Gesundheitskosten in Hamburg explodieren um Milliardenbetrag – die Gründe
Die Gesundheit der Hamburger wird dramatisch teurer: Um deutlich mehr als eine Milliarde Euro sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in den vergangenen Jahren gestiegen.
Die rund 1,6 Millionen gesetzlich versicherten Hamburgerinnen und Hamburger verursachten im Jahr 2022 Kosten in Höhe von rund 5,7 Milliarden Euro, meldet das Statistikamt Nord. Vergleicht man die Zahlen von 2017 bis 2022, ergibt das einen Anstieg um fast 1,3 Mrd. Euro. Das ist ein Anstieg um 28,2 Prozent.
Der größte Anteil der Gesamtausgaben im Jahr 2022 – etwas mehr als 1,8 Milliarden Euro, also rund ein Drittel – entfiel auf ärztliche Leistungen. Mit knapp 1,8 Milliarden Euro direkt dahinter rangieren die Waren. Dazu zählen unter anderem Arzneimittel, für die allein 1,2 Milliarden Euro aufgewendet wurden.
Hamburg: Gesundheitskosten der GKV explodieren
Für Pflege und therapeutische Leistungen zahlten Hamburgs gesetzliche Krankenkassen im Jahr 2022 ebenfalls rund 1,2 Milliarden Euro. Das sind 21,8 Prozent ihrer Gesamtausgaben.
Im Vergleich zu 2017 zeigt sich: Besonders deutlich stiegen die Ausgaben für den allgemeinen Gesundheitsschutz (plus 61,8 Prozent), Transporte (plus 46,1 Prozent), pflegerische Leistungen (plus 41,8 Prozent), therapeutische Leistungen (plus 37,1 Prozent) sowie Arzneimittel (plus 35,5 Prozent). Die geringsten Ausgabenzuwächse gab es im gleichen Zeitraum für den sonstigen medizinischen Bedarf (plus 0,9 Prozent) und die Früherkennung von Krankheiten (plus 10,9 Prozent).
Das sagt die AOK zum Anstieg der Ausgaben in Hamburg
Doch warum ist die Gesundheit der Hamburger so teuer geworden? Einen Erklärungsansatz liefert die AOK Rheinland/Hamburg. Zum einen: Die „qualitativ hochwertige Angebotsstruktur“ der „Medizin-Metropole“ Hamburg mache die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung generell teurer, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Matthias Mohrmann gegenüber der MOPO.
Aber er nennt auch andere Faktoren, die aus seiner Sicht eine Rolle bei der Kostenexplosion von 2017 bis 2022 spielen. So habe die Kostendämpfung in der Gesundheitspolitik „in den letzten Jahren keine nennenswerte Rolle gespielt“, so Mohrmann.
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Auch Pharmaindustrie und Politik bekommen ihr Fett weg: „Industriefreundliche Rahmensetzungen“ etwa bei Medizinprodukten und Arzneimitteln hätten die Ausgaben zusätzlich in die Höhe getrieben. „Wirtschaftsförderung mag sinnvoll sein, aber sie muss aus Steuermitteln finanziert werden und darf nicht auf dem Rücken der Beitragszahlenden erfolgen“, fordert der AOK-Chef.
Der Gesundheitsbehörde zufolge ist Hamburg jedoch kein Sonderfall. „Die Ausgaben je Versicherten sind in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) insgesamt in Deutschland über alle Leistungsarten hinweg in den zurückliegenden Jahren deutlich angestiegen“, sagt ein Sprecher der MOPO. Für Hamburg ergäben sich „keine besonderen Auffälligkeiten“.
Wie die AOK sieht auch die Interessenvertretung der Krankenkassen, der GKV-Spitzenverband, Fehlentscheidungen der Politik als Grund für die Kostensteigerung. „Immer neue Gesetze, die die gesundheitliche Versorgung kaum besser, dafür aber deutlich teurer machen, lösen die strukturellen Probleme der GKV nicht“, klagte die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer in einer Pressemitteilung angesichts der steigenden Ausgaben, die wiederum höhere Beiträge der Versicherten erforderlich machen würden. Als Beispiel nennt sie das geplante Krankenhausverbesserungsgesetz.
Das sagt die Bundesregierung zur Kostenexplosion bei den GKV
Die Bundesregierung hingegen sieht die Ursachen für die steigenden Kosten – und Beiträge – erwartungsgemäß woanders. Das geht aus ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom November 2024 hervor.
Der damals noch regierenden Ampel zufolge liegen die Anstiege zum einen in der Inflation, zum anderen an den Versäumnissen der Vorgängerregierungen: „Andererseits ist der starke Ausgabenanstieg auch Ergebnis des Umstands, dass in den letzten zehn bis 15 Jahren versäumt wurde, die Strukturen des Gesundheitswesens zu modernisieren“, heißt es. „Teils ineffiziente Strukturen treffen auf eine demographisch bedingt steigende Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und einen preisintensiven medizinisch-technischen Fortschritt.“ (mp)