Entlarvendes CDU-Foto: Was muss sich in Ihrer Partei ändern, Herr Thering?
Die CDU ist knapp zwei Wochen nach der Wahl damit beschäftigt zu klären, wie es mit der Partei weitergehen soll. Auch die Fraktionsvorsitzenden der Union beraten seit Sonntag über die Zukunft ihrer Partei. Ein Schnappschuss des Treffens sorgt derweil im Netz für bittere Heiterkeit. Darauf zu sehen sind vor allem viele CDU-Männer und nur eine einzige Frau. Mit dabei ist auch Hamburgs Fraktionschef Dennis Thering (37), der im MOPO-Interview zum Frauenproblem der CDU Stellung bezieht und erklärt, was sich nun in seiner Partei ändern muss.
Herr Thering, ist Ihnen eigentlich was aufgefallen, als Sie sich zum Gruppenfoto der Fraktionsvorsitzenden gestellt haben?
Ja, natürlich. Wenn von 16 Landtagsfraktionen und der Bundestagsfraktion nur eine Frau als Vorsitzende dabei ist, sieht man schon, dass es Nachholbedarf gibt. Überhaupt keine Frage. In Hamburg haben wir verstanden, dass zu einem guten Team immer Frauen und Männer dazugehören. Mit Franziska Hoppermann haben wir eine neugewählte Bundestagsabgeordnete und Natalie Hochheim wurde in Wandsbek gerade zur neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt, um nur zwei Namen zu nennen.
Also würden Sie sich dem Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) anschließen, der sagt, dass es ihn extrem nerve, dass es so wenige Frauen in der CDU in Führungspositionen gibt, aber Hamburg trotz männlichem Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz dabei ausklammern?
Ich wünsche mir bundesweit mehr Frauen in Führungspositionen, kann für Hamburg aber sagen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Ich glaube aber auch, dass wir insgesamt wieder jünger werden müssen. Das muss auch beim künftigen Aufstellungsprozess auf Bundesebene berücksichtigt werden. Wir haben kluge junge Kandidatinnen und Kandidaten und es ist Zeit, den Generationswechsel einzuleiten.
Sie und die anderen Fraktionsvorsitzenden der CDU betreiben gerade Wahlnachlese. Sind Sie sich einig, was schiefgelaufen ist?
Ja, eigentlich schon. Natürlich hat der Spitzenkandidat nicht gezündet, aber das allein wäre als Erklärung zu einfach. Ich glaube, dass man es verpasst hat die letzten Jahre sich inhaltlich notwendigerweise neu auszurichten und zu positionieren. Da ist jetzt die Zeit zu. Sowohl inhaltlich als auch personell. Alles unter der Leitfrage: Welchen Mehrwert haben die Menschen, CDU und CSU zu wählen.
Haben Sie darauf schon eine Antwort?
Wir haben im Bund ein wenig die Situation wie 2020 in Hamburg bei der Wahlniederlage. Die Union wird als großer Gemischtwarenladen wahrgenommen, wo keiner weiß, wo wir so richtig stehen. In Hamburg konzentrieren wir uns deshalb nun auf Schwerpunktthemen. Das ist auch der gemeinsame Wunsch der Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU für den Bund.
Welche Schwerpunkte schweben Ihnen denn auf Bundesebene vor?
Wichtig ist zu schauen, was die Themen der Zukunft sind. Wir müssen junge Menschen für die Union begeistern. Bei Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung, die ja auch für eine Stadt wie Hamburg enorm wichtig sind, gibt es bei allen Parteien noch Nachholbedarf. Wir als CDU müssen jetzt stärker darauf gucken, welche Konsequenzen politische Entscheidungen auf nachfolgende Generationen haben.
Wenn mir Digitalisierung wichtig ist wähle ich die FDP, wenn’s mir um Klimaschutz geht die Grünen. Wozu brauche ich als junger Mensch die CDU noch?
Ja, die Kompetenzzuschreibung liegt momentan eher bei diesen Parteien. Aber, wenn ich zum Beispiel nach Hamburg gucke, dann sind die Grünen hier weit davon entfernt, eine vernünftige Klimaschutzpolitik zu machen. Es werden immer mehr Bäume gefällt, Grünflächen für Baumaßnahmen versiegelt, da kann ich nicht feststellen, dass die Grünen eine besonders tolle Klimapolitik machen. Klar, die Grünen haben hier eine Kompetenzzuschreibung. Zum Thema Klimaschutz gehört aber auch das Thema Wirtschaft, was zu häufig ausgeblendet wird. Gerade bei der Wirtschaftspolitik haben wir als CDU die höchsten Kompetenzen. Klimaschutz geht nicht ohne Wirtschaft, genau wie Wirtschaft nicht ohne Klimaschutz geht. Da braucht es jetzt mehr Weitsicht und da hat die Union die besten Argumente und Konzepte, gerade um diese Themen zusammenführen. Beim Thema Digitalisierung ist in den letzten 16 Jahren noch zu wenig passiert, ganz klar. Da müssen wir jetzt nachholen.
Themen sind das eine, Personen das andere. Wie soll jetzt die personelle Neuausrichtung der CDU vonstatten gehen?
Es darf keine ewig lange Hängepartie geben. Wir sollten gucken, dass wir am besten noch dieses Jahr oder spätestens Anfang Januar zu einer Entscheidung kommen. Dabei dürfen wir uns nicht nur auf den Parteivorsitz beschränken. Es muss eine Teamlösung sein, die alle Positionen für die bevorstehnenden Aufgaben gut besetzt. Wichtig ist die Einbeziehung der Basis, sie muss künftig bei wichtigen Entscheidungen mit am Tisch sitzen.
Welche Kriterien muss ein neuer Parteivorsitzender erfüllen?
Ich glaube, dass es jetzt ganz wichtig ist jemanden zu finden, der eine hohe Affinität dafür hat, die Partei und die Mitglieder mitzunehmen. Der alle Strömungen und Interessenlagen versöhnt und miteinander verbindet. Das hat jetzt in den letzten Monaten etwas gelitten. Es braucht eine hohe Akzeptanz bei den Mitgliedern und die Person muss die Lust mitbringen und richtig ackern.
Das klingt ja ein wenig wie ein Armin Laschet – nur in beliebter.
Wenn man sich einen Vorsitzenden schnitzen könnte, dann könnte Armin Laschet in vielen Punkten als Vorbild dienen. Nur eben nicht in allen. Ich würde mir zudem jemanden wünschen, der jünger ist.
Was heißt jung?
Wir brauchen jemanden, der jüngere Menschen besser anspricht als jetzt zum Beispiel Armin Laschet zuletzt. Wenn wir den richtigen Kopf finden und das mit Themen verbinden, die auch junge Menschen bewegen, dann werden wir zurück in die Spur finden. Wir haben gute Leute und mir ist nicht bange, wenn wir jetzt auch mal für vier Jahre auf Bundesebene in die Opposition müssten. Das gehört zur Demokratie dazu.