone stehen nicht still: Immer mehr Menschen greifen zum Hörer, um ihre Sorgen loszuwerden. Allein bei der Telefonseelsorge der Diakonie in Hamburg haben in diesem Jahr bereits 17.000 Menschen angerufen. Die meisten von ihnen sind verunsichert und einsam.

„Das Angebot der Telefonseelsorge wird deutlich häufiger in Anspruch genommen, so dass wir manchmal an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Das finde ich besorgniserregend“, erklärte die Leiterin der Telefonseelsorge, Babette Glöckner. In diesem Jahr hätten bereits rund 17.000 Menschen das Beratungsangebot der Telefonseelsorge der Diakonie in Hamburg in Anspruch genommen. Auch bei der Caritas klingeln die Telefone unaufhörlich.

In der Weihnachtszeit wird Einsamkeit stärker empfunden

Der Bedarf sei das ganze Jahr über hoch, sagte Glöckner. „Aber in der Weihnachtszeit rückt die eigene Bedürftigkeit manchmal stärker in den Mittelpunkt. Einsamkeit und die Sehnsucht nach tragfähigen Beziehungen werden dann stärker empfunden“, so die Pastorin.

Ihr Eindruck sei, dass viele Menschen im Alltag nur noch schwer Ansprechpartner für ihre Probleme finden. „Die Menschen, die bei uns anrufen, sind oft verängstigt, verunsichert und einsam. Der Raum der Verschwiegenheit und Anonymität, den sie bei der Telefonseelsorge finden, wird für sie immer attraktiver“, sagte Glöckner.

Familiärer und beruflicher Druck steigt

Viele Anruferinnen und Anrufer fühlten einen stark wachsenden Druck – familiär und beruflich. „Die Menschen klagen über eine massive Verdichtung der Arbeit. Andere schildern finanzielle Not, zum Beispiel durch Langzeitarbeitslosigkeit. Auch schwere körperliche und psychische Erkrankungen nehmen viel Raum in den Gesprächen ein“, sagte die Pastorin.

Ihrer Meinung nach sei das größte Problem die zunehmende Vereinzelung in der Gesellschaft. „Viele unserer Anruferinnen und Anrufer haben durch mangelnde Kontakte eine große Unsicherheit und Angst im Umgang mit ihren Mitmenschen entwickelt“, sagte Glöckner. „Außerdem beobachten wir, dass starke Gefühle wie Kränkung, Wut oder Scham immer schwerer angemessen kommuniziert werden – auch gegenüber unseren Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Die Reizschwelle der Menschen sinkt, Wut wird ungefiltert rausgelassen.“

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Manchmal reiche eine kleine Nachfrage am Telefon, um eine Welle von Beschimpfungen auszulösen. Oder man lege einfach auf. „Ich glaube, dass die Beziehungsfähigkeit insgesamt abnimmt. Es fällt den Menschen schwer, in einen konstruktiven Dialog zu treten. Das ist eine Belastung für die Arbeit der Ehrenamtlichen, die wir durch gute Ausbildung und Supervision auffangen“. (dpa)

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