Extreme Hitze: Tolle Fotos! So kühlten sich Oma und Opa in Hamburg ab
Regelrecht prüde ging es zu an den Stränden von Neumühlen, Schwanenwik oder Övelgönne. Männer trugen geringelte Badeanzüge mit langem Arm und langem Bein. Und der letzte Schrei für die Damen waren Badekleider mit Rüschen – keinen Millimeter Haut ließen sie unbedeckt. Zucht und Ordnung waren nämlich großgeschrieben im deutschen Kaiserreich, selbst beim Baden wurde da keine Ausnahme gemacht.
Wenn’s vor 100, 150 Jahren heiß war in Hamburg, dann kannten unsere Groß-, Urgroß- und Ururgroßeltern nur ein Ziel: ab ins Wasser. Das Bad in der Elbe – heute aufgrund der dicken Pötte, die dort verkehren, verboten – war damals eine Selbstverständlichkeit.
Zur besten Zeit gab es in Hamburg Flussbadeanstalten an etlichen Stellen: auf dem Köhlbrand, auf der Veddel, auf Kaltehofe, am Grasbrook, in Neumühlen, Nienstedten, Blankenese, Wittenbergen und Hahnöfersand. Wie es da so zuging, das zeigt uns ein herrliches Foto, das von der Flussbadestelle am Steinwerfer Ufer (eröffnet 1864) erhalten geblieben ist: Da drängen sich planschend Hunderte von Kindern im flachen Wasser, während die Älteren Kunststücke und Mutproben auf den Sprungbrettern vollführen.
Bad im Freien war jahrhundertelang verpönt
Ein Bad im Freien zu nehmen – jahrhundertelang war das verpönt gewesen. Die christliche Lehre hatte das Schwimmen im offenen Wasser und die damit verbundene Nacktheit für untugendhaft, unschicklich und sogar ungesund erklärt. Die Folge war, dass die Europäer es jahrhundertelang vorzogen zu stinken. Das änderte sich erst, als sich mit der Aufklärung auch die Erkenntnis durchsetzte, dass ein Bad gut ist für die Gesundheit – und außerdem Spaß bringt.
Hamburg, gelegen an Elbe, Alster und Bille, wurde zum Vorreiter, denn bereits 1793 eröffneten die Hanseaten auf der Binnenalster, ganz in der Nähe des Jungfernstiegs, das erste Badeschiff. Dabei handelte es sich um ein Haus, das auf einem 80 Fuß langen und 40 Fuß breiten Floß stand. In der Mitte befand sich ein Gang, an dem zu beiden Seiten je sechs Kammern lagen, in denen sich die Badenden an- und auszogen.
Erste öffentliche Flussbadeanstalt auf der Elbe
Von den Kammern führte eine Treppe in sogenannte Badekästen, die aus Latten gebaut im Wasser hingen und in die das Wasser durch seitlich angebrachte Löcher strömte. Die Gäste schwammen also nicht, sie saßen da wie in einer Badewanne. Um wildes Baden in Flüssen zu verhindern und das Verhalten der Badegäste besser reglementieren zu können, begann Hamburg damit, öffentliche Flussbadeanstalten zu schaffen: zunächst auf der Elbe.
Die erste 1834 auf dem Grasbrook. Auf der Alster ging es 1869 mit der Badeanstalt Schwanenwik los. Von allen Badegelegenheiten Hamburgs war die „Alsterlust“ zweifellos die pompöseste. Dieser Vergnügungstempel, zu dem auch ein mondänes Restaurant gehörte, war 1888 auf der Außenalster nahe der Lombardsbrücke auf 813 Pfählen in den Fluss gestellt worden und erinnerte mit seinem überbordenden Luxus an römische Bäder der Antike.
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Beim Blankeneser Zimmervermietern klingelten die Kassen
Erreichbar war die „Alsterlust“ über eine geschwungene Steganlage, wurde außerdem von Dampfbooten angefahren. Urlaub auf Mallorca, an der Adria oder der Copacabana – so was kannten unsere Urgroßeltern noch nicht. Stattdessen gehörte es ab Mitte des 19. Jahrhunderts zum guten Ton, in die Sommerfrische an den Elbstrand zu fahren – nach Blankenese, Neumühlen oder Övelgönne.
Feriengäste mieteten sich bei Fischern und Schiffern ein, und deren Geschäft florierte. Vor allem bei Blankeneser Zimmervermietern klingelten die Kassen: „Die bisher hier zugezogenen Familien, welche Sommerwohnungen genommen haben, haben die Zahl 300 bereits überschritten“, berichteten im Juli 1899 die „Norddeutschen Nachrichten“. „Die Zahl der hier zugezogenen Sommergäste übersteigt die aus den Vorjahren schon recht erheblich.“ Und alle waren damals begeistert, schrieben ihren Verwandten Postkarten von der „Riviera der Unterelbe“.