Für Hamburgs neue Hafen-Flitzer: Was Hadag-Kapitäne jetzt lernen müssen
„Und jetzt noch ein bisschen mit dem Heck einschlagen“, gibt Edzard Kellermann routiniert Anweisungen. Er schult die Hadag-Schiffsführer aktuell für die neuen Hybrid-Fähren, die noch in diesem Jahr durch Hamburg schippern werden. Wann geht es los, was ist anders im Vergleich zu den alten Fähren und wie funktioniert das eigentlich genau mit dem Lenken? Auch die MOPO durfte mal kurz ans Steuer.
„Jetzt würde den Passagieren ziemlich schwindlig werden“, grinst Kellermann, während ich leicht schwitzend versuche, die Fähre um 180 Grad zu wenden und den nächsten Anleger anzusteuern. Mit dem Lenkrad lässt sich das Heck nach links und rechts bewegen, mit einem Knüppel der Bug. Bis so ein 200 Tonnen Schiff aber tatsächlich backbord oder steuerbord schwenkt, dauert es. Ungeduldig schlage ich das Rad stärker ein – ein Fehler. Meine Fahrgäste auf dem Deck wären bei dem Wendemanöver wahrscheinlich einfach in die Elbe geklatscht. Zum Glück ist es in diesem Fall nur ein Simulator.
An diesem Simulator lernen die Hadag-Schiffsführer aktuell, mit dem neuen Antrieb der Batterieschiffe umzugehen. „Das kann man nicht mit Autos vergleichen, die von Diesel auf Elektro umgestellt werden“, sagt Martin Lobmeyer, der sich den Hadag-Vorstand mit Tanja Cohrt teilt. „Für den Autofahrer ändert sich an der Funktionsweise grundsätzlich wenig, bei den Schiffen ist es ganz anders.“
Einer, der diese Umschulung bekommt, ist Jannik Seebauer. Der 32-Jährige hat 2014 seine Ausbildung bei der Hadag gemacht und ist seit 2017 im Hafen und auf der Elbe unterwegs. Am liebsten fährt er auf der vor allem bei Touristen beliebten Linie 62 von Landungsbrücken bis nach Finkenwerder. „Die ist mit ihren Anlegern am Fischmarkt und Elbstrand einfach deutlich abwechslungsreicher als zum Beispiel die Linie 68, die nur zwischen Teufelsbrück und Airbus hin und her pendelt“, sagt er.
Die Schulung für die neuen Hybrid-Fähren dauert einen Tag. „Der größte Unterschied ist, dass ich nicht mehr links lenken muss, wenn ich nach rechts fahren will, sondern tatsächlich nach rechts“, ist sein Fazit. Es sei zwar eine kleine Umgewöhnung, die wäre aber recht schnell verinnerlicht.
So viele Fahrgäste transportiert die Hadag jährlich in Hamburg
Jährlich bewegen die Fähren der Hadag um die zehn Millionen Menschen – zuletzt war das Unternehmen aber vor allem durch Ausfälle und Verspätungen auf allen Linien aufgefallen. Der Grund: Ein Engpass bei den Schiffsführern. „Seit August konnten wir zehn neue Mitarbeiter dazu gewinnen“, sagt Hadag-Chefin Tanja Cohrt jetzt. Derzeit seien 77 Schiffsführer angestellt, sie hätte gerne, dass es 83 sind. „Das Problem ist, dass der Pool im Hafen aktuell leergefegt ist. Deshalb bilden wir selbst aus.“ 14 Azubis sind bei der Hadag aktuell beschäftigt, im August kommen neun weitere dazu.
Die erste Hybrid-Fähre wird im Juni das erste Mal Fahrgäste von A nach B bringen, zwei weitere folgen in Abständen von drei Monaten. Bis zu 20 Prozent des Betriebes sollen so bald emissionsfrei sein. Warum nicht vollelektrisch? „Je schwerer das Schiff, desto mehr Wasserwiderstand“, erklärt Lobmeyer. „Bei einem vollelektrischen oder teilelektrischen Betrieb gibt es den Punkt, an dem zusätzliche Batteriekapazität der Betriebseffizienz schaden würde.“ Er hofft diesbezüglich auf die Weiterentwicklung der Technologie.
Meine simulierten Fahrgäste, denen nach der viel zu schnellen 180-Grad-Drehung sowieso schon schlecht geworden ist, hoffen wahrscheinlich eher, dass ich den Anleger ohne weitere Unfälle erreiche. Mit Anweisungen von Kellermann klappt das sogar – wenn auch mehr schlecht als recht.