• Der Weihnachtsmann besucht die Kinder im Nissenhüttenlager: Hamburg in der Nachkriegszeit.
  • Foto: privat/hfr

Hamburg im Jahr 1945: Weihnachten nach dem Krieg – Erinnerungen gesucht

Mit seinem Spruch, Weihnachten 2020 werde das furchtbarste seit 1945, hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einen ziemlichen Bock geschossen – findet jedenfalls MOPO-Leser Hans-Uwe Seib (81) aus Eidelstedt. Der erinnert sich daran, wie er Ende November 1945 gemeinsam mit Mutter und Oma nach langer Flucht nach Hamburg kam. Wenn etwas schlimm war, dann das!

„Ende November 1945 kamen wir drei „Buten-Hamburger“ – Oma, Mama und ich  zurück nach Hamburg und fanden uns in einem Wohnlager zwischen Gaußstraße und Barnerstraße in Ottensen wieder – einem ehemaligen Arbeitslager für KZ-Häftlinge. Weihnachten stand ein nackter Tannenbaum in unserem  Raum, den wir uns mit 25 Menschen teilen mussten. Es gab Wassersuppe und Maisbrot aus der Gemeinschaftsküche zu essen. Wir sangen Weihnachtslieder. ,Stille Nacht, heilige Nacht’ ist seither mein Lieblings-Weihnachtslied. Geschenke? Nö, gab’s nicht! Wir waren froh, noch am Leben zu sein..!“

Winter im Nissenhüttenlager

Schlittenfahren im Nissenhüttenlager: Ein Foto aus der Nachkriegszeit

Foto:

Staatsarchiv Hamburg

Was Weihnachten 1946 angeht, kann sich Seib nur an den Dorsch-Lebertran erinnern, den die Kinder im Lager im Winter einmal wöchentlich in der Krankenstation einnehmen mussten. „Bääääähhh! Aber dadurch sind wir wohl recht ordentlich über diese schlimme Zeit gekommen.“

Weihnachten in Hamburg 1945: Erinnerungen gesucht

Und Weihnachten 1947? „Da hatten wir drei bereis ein eigenes Zimmer! Rund 15 Quadratmeter groß. Eine Tür gab es nicht, sondern nur einen Vorhang zum Zuziehen, denn dahinter war gleich der Durchgang zum nächsten Zimmer. Eine Weihnachtsfeier gab es immer noch nicht. Nur wir Kinder versammelten uns wieder in der Krankenstation zum Weihnachtslieder-Singen.“

Weihnachten 1948 steppte endlich der Bär!

Dann aber Weihnachten 1948: „Da steppte der Bär! Am 23. Mai wurde das Grundgesetz verkündet. Am 20. Juni fand die erste Geldausgabe der D-Mark statt! Und im Laufe des Sommers erlebten wir drei einen weiteren sozialen Aufstieg, denn wir zogen schon wieder in ein größeres Zimmer um! Dieses Mal sogar abschließbar, mit Fenster und einem kleinen Herd, auf dem Oma nun auch für uns etwas kochen konnte, denn die Gemeinschaftsküche war geschlossen worden. So, nun konnte das Leben beginnen!“ 

Weihnachten in der Nissenhütte

42.000 Hamburger lebten bis in die 50er Jahre in sogenannten Nissenhütten: Das sind Wellblechhütten mit spärlicher Einrichtung

Foto:

Staatsarchiv Hamburg

Soviel zum Thema: Das Weihnachtsfest 2020 wird das schrecklichste seit dem Krieg … 

Haben auch Sie Erinnerungen an Weihnachten in der Nachkriegszeit? Schreiben Sie mir! Gerne mit Fotos, falls sie welche haben. Per Mail an olaf.wunder@mopo.de oder als Brief an die MOPO, Olaf Wunder, Barnerstraße 14, 22765 Hamburg.

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