Häusliche Gewalt: Fälle wegen Corona: So sieht es aktuell in Hamburg aus
Isoliert und ausgeliefert: Experten befürchten, dass es ähnlich wie in China, Italien und Spanien auch in Deutschland vermehrt zu häuslicher Gewalt während der Corona-Krise kommen könnte. Besonders Kinder, Jugendliche und Frauen sind gefährdet. Die MOPO hat bei Hilfseinrichtungen, Sozialbehörde und Polizei nachgefragt, wie die Situation sich aktuell entwickelt.
„Momentan haben sich bei der Notaufnahme noch nicht mehr Frauen gemeldet als sonst. Allerdings gab es mehr Anfragen per Mail, was zu tun ist, wenn jemand sich in dieser oder jener Situation befindet. Wir erwarten auch, dass es erst später zu einem Anstieg der Fälle kommen wird“, sagt Anika Ziemba vom 4. Hamburger Frauenhaus. Auch Frauen, die zu Hause Gewalt erfahren aber in Risikogruppen sind oder mit Corona infiziert, können hier Hilfe erhalten. Inzwischen gäbe es Möglichkeiten diese anderweitig unterzubringen und sie telefonisch zu beraten.
Kinderschutzbund: Sich Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Schwäche
Beim Hamburger Kinderschutzbund gibt es bisher ebenfalls keinen Anstieg von Hilfsbedürftigen: „Das Elterntelefon und die Telefonsprechstunde auf arabisch und farsi werden beide gut angenommen. Aber es ist noch nicht so, dass eine Masse an neuen Klienten anruft“, sagt Andreas Slüter, Geschäftsführer des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hamburg. Slüter betont, dass Menschen in jeder gesellschaftlichen Schicht momentan Stress erleben. Sich Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Schwäche.
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„Viele Eltern haben am Telefon Fragen zur Perspektive. Andere leben getrennt und wollen wissen, wie sie Kontakt zum Kind halten können. Hierbei ist es wichtig, dass sich die Eltern untereinander absprechen“, sagt Slüter. Das Kind sollte nicht unter der aktuellen Situation leiden und einen der Elternteile vermissen müssen. Anrufe, Videochats und andere Hilfsmittel können die Wartezeit zum nächsten Wiedersehen etwas leichter machen.
Häusliche Gewalt: Das sagen Sozialbehörde und Polizei
Auch in einer kleinen Stadtwohnung, kann die Luft manchmal dick werden, wenn alle Familienmitglieder gemeinsam zu Hause sind. „Man sollte mal rausgehen, spazieren und es akzeptieren, wenn ein Familienmitglied gerade nicht beteiligt sein möchte und Zeit für sich braucht“, sagt Slüter.
Die offiziellen Statistiken bestätigen den Eindruck der Helfer vor Ort, auf Nachfrage der MOPO bei Sozialbehörde und Polizei gibt es bislang keinen Anstieg von häuslicher Gewalt in der Stadt. „Ganz im Gegenteil, im Moment sind die Zahlen noch sinkend“, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün dem Radiosender Hamburg Zwei. Trotzdem habe man dieses Deliktsfeld im Auge.
Experten erwarten, dass sich ein Anstieg in den Statistiken sowieso erst später bemerkbar machen würde, weil sich viele Betroffene nicht sofort melden.
Corona-Sorgen: Das Hamburger Eltern-Telefon
Die Stadt Hamburg hat für Eltern, die Hilfe benötigen, ein Corona-Sorgen-Telefon eingerichtet. Kostenlos und anonym können sich Mütter und Väter montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter folgenden Telefonnummern beraten lassen: (040) 428 12 8209 oder (040) 428 12 8219 oder (040) 428 12 8050.
Weitere Hilfe-Nummern:
Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Telefon: 040/ 428 15 – 3200 (24 Stunden erreichbar)
Bundeshilfetelefon: 08000 116 016 sowie online unter www.hilfetelefon.de.
Deutscher Kinderschutzbund Hamburg
Elterntelefon: 0800-111 0 550
Kinderschutzzentrum Hamburg: 040-431 79 48 0
Kinderschutzzentrum Harburg: 040-79 01 040
Zusätzlich hat das Kinderschuttzentrum Hamburg Mo-Fr 10-12 Uhr eine Telefonsprechstunde auf arabisch und farsi eingerichtet.
In allen anderen Notfällen
Telefon 110 (Polizei) oder Telefon 112 (Feuerwehr)