Filz-Vorwurf: EU-Kommission kritisiert Senator Dressels Millionendeal
Anfang Januar hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) auf massiven Druck hin seinen umstrittenen Millionenauftrag an Parteifreund Nico Lumma zurückgezogen. Jetzt hat sich auch die EU-Kommission mit dem zweifelhaften Deal beschäftigt. Sie kritisiert die unter Filz-Verdacht stehende Direktvergabe deutlich.
Zur Erinnerung: Bei dem Deal zwischen dem Finanzsenator und dem Unternehmer Nico Lumma ging es um den Auftrag zur Förderung von Start-ups in der FinTech-Branche. Obwohl es sowohl in Hamburg, in Deutschland und erst recht in der EU zahlreiche Player gegeben hätte, die für den Auftrag in Frage gekommen wären, hatte Senator Dressel den SPD-Mann Lumma ausgewählt und dabei die vorgeschriebene EU-weite Ausschreibungspflicht umgangen.
Filz-Verdacht: Wo bleiben die Akten?
Zur Begründung hatte der Senator angegeben, es habe nur einen einzigen passenden Bewerber gegeben. Den Beweis, dass eine in solchen Fällen vorgeschriebene Markt-Erkundung durchgeführt wurde, ist die Behörde bis heute schuldig geblieben. Die Opposition hatte bereits Mitte Februar Akteneinsicht beantragt. Bisher ist die Dokumentation jedoch nicht vorgelegt worden.
Die EU-Kommission ist durch die Beschwerde eines Bürgers auf die Sache aufmerksam gemacht worden und hat den Vorgang geprüft. Ergebnis: „In dem von Ihnen dargelegten Fall ist es nicht ersichtlich, weshalb es nur einen bestimmten Anbieter geben könne, der die gewünschte Leistung erbringen kann“, heißt es in dem Schreiben vom 11. April, das der MOPO vorliegt.
EU-Kommission widerspricht Darstellung des Senators
Damit ist auch die seitens des Senators vor dem Haushaltsausschuss vorgebrachte Darlegung, man habe sich an die Vorschriften des Vergaberechts gehalten, hinfällig.
Glück für den Senator: Angesichts der hohen Zahl an Beschwerden verweist die Kommission darauf, dass sie sich bei der Weiterverfolgung nur auf Fälle konzentriere, bei denen ein systematischer Verstoß gegen EU-Recht erkennbar ist. Der Deal Dressel-Lumma wird als Einzelfall betrachtet. So lange, bis der nächste Verdachtsfall vorliegt.
Linksfraktion: „Verdacht der Begünstigung steht weiter im Raum“
Dazu erklärte David Stoop, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Die EU-Kommission hat zwar angekündigt, das Verfahren nicht weiter prüfen zu wollen, weil es sich aus ihrer Sicht nicht um eine generelle Praxis, sondern einen Einzelfall handele – die Darstellung des Senators, es handele sich um ein ordentliches Verfahren, ist jedoch widerlegt und der Verdacht der Begünstigung steht weiterhin im Raum“, so Stoop.
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Unklar ist auch nach wie vor, wie hoch die Kosten sind, die der Stadt durch den dubiosen Vorgang entstanden sind. Möglicherweise soll Lumma für den entgangenen Auftrag entschädigt werden. Stoop: „Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir endlich die Akten vorgelegt bekommen, um die Darstellungen der Finanzbehörde prüfen zu können. Es ist mehr als ärgerlich, dass uns diese immer noch nicht zur Verfügung gestellt wurden!“