Wohnungen in Hamburg: Wie ein billiger Trick für horrende Summen sorgt
Mietpreisbremse? Interessiert Vermieter, die Schrank, Stuhl und Bett in ihre Wohnungen stellen, nicht. Zwar gilt auch für möblierte Angebote eine Obergrenze, aber nur auf dem Papier. Rechtlich ist es eine Grauzone. Das Problem ist seit Jahren bekannt und ebenso lange sucht der Senat nach einer Lösung – aber es tut sich nichts.
Mit ein paar Möbeln ist auch in Hamburg fast alles möglich. Eine „moderne und gemütlich eingerichtete Wohnung“ in Eppendorf mit 114 Quadratmetern und drei Zimmern gibt es für fast 3.500 Euro Kaltmiete pro Monat. Eine möblierte 1-Zimmer-Wohnung mit 40 Quadratmetern in Barmbek-Süd ist für 990 Euro Kaltmiete inseriert. Gesetzlich ist bisher nicht geregelt, wie hoch der Zuschlag für eine möblierte Wohnung sein darf. Außerdem muss der Vermieter nicht offenlegen, wie er den Zuschlag berechnet hat.
Das Geschäft mit möblierten Wohnungen
„Der Immobilienmarkt mit möblierten Wohnungen ist seit der Einführung der Mietpreisbremse in Hamburg im Jahre 2015 gewachsen“, sagt Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. Nach einer Studie der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH gab es im ersten Quartal 2021 in Hamburg 2.156 Angebote in diesem Bereich. Im Vergleich zum Vorjahr liegt das Niveau des Angebotsvolumens damit um 4 Prozent höher.
Der Mittelwert für eine möblierte Wohnung liegt in Hamburg laut der Studie bei 22, 39 Euro pro Quadratmeter. Die meisten möblierten Wohnungen werden in Winterhude angeboten, dahinter folgen Barmbek und Eimsbüttel. Häufig sind die Wohnungen sehr zentral in der Nähe großer Firmen oder Kultureinrichtungen gelegen.
Hamburg: Abzocke mit arglosen Mietern
Das Geschäft mit ihnen hat System. Oft würden sich solche Vermieter gezielt bestimmte Mietergruppen aussuchen, sagt Siegmund Chychla vom Mieterverein. Meist seien es Menschen, die aus dem Ausland kommen, neu in Hamburg sind und auch nicht lange bleiben wollen. „Sie kennen sich nicht mit dem Wohnungsmarkt in der Stadt aus und werden nicht selten so zu leichten Opfern der Habgier“, sagt Chychla.
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„Viele Vermieter meinen, die Mietpreisbremse gilt nicht für möblierte Wohnungen”, erklärt Chychla. „Das ist ein Märchen.“ Auch wenn die Wohnung möbliert ist, dürfe der Vermieter bei Neuvermietung die ortsüblichen Vergleichsmiete eigentlich um allenfalls 10 Prozent überschreiten.
Wohnen: Möbel verlieren an Wert
Was es für den Vermieter ebenfalls zu beachten gilt: Möbel können qualitativ sehr unterschiedlich sein und nutzen sich ab. In einer Wohnung verlieren sie nach dem sogenannten Hamburger Modell nach sieben Jahren rund 70 Prozent ihres Werts, so Chychla. Möbel für 5.000 Euro wären so nach sieben Jahren nur noch 1.500 Euro wert.
Das müsste sich demnach auch im Mietzuschlag zeigen: „Bei einer Kapitalverzinsung von 12 Prozent müsste dann der im ersten Jahr 105 Euro betragene Zuschlag jährlich bis auf 15 Euro im achten Jahr gesenkt werden. Für eine 60 Quadratmeter große Wohnung wäre ein Zuschlag pro Quadratmeter von zunächst 1,75 Euro gerechtfertigt, der sich dann bis auf 0,25 Euro reduzieren würde.“
Hamburg prüft Gesetzesinitiative
Damit sich in Hamburg aber etwas bewegt, muss auf Bundesebene eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Die rot-grünen Regierungsfraktionen hatten Ende 2019 einen Antrag eingebracht, in dem sie klare Regeln für die Vermietung möblierter Wohnungen fordern. Eine gesetzliche Regelung fordert auch der Mieterverein zu Hamburg. „Dann könnte man diesen ganzen Sumpf trockenlegen. Momentan ist das noch eine Grauzone“, sagt Chychla.
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Mietern rät Chychla, sich im Fall einer überteuerten möblierten Wohnung direkt an den Mieterverein oder einen Anwalt zu wenden. Die ortsübliche Miete werde dann im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung notfalls durch das Gutachten eines Sachverständigen ermittelt. Der Stadtentwicklungsbehörde ist das Problem bekannt. „Hamburg prüft deshalb derzeit eine Gesetzesinitiative auf der für das Mietrecht maßgeblichen Bundesebene. Details dazu stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest“, sagt Sprecherin Susanne Enz auf MOPO-Anfrage.