Wilder Streik bei der HHLA: Protest gegen den Hafen-Deal mit MSC
Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA haben am Montag für den umstrittenen Teilverkauf des Hamburger Hafenkonzerns an MSC gestimmt – obwohl das Geschäft mit der Schweizer Reederei weiter für Unruhe im Hafen sorgt: „Unser Hafen, nicht euer Casino“ heißt es auf zahlreichen Transparenten überall in der Stadt. Für kommenden Samstag ist eine Kundgebung auf dem Rathausmarkt geplant – schon zuvor kam es zu einem wilden Streik.
Erst am Freitag hatte der Konzernbetriebsrat der HHLA vor dem MSC-Deal gewarnt. Zu groß sei die Gefahr einer Abhängigkeit von den Interessen der global tätigen Reederei. Zu groß die Gefahr einer Schwächung des Standorts Hamburg, eines Stellenabbaus und eines Schadens für die Stadtkasse.
HHLA schlägt Bedenken des Betriebsrats in den Wind
Bis Montag hatten auch der Vorstand und der Aufsichtsrat Zeit, das Angebot von MSC zu prüfen und mögliche Änderungen vorzuschlagen. Die Bedenken der Betriebsräte und der Belegschaft schlugen sie in den Wind.
In einer gemeinsamen Stellungnahme gaben die beiden Gremien bekannt, dass sie „den Aktionären die Annahme des Angebotes“ empfehlen. Man habe die Angemessenheit des Angebotes „sorgfältig und umfassend analysiert“ und dabei neben dem Börsenkurs, Analysteneinschätzungen und eigenen Bewertungen auch ein unabhängiges durch die Citigroup erstelltes Gutachten zu Rate gezogen. Im Ergebnis halte man den Angebotspreis von 16,75 Euro pro A-Aktie für angemessen.
In den kommenden Wochen würden einzelne im Vorvertrag zwischen MSC, der Stadt Hamburg und der HHLA festgehaltene Vereinbarungen, die noch nicht bis ins Detail geregelt sind, weiter ausgearbeitet. An den Kernpunkten des Vorvertrags wie den 450 Millionen Euro Eigenkapital, welche die Stadt Hamburg und MSC der HHLA zur Verfügung stellen, der Neutralität und Unabhängigkeit des HHLA-Geschäftsmodells, der Entscheidungshoheit über die HHLA-Investitionsplanung und der Fortführung bestehender Strategien sei nichts zu Rütteln. Ebensowenig wie am Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für mindestens fünf Jahre.
HHLA stimmt für Teilverkauf: Kritik von Verdi
Rüdiger Grube, Vorsitzender des Aufsichtsrats der HHLA, erklärte: „Da der Angebotspreis nach entsprechender Prüfung als angemessen bewertet wird, empfiehlt der Aufsichtsrat, wie auch der Vorstand der HHLA die Annahme des Angebots von MSC.“ Die Vereinbarungen würden die Zukunftsfähigkeit der HHLA und ihres Geschäftsmodells sichern.
Die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath hielt fest: „Die weitgehenden Vereinbarungen und das zusätzliche finanzielle Engagement von MSC unterstreichen nach unserer Einschätzung auch die Attraktivität der HHLA und ihrer Strategie sowie das nachhaltige Interesse von MSC an einer langfristig erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens.“ Man sei zuversichtlich, noch ausstehenden Punkte in den nächsten Wochen regeln zu können.
Die Bürgerschaft wird in den nächsten Wochen eine Entscheidung zum Verkauf der städtischen Anteile an MSC treffen. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erklärten in einem gemeinsamen Statement: „Die heute getroffenen Verabredungen sind eine stabile Grundlage, um unsere strategische Partnerschaft weiter mit Leben zu füllen. Sie versetzen uns in die Lage, die Entwicklung des Hamburger Hafens mit viel Kraft weiter voranzubringen.“
Der Teilverkauf an MSC sei auch für die Kunden des Hafens wichtig, weil er ihnen Verlässlichkeit garantiere. Im Hinblick auf die Sorgen der Konzernbetriebsräte erklärten Leonhard und Dressel: „Auch für die Beschäftigten ist schwarz auf weiß festgehalten, dass die bestehende Mitbestimmung erhalten bleibt.“
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Kritik kam von der Gewerkschaft Verdi. „Wir sind nach wie vor gegen einen Verkauf öffentlichen Eigentums der Stadt Hamburg. Die Risiken der Umsetzung sind vielfältig und die Sorge, dass zukünftige Entscheidungen zu Lasten der Beschäftigten getroffen werden, hoch“, so Fachbereichsleiter André Kretschmar.
HHLA: Wilder Streik nach Entscheidung der Geschäftsführung
Die Belegschaft reagierte entsetzt auf die Stellungnahme des HHLA-Vorstands und Aufsichtsrats. Am Containerterminal Burchardkai (CTB) kam es zu einem spontanen, wilden Streik, an dem sich rund hundert Arbeiter, also fast die gesamte Schicht, beteiligten. Wütend versammelten sich die Menschen vor dem Tor.
CTB-Betriebsrätin Jana Kamischke erklärte gegenüber der MOPO, der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für fünf Jahre sei nichts wert. „Wir fühlen uns als Arbeitnehmer nicht ernst genommen!“, so Kamischke. Am Dienstagmorgen ging der Streik weiter. Auch die zweite Schicht legte am Burchardkai die Arbeit nieder und versammelte sich am Seemannsclub „Duckdalben“.