Was ein Hamburger mit Farbe fürs Klima tut
Lutz ist das schwarze Schaf seiner Familie. Das sagt er zumindest selber. Alle sind im Malerhandwerk. Nur er nicht. Das war noch nie sein Ding. „Nun gehe ich doch zurück zu meinen Wurzeln. Ein gutes Gefühl“, so der Vermarktungs-Experte. Lutz Nierhoff (54) aus Eimsbüttel macht jetzt in Farbe. Eine besondere. Sein Start-up „Thermacote“ hat eine thermisch isolierende Beschichtung entwickeln lassen. Sie sorgt dafür, dass Gebäude energieeffizienter werden. Um die Klimaziele zu erreichen. Und damit Immobilienbesitzer Geld sparen.
Seine gesamte Kindheit verbrachte Lutz im Malerbetrieb. Schließlich war das sein Zuhause. Ein großer Hof mit Werkstatt, Garagen und Wohnhaus in Steinhagen in der Nähe von Bielefeld. Doch nach dem Abitur Maler werden? Das wollte er nicht und machte den „Klassiker“: Eine Banklehre. Nachdem er auch noch Volkswirtschaft studiert hatte, ging er nach Hamburg zu „Gruner + Jahr“. Vom Trainee arbeitete er sich hoch bis zum Vize-Verlagsleiter der Familienzeitschriften, später zum Anzeigenleiter. Danach wurde er bei Burda Verlagsleiter für das Hamburger Portfolio. Eine steile Karriere. Doch Lutz stieg aus.
Podcast Grüne Gründer: Klimaschutz zum Pinseln
Nach 15 Jahren in Konzernen wollte er sich selbstständig machen und gründete eine Beratungsagentur für Start-ups und mittelständische Unternehmen. Das macht er bis heute. Deshalb hatte Lutz auch keine schlaflosen Nächte bei der Gründung von „Thermacote“. Der Unternehmer hat schon zweimal gegründet und ist überzeugt davon, dass das Produkt laufen wird. „Thermacote“ ist eine Farbe, die hauptsächlich aus Keramik-Plättchen besteht. „Die legen sich quasi wie ein Schuppenpanzer übereinander und sorgen für eine perfekte Isolierung.“
Start-up „Thermacote“: Klimaschutz, der den Geldbeutel schont
Der Anstrich (Quadratmeterpreis: 60 bis 80 Euro) wird auf Dach und Wände aufgetragen und sorgt für warme Räume im Winter und kühle im Sommer. „Es gibt in jedem Gebäude Öffnungen, durch die Energie verloren geht. Das kann im Extremfall ein Drittel der eingesetzten Energie sein.“ Der Vater von zwei jugendlichen Kindern macht kein Geheimnis draus. Nachhaltigkeit ist für ihn ein wichtiges Thema. Allerdings war die Kernfrage: Kann man damit Geld verdienen? „Für den totalen Idealismus bin ich zu alt. Wir wollen einen Beitrag leisten zur Klimaneutralität, aber auch dafür sorgen, dass die Immobilienbesitzer Kosten sparen.“
10.000 Euro für Projekte mit Zukunft
Wie kommt man drauf? Wie funktioniert das? Wie hält man das durch? Wofür braucht man das? Die MOPO und About You stellen Hamburger Macher:innen und ihre nachhaltigen Start-Ups vor. Jeden zweiten Freitag in der Zeitung. Und im Netz unter mopo.de/gruenegruender. Hier gibt’s auch den Podcast im Elevator-Pitch-Format. Im Herbst küren die MOPO und About You-Mitgründer Tarek Müller das vielversprechendste Projekt von allen vorgestellten Gründer:innen. Es gibt ein Preisgeld von 10.000 Euro.
Wie wichtig energieeffiziente Gebäude sind, erklärt Lutz anhand eines Vergleichs: Es gibt in Deutschland ungefähr 43 Millionen private PKW, die pro Jahr etwa 115 Millionen Tonnen Co2 emittieren. Immobilien gibt es 21 Millionen in Deutschland. Sie emittieren 130 Millionen Tonnen Co2. „Jeder spricht über Autos. Aber ohne eine energetische Sanierung der Immobilien wird es nicht möglich sein, die Klimaziele zu erreichen.“
Momenten ist „Thermacote“ in der Markteinführungsphase. Geld verdient das Start-up noch nicht. „Das können wir ertragen, weil wir alle auch noch in anderen Projekten unterwegs sind. Damit verdienen wir das Geld, um unseren Kühlschrank zu füllen.“ Im ersten Schritt wollen die Macher jetzt erst einmal gewerbliche Unternehmen ins Visier nehmen. Und danach alle anderen. Lutz und seine drei Partner sind sich sicher: Wenn die Markteinführung geschafft ist, „gibt es kein Halten mehr.“
Für den Geschäftsmann wäre der Erfolg von „Thermacote“ auch ein Schritt in eine andere Richtung. Er möchte sich gerne ehrenamtlich engagieren und kleine Unternehmen und Initiativen beraten. Umweltvereine. Soziale Projekte. Er möchte sein Berater-Wissen einbringen. Für einen guten Zweck.
Zahlen, Daten, Fakten über „Thermacote“
Idee: 2020
Gründung: 2020
Startkapital: 100.000 Euro
Mitarbeiter: vier Festangestellte und zwölf freie Außendienstler
Und in fünf Jahren? 300