Eine Frau, die einkauft.
  • Augen auf beim Einkaufen: Viele Marken verkleinern die Produktgrößen – der Preis bleibt aber gleich. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance / Frank May

Hamburger Verbraucherschützer warnen vor versteckten Preiserhöhungen

Erst kürzlich ist Brotaufstrich der Firma „Rama“ negativ aufgefallen: Der Packungsinhalt schrumpfte von 500 Gramm auf 400 Gramm, doch der Preis blieb gleich. Diese Strategie sei laut einem Lebensmittelexperte öfter zu beobachten. Da bedeutet also: Augen auf beim Einkaufen!

Wer in den nächsten Wochen im Lebensmittelhandel zu den vertrauten Produkten greift, sollte genauer als sonst hingucken. Denn es ist gut möglich, dass die vertraute Packung oder auch nur der Packungsinhalt geschrumpft ist, auch wenn der Preis der alte ist. „Wir erleben gerade die erste Welle solch versteckter Preiserhöhungen“, sagte Armin Valet, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Aber ich denke, der Höhepunkt kommt erst noch.“

Statistisches Bundesamt: Alkoholfreie Getränke deutlich teurer als vor einem Jahr

Valet beobachtet seit Jahren, wie Hersteller und Handel mit Packungsgrößen tricksen, um Preiserhöhungen zu verschleiern und die Verbraucherzentrale Hamburg kürt zwölf Monate eine Mogelpackung des Jahres. Im Moment gebe es besonders viele Beschwerden über solche Tricksereien, sagte Valet.

Der Hintergrund ist klar: Die Lebensmittelpreise steigen zur Zeit dramatisch. Im Juli waren Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 14 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Gestiegene Rohstoffpreise machen sich hier ebenso bemerkbar wie höhere Energiekosten oder Mehrausgaben für Logistik infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges.

Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg warnt vor steigenden Preisen bei Lebensmitteln. Verbraucherzentrale Hamburg e.V.
Armin Valet von der Verbaucherzentrale
Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg warnt vor steigenden Preisen bei Lebensmitteln.

Da ist die Versuchung für Hersteller und Handel groß, die Preiserhöhungen zu kaschieren. Wenn die Packung ein bisschen schrumpft, fällt das häufig weniger auf, als wenn der Preis steigt. Es gibt sogar schon ein Wort dafür: „Shrinkflation“ – eine Verbindung des englischen Wortes für Schrumpfen – shrink – und Inflation.

„Wir werden das in Zukunft öfter sehen als in der Vergangenheit“, ist auch der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf überzeugt. Der Grund: Handel und Hersteller scheuten sich, die eingeübten Preisschwellen wie beispielsweise 1,99 Euro zu überschreiten. „Wenn eine solche Schwelle überschritten wird, erscheint ein Produkt plötzlich deutlich teurer und es besteht die Gefahr, dass die Absatzmenge drastisch einbricht.“

Lebensmittel-Experte: „Shrinkflation“ wird zunehmen

Der Experte hat durchaus Verständnis für diese Praxis. Er findet aber, die Hersteller sollten dann gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern mit offnen Karten spielen. „Wichtig ist aus Fairness-Gründen, dass die Hersteller bei Mengenreduzierungen auch die Verpackungen verkleinern.“ Dann könnten sie durchaus auch auf Verständnis der Konsumenten hoffen. „Manch einer ist vielleicht auch froh, durch die Mengenreduzierung nicht mehr bezahlen zu müssen.“

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Beispiele für solche „Schrumpfkuren“ gibt es aktuell zuhauf. Haribo etwa verkleinerte kürzlich seine Goldbärentüte von 200 auf 175 Gramm. Der empfohlene Preis von 0,99 Cent blieb gleich – trotz 12,5 Prozent weniger Inhalt. „Als Unternehmen sind wir bereits seit Anfang des Jahres mit außergewöhnlich steigenden Kosten für hochwertige Zutaten, aber auch für Folien, Verpackungsmaterialien, Kartonage sowie Energie und Logistik im hohen doppelstelligen Bereich konfrontiert“, begründete Haribo den Schritt. Das Unternehmen passe Verpackungsgrößen und Preis an, um weiterhin erschwinglich zu bleiben.

Auch die „Goldbären“ von Haribo sind vom Preisanstieg betroffen. dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow
Haribo-Goldbären
Auch die „Goldbären“ von Haribo sind vom Preisanstieg betroffen.

„Wichtig war uns, dass wir nicht mehr ‚Luft‘ im Beutel haben, also den Beutel in seiner Größe beibehalten, sondern auch den Beutel sichtbar verkleinern“, betonte ein Unternehmenssprecher. Dadurch sei die Verringerung der Füllmenge für die Kunden klar erkennbar.

Auch der Markenartikler Henkel ging bei seinem Weichspüler Vernel einen ähnlichen Weg. „Da wir die Kostensteigerungen in einigen Fällen nicht vollständig auffangen konnten, haben wir uns entschieden, die Füllmengen unserer Produkte teilweise anzupassen“, berichtete das Unternehmen. Der Knabberartikel-Hersteller Intersnack sah sich ebenfalls durch den Kostenanstieg „zur Anpassung der Füllmenge der ‚ültje Erdnüsse‘“ gezwungen. Aber auch bei Marmelade, Margarine, Chips und Tiefkühlpizza stießen die Verbraucherschützer in den vergangenen Wochen auf schrumpfende Packungsinhalte.

Auch Eigenmarken sind von Mogel-Praxis betroffen

Verboten sei das nicht, räumt Valet ein. Aber es sei natürlich eine Trickserei zu Lasten der Kunden. Auffällig ist nach seinen Worten, dass auch Supermärkte und Discounter bei ihren Eigenmarken immer öfter zu solchen verstecken Preiserhöhungen greifen. Dies habe in der Vergangenheit eher Seltenheitswert gehabt.

Gestiegen ist nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg aber auch die Häufigkeit sogenannter doppelter Preiserhöhungen auf der Mogelpackungsliste des Verbandes. Gemeint sind damit Produkte, bei denen nicht nur die Füllmenge reduziert, sondern zusätzlich der Preis vom Handel erhöht wurde. Betraf das in den vergangenen zwei Jahren durchschnittlich 18 Prozent der aufgenommenen Artikel, so waren es im ersten Halbjahr 2022 bereits rund 35 Prozent.

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Ein Ende der Ende der Schrumpfkur bei Produkten des täglichen Bedarfs erwartet der Verbraucherschützer Valet vorläufig nicht. Im Gegenteil: Der Höhepunkt könnte noch bevorstehen. Der Handel brauche ungefähr ein halbes Jahr Vorlauf zur Umstellung der Etiketten und dem Abverkauf der alten Ware, rechnet er vor. „Ich denke, dass da noch einiges auf uns zukommen wird.“ (dpa/mp)

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