Mehrere Hundert Menschen haben am Sonntag in Hamburg der Opfer der Hamas gedacht und die sofortige Freilassung aller Geiseln gefordert.
  • Mehrere Hundert Menschen haben am Sonntag in Hamburg der Opfer der Hamas gedacht und die sofortige Freilassung aller Geiseln gefordert.
  • Foto: picture alliance/dpa | Markus Klemm

Hamburg streitet um Gedenken an die Opfer der Hamas

Ein Jahr liegt das Massaker der Hamas mittlerweile zurück. Am 7. Oktober 2023 fielen die Terroristen in Israel ein, töteten mehr als 1.200 Menschen und nahmen weitere 250 als Geiseln. Aus diesem Anlass fanden am Sonntag bundesweit Gedenkveranstaltungen statt. Auch in Hamburg – allerdings ohne offizielle Beteiligung des Senats.

Hunderte Menschen zogen am Sonntagmittag gemeinsam um die Außenalster. Mit Fotos der Verschleppten erinnerten sie an das Schicksal der mehr als 100 Geiseln, die weiter von den Terroristen der Hamas festgehalten werden. Aufgerufen zu dem Protestmarsch hatte die Organisation „Run for their Lives“, die die sofortige Freilassung aller Geiseln fordert.

Der 7. Oktober 2023 war der „blutigste Tag für Juden seit der Schoa“, sagte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in München bei einem weiteren Protestmarsch der Organisation. Vor genau einem Jahr hatte die Terrororganisation Hamas Israel angegriffen. Mehr als 1200 Menschen starben, Hunderte weitere wurden verletzt, verschleppt, vergewaltigt.

Jüdische Gemeinde beklagt mangelnde Solidarität

„Diese Gewalt seit dem 7. Oktober hat alle Bereiche des jüdischen Lebens durchdrungen, auch innerhalb der Familien“, erklärt Stefan Hensel, Antisemitismus-Beauftragter der Stadt dem NDR gegenüber. Das gehe so weit, „dass man sich überlegt, wo geht man hin? Sagt man, dass man jüdisch ist?“

Philipp Stricharz, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Hamburg, berichtet von ähnlichen Erfahrungen. „Es ist sehr schwierig geworden, sich auf der Straße oder im Nahverkehr als Jude zu bewegen.“ Darüber hinaus gebe es „weniger Menschen, die den Mund aufmachen und sich mit Israel solidarisch zeigen“, so Stricharz im NDR-Interview.

Hamburger Politiker äußern sich zum Gaza-Krieg

Auch Hamburger Politiker äußerten sich kurz vor dem schrecklichen Jahrestag. „Der Terrorakt der Hamas war menschenverachtend und ist durch nichts zu entschuldigen. Er hat die Menschen dort getroffen, wo sie sich am sichersten fühlten – im eigenen Zuhause oder auf einem Musikfestival mit Gleichgesinnten“, so Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Hamburg.

„Der Krieg muss beendet, die israelischen Geiseln freigelassen werden. Es darf zu keiner weiteren Eskalation kommen. Stattdessen muss auf diplomatischem Wege alles unternommen werden, damit endlich Frieden einkehrt“, fordert Jennifer Jasberg, Fraktionsvorsitzende der Grünen.

CDU-Chef Thering betont, es sei „unsere Verantwortung, hier in Hamburg und Deutschland den Kampf gegen Antisemitismus zu verstärken und Extremisten keinen Raum zu lassen.“

Bundesweite Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag des Hamas-Überfalls

In allen Bundesländern fanden an diesem Sonntag offizielle Gedenkveranstaltungen statt, außer in Hamburg. Das wirft die oppositionelle CDU dem Senat vor. „Was bringen die rot-grünen Beschwörungen auf Deutschlands Staatsräson und den Schutz der jüdischen Bevölkerung in der Mitte unserer Gesellschaft, wenn der Senat nicht einmal zu einem offiziellen Gedenken zu solch einem Ereignis in der Lage zu sein scheint?“, empörte sich Anke Frieling, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion.

Ein Sprecher SPD-Fraktion teilte auf Nachfrage mit, es sei eigentlich geplant gewesen sei, gemeinsam mit allen demokratischen Parteien der Opfer zu gedenken. Die CDU habe jedoch kurzfristig ihre bereits zugesagte Teilnahme wieder abgesagt. Auf die Frage der MOPO, warum es keine zentral vom Senat organisierte Gedenkveranstaltung gab, hieß es vom Senat, eine Veranstaltung sei kein Thema gewesen.

Stattdessen wird es am Montagabend eine Gedenkzeremonie in der Synagoge Hohe Weide geben, an der neben Bürgermeister Peter Tschentscher auch Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) teilnehmen soll. Tschentscher ließ am Sonntagabend mitteilen: „Wir schützen und stärken das jüdische Leben als einen wichtigen Teil unserer Stadtgesellschaft.“

Große Demonstration gegen Antisemitismus in München

In München fand am Sonntag die bundesweit größte Demonstration mit rund 8000 Teilnehmern statt. Genau wie in Hamburg gab es einen 18-minütigen Gedenkspaziergang.

Ein Mann hängt während der Gedenkveranstaltung in München Bilder von Geiseln der Hamas auf. picture alliance/dpa | Felix Hörhager
Ein Mann hängt Fotos an einem Zaun auf.
Ein Mann hängt während der Gedenkveranstaltung in München Bilder von Geiseln der Hamas auf.

Der Präsident des Zentralrats der Juden hielt dabei eine Ansprache. „Wir laufen für die Geiseln und wir laufen für die Angehörigen und Familien, die jetzt so viel Stärke zeigen und für die Befreiung ihrer Liebsten kämpfen, während die Welt nicht genug macht“, so Josef Schuster.

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Auf dem Odeonsplatz mahnte Schuster: „Tote sind kein Zahlenspiel, aus dem ein Gewinner hervorgeht“ und betonte: „Die Befreiung der Geiseln zu fordern, ist kein politisches Anliegen: Der Einsatz für die Befreiung der Geiseln ist ein menschliches Anliegen!“ (mit Material von dpa)

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