Sie sorgt für faire Wohlfühl-Unterwäsche
Juliane hatte keine Lust mehr auf BHs, die aussehen, als hätte sie sich am Kleiderschrank ihrer Oma bedient. „In großen Größen gibt es eh wenig und dann auch nur Looks, die nicht mal unsere Großmütter anziehen würden.“ Deshalb gründete Juliane Bock (37) Tukea. Das Hamburger Start-up setzt auf Stil, Form und Nachhaltigkeit.
Tukea ist finnisch und bedeutet „Unterstützung“. „Ich habe den Namen gewählt, weil wir die Frauen, die Brüste und die Natur unterstützen“, sagt Juliane, die ganz zu Anfang noch allein arbeitete. Ihre Partnerin Louise Unger lernte sie kurz darauf bei einem Online-Workshop kennen.
Tukea: Nach einem Jahr gab’s die ersten Prototypen
Die gelernte Modedesignerin kümmert sich um die Schnitte. Ein Jahr dauerte es bis die ersten Prototypen fertig waren. „Ich musste jeden testen. Immer wieder wurde geändert, bis der bügellose BH perfekt saß“, sagt Juliane, die von allen Jule genannt wird.
Mittlerweile hat das Unternehmen eine Produktionsfirma in Bulgarien gefunden, die die Gründerinnen auch schon besucht haben. Ein Familienbetrieb, der sich auf kleine, nachhaltige Unternehmen spezialisiert hat. Kurze Lieferwege, faire Arbeitsbedingungen. Das war den Frauen wichtig.
10.000 Euro für Projekte mit Zukunft
Wie kommt man drauf? Wie funktioniert das? Wie hält man das durch? Wofür braucht man das? Die MOPO und About You stellen Hamburger Macher:innen und ihre nachhaltigen Start-Ups vor. Jeden zweiten Freitag in der Zeitung. Und im Netz unter mopo.de/gruenegruender. Hier gibt’s auch den Podcast im Elevator-Pitch-Format. Im Herbst küren die MOPO und About You-Mitgründer Tarek Müller das vielversprechendste Projekt von allen vorgestellten Gründer:innen. Es gibt ein Preisgeld von 10.000 Euro.
Sie besuchten auch Produktionsfirmen in Deutschland. „Da wären wir aber schnell bei Preisen, die keiner bereit ist zu bezahlen. Die Kundinnen hätten am Ende locker 150 Euro für einen BH zahlen müssen.“ Nun kostet er 89 Euro. Die Unterhosen liegen bei etwa 34 Euro.
Tukea-Gründerin Juliane Bock im „Grüne Gründer“-Podcast
Anfangs wollte Juliane bloß Unterwäsche in großen Größen schaffen, die bequem und schön ist. Schnell war ihr jedoch klar: Es müssen nachhaltige Produkte sein. „Wenn man sich die Entwicklungen anschaut, müsste es für jedes neu gegründete Unternehmen selbstverständlich sein, sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen zu schreiben.“ Ihr Ziel ist es einen komplett biologisch abbaubaren BH zu produzieren.
Tukea: Noch wirft das Start-up nicht viel ab
Das sei momentan jedoch noch nicht möglich. „Wir haben bei den Stoffen sehr große Mindestbestellmengen. Das schaffen wir finanziell noch nicht und müssen aktuell zum Teil noch mit konventionellen Materialien arbeiten.“
Bisher wirft das Start-up noch nicht viel ab. Deshalb hat Juliane nebenbei wieder einen 450-Euro-Job angenommen. Nach mehr als einem Jahr ohne Geldverdienen wurde es knapp. „Ich habe niemanden, der mir die Miete bezahlt“, sagt die Frau, die alleine mit ihrem vierjährigen Sohn in einer gemütlichen Altbauwohnung in Hoheluft lebt.
Tukea: Crowdfunding-Kampagne beendet
Vorher hatte die Betriebswirtin jahrelang im Vertrieb gearbeitet. Online-Werbeflächen an Firmen verkaufen. Zuletzt machte es ihr weder Spaß, noch sah sie irgendeinen Sinn darin. „Es änderte nichts an der Welt, ob ich das jetzt mache oder nicht. Es hört sich abgedroschen an, aber ich möchte etwas verändern.“
Zahlen, Daten, Fakten
Gründung: Mitte 2021
In Hamburg seit: 2021
Förderung: 5000 Euro
Startkapital: 25.000 Euro
Mitarbeiter heute: 2
Mitarbeiter in fünf Jahren: 100 plus Produktionsfirma
Gerade wurde eine Crowdfunding-Kampagne beendet, bei der mehr als 100 Kundinnen Produkte vorbestellt haben, die jetzt produziert werden. Allerdings müssen sich die Käuferinnen etwas gedulden. „Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch, dass wir nicht auf Verdacht wahnsinnige Mengen auf Lager haben, die am Ende keiner kauft. Produkte vernichten zu müssen, wäre für uns sehr bitter.“
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Wer im Online-Shop bestellt, muss im Zweifel bis zu drei Monate warten – sollte eine der Größen (65 C bis 95 H) nicht auf Lager sein.
Juliane ist sich sicher, dass sie bald durchstarten werden. Sie ist froh, das Start-up gegründet zu haben. Auch wenn es ein sehr großes Risiko gewesen sei. „Ich bin da total blauäugig rangegangen. Es war gut, dass ich nicht wusste, was insbesondere bei der Beschaffung von Stoffen auf mich zukommt. Sonst hätte ich es mich wahrscheinlich nicht getraut“, sagt die Gründerin, nimmt stolz einen schwarzen BH in die Hand und hält ihn hoch. Juliane ist sicher: „Die Arbeit hat sich gelohnt.“