Streit um Köhlbrandbrücke: So kam es zum Eklat im Senat
Eklat im Senat! Anders als erwartet wird Hamburg heute keine Entscheidung über die neue Köhlbrandbrücke verkünden: Offenbar hat Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) seine Zustimmung zu dem Entwurf der Wirtschaftsbehörde verweigert, einer der Knackpunkte soll die Höhe des neuen Bauwerks sein. Offiziell äußern will sich niemand, was aber durchdringt ist: Zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde herrscht richtig dicke Luft.
Laut der Drucksache der Wirtschaftsbehörde soll die neue Köhlbrandbrücke 73,50 Meter hoch werden, damit auch die größten Containerschiffe darunter hindurchpassen. Hinter der Brücke liegt das moderne, voll automatisierte Containerterminal Altenwerder, das muss auch für zukünftige Riesenschiffe erreichbar bleiben. Die derzeitige Köhlbrandbrücke ist 53 Meter hoch, was für Schiffe mit mehr als 18.000 Containern zu niedrig ist.
Köhlbrandbrücke: Höhe des neuen Bauwerks sorgt für Ärger
Die Wirtschaftssenatorin hatte heute den neuen Entwurf auf der Landespressekonferenz (LPK) vorstellen wollen. Die anderen Senatoren, so die Annahme, würden binnen der vorgegebenen Frist ihre Änderungswünsche für die neue Brücke abgeben und dann zustimmen.
Tatsächlich aber reichte offenbar der Umweltbehörde die Frist nicht aus, um etwa das Problem mit der Höhe zu klären. Experten warnen etwa, dass eine Brücke in einer solchen Höhe sehr witterungsanfällig ist und eine kürzere Lebensdauer hat als niedrigere Brücken. Außerdem sei zu befürchten, dass die Brücke bei starkem Wind häufig für den Lkw-Verkehr gesperrt werden müsste.
Die Bitte um Fristverlängerung, so ist zu hören, sei jedoch abgelehnt worden, mehrere kurzfristig anberaumte Krisengespräche konnten die Wogen nicht glätten, die Zustimmung des Umweltsenators erfolgte daraufhin nicht – das Thema „Köhlbrandbrücke“ wurde in letzter Minute von der Tagesordnung der LPK gestrichen. Nun wird an einer neuen Formulierung in der Drucksache gefeilt, damit auch der Umweltsenator zustimmt. Ein Insider zur MOPO: „Die Planung für die neue Querung läuft nun schon so viele Jahre, da kommt es auf eine Woche auch nicht mehr an.“
SPD macht Druck auf die Grünen
In der SPD-Fraktion hält man an einer raschen Senatsentscheidung fest – und den Druck auf den Koalitionspartner aufrecht. „Unsere Erwartungshaltung ist klar: Wir gehen davon aus, dass es zeitnah nach Ostern eine Entscheidung zur Köhlbrandbrücke gibt“, sagte ihr Wirtschaftsexperte Hansjörg Schmidt.
CDU-Landes- und Fraktionschef Dennis Thering wertet den Aufschub der Entscheidung als Desaster für Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seinen Senat. „Wieder Streit statt Entscheidung, wieder kommt ein für Hamburg wichtiges Infrastrukturprojekt nicht voran“, sagte der Oppositionsführer und äußerte Zweifel an der Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Senates.
Das Projekt Köhlbrandquerung werde immer mehr zum Symbol eines rot-grünen Senats, der bei bedeutenden Vorhaben scheitere. Der Wirtschaftssprecher der CDU-Fraktion, Götz Wiese, fügte hinzu: „Mit der Unfähigkeit, eine Lösung für die Köhlbrandquerung vorzulegen, gibt der Senat unseren Hafen im internationalen Wettbewerb der Lächerlichkeit preis.“
„Der Senat vernachlässigt den Hamburger Hafen“
Und auch die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sieht die Glaubwürdigkeit des Senats schwinden. „Statt jetzt auch noch öffentlich über die Höhe einer neuen Brücke zu streiten, sollte dringend Tempo in den Prozess des Neubaus gebracht werden“, forderte sie. „Dieser Senat vernachlässigt den Hafen und die Verkehrsinfrastruktur der Stadt seit langem sträflich, vor allem zulasten der Wirtschaftsverkehre.“
Der Neubau der Brücke soll 4,5 bis 5 Milliarden Euro kosten – deutlich weniger als ein Tunnel, den besonders die mächtigen Akteure in der Hafenwirtschaft lange favorisiert haben und der mindestens 7 Milliarden Euro gekostet hätte. Allein die schließlich eingestellte Planung für einen Tunnel hat Millionen verschlungen. Insgesamt haben die Pläne für Tunnel und Brückenneubau die Stadt bis Januar 2024 fast 66 Millionen Euro gekostet, pro Monat kommt im Schnitt eine Million dazu. Der Bund hat bisher 3,5 Millionen Euro beigesteuert.
Die 1974 fertiggestellte Köhlbrandbrücke wird täglich von rund 38.000 Fahrzeugen genutzt, darunter viele Lastwagen. Sie soll wegen Überlastung und immer neuer Schäden bis 2036 ersetzt werden. Wenn der Senat eine Drucksache erstellt hat, der alle Senatoren zustimmen können, muss der Entwurf noch von der Bürgerschaft abgesegnet werden.