Hamburg auf dem 1. Platz des Pleite-Rankings: Privatinsolvenzen verdoppelt
Eine Gesetzesänderung im Insolvenzrecht sorgte im Jahr 2021 für Trubel: Die Privatinsolvenzen in Deutschland stiegen daher deutlich an. Den Norden traf es hierbei besonders hart: Laut Ergebnissen des „Schuldenbarometer 2021“ des Informationsdienstleisters CRIF gibt es in Hamburg, Niedersachsen und Bremen mehr als doppelt so viele Privatinsolvenzen als 2020.
Insgesamt 109.031 private Insolvenzen wurden laut dem Schuldenbarometer im Jahr 2021 beantragt – und damit 93,6 Prozent mehr als im Vorjahr. 2020 waren es nämlich nur 56.324 Privatinsolvenzen, die in Deutschland angemeldet wurden. Nachdem die Zahlen zehn Jahre lang gesunken waren, stiegen die Privatinsolvenzen 2021 nun erstmals wieder. Der Rekord aus dem Jahr 2010, in dem 139.110 Privatinsolvenzen gezählt wurden, wurde jedoch nicht geknackt.
Pleite-Ranking: Norden besonders stark betroffen
Größtenteils sei der starke Anstieg an Privatinsolvenzen im vergangenen Jahr darauf zurückzuführen, „dass viele Privatpersonen entsprechende Anträge auf eine Insolvenz im Jahr 2020 zurückgehalten haben“, erklärt Frank Schlein, Geschäftsführer von CRIF Deutschland. „Die Betroffenen wollten von einer Gesetzesreform profitieren und die angekündigte Reduzierung der Laufzeit des Verfahrens von sechs auf drei Jahre nutzen und stellten den Antrag folglich erst im Jahr 2021“. Wegen dieses Aufholeffekts wurde die Zahl der Privatinsolvenzen stark nach oben getrieben, so Schlein.
Das könnte sie auch interessieren: Pleite-Gefahr! Hamburgs Gastronomen droht die Massen-Insolvenz
Besonders in Hamburg, Niederachsen und Bremen war das der Fall: Mehr als doppelt so hoch als 2020 waren hier die Anmeldungen der Privatinsolvenzen im Jahr 2021. Bremen führt die bundesweite Statistik demnach mit 247 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern an, es folgt Niedersachsen mit 180 privaten Insolvenzen. In Hamburg wurden 172 Insolvenzfällen je 100.000 Einwohner verzeichnet – damit steht die Hansestadt mit plus 135 Prozent mehr Privatinsolvenzen an der Spitze des prozentualen Rankings.
Über dem Bundesdurchschnitt von 131 Privatinsolvenzen berechnet auf 100.000 Einwohner rangieren mit Mecklenburg-Vorpommern (170), Schleswig-Holstein (163), Saarland (160), Nordrhein-Westfalen (152), Berlin (137), Brandenburg (135) und Sachsen-Anhalt (132) sieben weitere Bundesländer.
Auswirkungen der Corona-Pandemie: Privatinsolvenzen steigen
Auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie hatten im vergangenen Jahr einen Einfluss auf die Privatinsolvenzzahlen, heißt es. Bei vielen Arbeitnehmer:innen und Selbstständigen, die während der Pandemie ihre Arbeit ganz oder teilweise verloren haben, sind die finanziellen Polster irgendwann aufgebraucht. „Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie schnell unvorhersehbare externe Ereignisse Menschen unerwartet in eine finanzielle Schieflage bringen können“, so Schlein.
Auch in diesem Jahr bleibe die finanzielle Lage der Verbraucher:innen aus diesem Grund noch angespannt: „Die finanziellen Reserven vieler Betroffener sind aufgebraucht. Dazu kommen die stetig steigenden Miet- und Energiepreise. Daher gehen wir auch 2022 von weiter hohen Privatinsolvenzzahlen aus. In diesem Jahr sind erneut bis zu 110.000 Fälle möglich“, so Dr. Schlein.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Es sei aber ein Irrglaube, dass Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden, zwingend hoch verschuldet sein müssen. In der Gesamtsumme hat ein Großteil der Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden, Schulden unter 10.000 Euro. Die mittlere Schuldenhöhe liegt derzeit bei knapp unter 19.000 Euro.