• Am Rödingsmarkt in Hamburg wartet am Montag niemand auf die U-Bahn. 

Hamburg und das Virus: So erleben MOPO-Leser den Corona-Alltag

Hamburg und die Corona-Krise: Schulen und Kitas sind geschlossen, nur eine Notbetreuung läuft. Bars und Clubs sind dicht, Veranstaltungen verboten – alle Maßnahmen sollen eine schnelle Ausbreitung des Coronavirus verhindern. Montagfrüh sah die Stadt aus wie an einem Sonntagmorgen: Leere Straßen und Bahnen, kaum Menschen unterwegs. Wir haben die Hamburgerinnen und Hamburger gefragt, wie sie die ersten Tage in Corona-Wachsamkeit erlebt haben. Die MOPO erreichten zahlreiche Zuschriften.

Corona-Virus in Hamburg – so läuft das Home Office

Rebecca fühlt sich mit ihrer Familie gut vorbereitet auf das Leben innerhalb der eigenen vier Wände. „Wir leben in einem Reihenhaus am Stadtrand mit kleinem Garten“, erzählt sie. „Ab Montag sind mein Mann und ich im Home Office. Wir überlegen uns gerade eine feste Tagesstruktur für die Kinder. Damit sie auch die nächsten Wochen durchhalten.  Ansonsten habe ich ein ganz tolles Hobby – das Nähen. Stoffe und alles andere an Zubehör hab ich genug. Mir wird nicht langweilig werden.“ Rebecca sagt: „Ich weiß sehr zu schätzen, in welcher privilegierten Situation meine Familie sich befindet.“ 

Auch Susu nimmt es als Luxus wahr, dass sie ihren Job weitestgehend von Zuhause aus erledigen kann: „Dabei verlassen wir uns aber auf eine Menge Menschen, die sich das nicht aussuchen können“, schreibt sie. „Alle, die in der Medizin und Pflege arbeiten – alle, die Jobs machen, die unsere Versorgung sicher stellen, an der Supermarktkasse genauso wie im Wasserwerk oder bei der Müllabfuhr – HVV, Feuerwehr, Polizei … die Liste dürfte ziemlich lang sein. Ich hoffe, dass wir das nicht vergessen werden, wenn die Lage sich irgendwann wieder normalisiert.“ 

Coronavirus aktuell: Die wichtigsten Infos im Überblick

Katrin stimmt sich mit ihrem Ex-Mann ab. Sie schreibt: „Ich habe die Möglichkeit eingeräumt bekommen, meine Überstunden abzubauen und die Untergrenze der Minusstunden wurde aufgehoben, zudem habe ich Gleitzeit. Unser Sohn wird in den nächsten zwei Wochen entsprechend dem Schichtdienst hin und her gereicht, anders ist es nicht möglich.“ Sie kann auf ihre Nachbarn zählen: „Wir helfen wir uns gegenseitig und haben schon Nummern getauscht bzw. abgemacht, dass wir über den Briefkasten kommunizieren.“

M. befindet sich zwar nicht im Home Office, vermutlich aber viele seiner Kollegen: „Ich erlebe gerade eine leere Kantine und bin total überrascht, wie schön es ist, wenn es leise ist“, schreibt er uns.

Corona-Vorsorge in Hamburg: Arbeiten oder nicht?

Nicht in allen Berufen ist Arbeiten von Zuhause aus möglich – und einige Menschen sind verunsichert, wie sie sich verhalten sollen. 

Jan fragt sich: „Mir ist es nicht klar, ob ich zur Arbeit gehen soll oder nicht. Ich arbeite in einer KFZ-Werkstatt, wo wir schließlich viel Kundenkontakt haben.“ Auch Nuri ist sich unsicher: „Was soll ich tun?“ Der 29-Jährige fährt Taxi und wohnt mit seinen Großeltern zusammen, die beide 80 Jahre alt sind. 

Corona-Schlaf in Hamburg: Kaum Menschen in der Bahn

Sandra wohnt im Alten Land, sie nutzt täglich die Fähre von Finkenwerder aus, die gewöhnlich immer ausgelastet ist, wie sie schreibt. Nicht so am heutigen Montag: „Acht Menschen sind mit mir unterwegs gewesen“, schreibt sie. Für einen Arzttermin musste sie auch in die Innenstadt. „In einer fast leeren U3 den Weg zur Mönckebergstraße zu bestreiten, ist ein befremdliches Bild.“ Sandra sieht das aber auch positiv: „Ich muss bislang ein großes Lob uns allen aussprechen, wie viel Abstand und Rücksicht herrscht“, schreibt sie. 

Michal schildert das ähnlich: „Heute früh um 7 Uhr waren kaum Leute in der Bahn. Man merkte schon, dass alle angespannt und vorsichtig sind. Am Hauptbahnhof, wo die S3 immer voll wird, sind kaum Menschen eingestiegen. Schon sehr apokalyptisch.“

Claudia hat auf ihrem Arbeitsweg dagegen wenig Unterschiede wahrgenommen: „Ich fahre seit Jahren mit dem Fahrrad von Altona in Richtung Speicherstadt zur Arbeit. Die Holstenstraße ist zu der Uhrzeit kaum befahren, auf der Willy-Brandt-Straße ist der Autoverkehr auch um 7 Uhr relativ hoch. Das war heute Morgen nicht anders. Lediglich die Fahrgäste, die sonst in Scharen am U-Bahnhof Rödingsmarkt aussteigen, waren heute Morgen sichtbar nur wenige. “

Raffael wohnt mitten auf St. Pauli: „So still wie letzte Nacht habe ich den Hamburger Berg, seitdem ich hier wohne, noch nie erlebt.“

Auch Daniel, der in der Hotellerie arbeitet, berichtet von ruhigen Stunden: „Ich arbeite gewöhnlich nachts und erlebe die Entschleunigung entsprechend auch aus der Nacht heraus. Heute morgen bin ich um 6 Uhr ins Auto gestiegen, Feierabend. Von der Willy-Brandt-Straße aus bis Ecke Elbgaustraße 22 Minuten. Die Straßen sind gefühlt leer. Keine Ampel, an der man vor lauter Morgenpendelei zweimal warten muss, kein Stau, nichts.“

Corona-Stillstand in Hamburg – raus ins Freie, fern von Menschen

Dennis lenkt sich mit Fahrradfahren und Laufen von Corona-Sorgen ab. Der 35-Jährige, der auf der Veddel lebt, schreibt: „Da sehe ich kein Risiko oder gar, dass ich für andere eine Gefahr darstelle.“ Er achtet darauf, dass er Abstand hält und appelliert an alle nicht in Gruppen unterwegs zu sein. Denn eine Ausgangssperre würde er nicht so gut verkraften, fürchtet er. 

 

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp