Extreme Wetterbilanz für Hamburg: So viel Regen wie (fast) noch nie
In den vergangenen zwölf Monaten hat es in Hamburg so viel geregnet wie seit über 100 Jahren nicht mehr. Der städtische Versorger Hamburg Wasser hat noch eine weitere gute Nachricht.
Der Versorger Hamburg Wasser freut sich über den vielen Regen seit Herbst vergangenen Jahres. Das hydrologische Jahr von November 2023 bis Oktober 2024 habe 40 Prozent mehr Niederschläge als die zwölf Monate davor gebracht, teilte das städtische Unternehmen mit. Mit 1050 Millimetern sei es das zweitregenreichste hydrologische Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 gewesen. Nur 1915/16 lag die Regenmenge mit 1100 Millimetern noch höher.
Regen im Winter gut fürs Grundwasser
Die Grundwasserstände zeigten einen deutlichen Aufwärtstrend. Die Regenwelle habe eine regelrechte Wende gebracht. „Nach einer Phase des Absinkens in den letzten Jahren ließ der üppige Regen in diesem Jahr das Niveau in tiefen Grundwasserleitern wieder auf Durchschnittswerte steigen“, erklärte Hamburg Wasser.
Schon das hydrologische Jahr 2022/23 war in Hamburg mit 900 Millimetern Niederschlag überdurchschnittlich ausgefallen. Zwischen 1991 und dem Jahr 2020 wurden im Mittel nur 770 Millimeter Regen gemessen. Vor allem der ergiebige Regen in den Wintermonaten sei wegen der geringeren Verdunstung für die Neubildung von Grundwasser wichtig, erklärte Hamburg-Wasser-Geschäftsführer Ingo Hannemann bei der Vorstellung des neuen Wasserreports. Der Dezember 2023 und der September 2024 waren besonders regenreich. Viermal gab es Starkregen in Hamburg, und zwar am 26. Mai, 27. Juni, 10. Juli und am 7. August. Am 27. Juni fielen innerhalb von nur 45 Minuten 58 Millimeter Regen – so viel wie sonst im gesamten Monat Mai.
Industrie soll für Ausbau von Kläranlagen zahlen
Als zweite gute Nachricht bezeichnete Hannemann die Verabschiedung einer neuen EU-Richtlinie zum Gewässerschutz. Die Kommunalabwasserrichtlinie schreibe vor, dass sich die Verursacher von schädlichen Einleitungen künftig zu 80 Prozent am Ausbau und Betrieb einer vierten Reinigungsstufe in Klärwerken beteiligen sollen.
Als Hersteller von Produkten Problemstoffen gelten vor allem Unternehmen der Pharma- und Kosmetikindustrie. Durch Arzneien und Kosmetikprodukte kommen Mikroschadstoffe ins Abwasser. Außerdem soll Abwasser nach den neuen Regeln künftig auch streng auf etwa antibiotikaresistente Erreger, Viren oder Mikroplastik überwacht werden.
Die Richtlinie müsse bis Mitte 2027 in nationales Recht überführt werden, erklärte Mark Oelmann von der Hochschule Ruhr-West. „Bei der Überführung der EU-Richtlinie in nationales Recht darf keinerlei Aufweichung der Herstellerverantwortung erfolgen“, forderte Hannemann.
Industrie warnt vor Preissteigerungen
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hatte die neue Richtlinie Anfang November als eine „eine völlig verfehlte EU-Gesetzgebung“ bezeichnet und gewarnt, dass einzelne Produkte teurer werden oder einige systemrelevante Arzneimittel völlig vom Markt verschwinden könnten. Der Verband rechne damit, dass die Beteiligung an der Reinigung die deutsche Pharma- und Kosmetikindustrie etwa zwei bis drei Milliarden Euro jährlich kosten werde. Hinzu kämen noch Bürokratiekosten für das Erheben der Abgabe.
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Bis 2045 sollen alle Kläranlagen in der EU, die das Abwasser von mehr als 150.000 Einwohnern versorgen, eine vierte Reinigungsstufe betreiben. Nach Angaben von Hamburg Wasser betrifft das rund 570 der 5900 Klärwerke in Deutschland. Der Versorger betreibt die größte derartige Anlage im Hamburger Hafen. Für die Erweiterung gebe es Vorplanungen, erklärte der Geschäftsführer. Es werde zunächst erprobt, welche Verfahren zum Hamburger Abwasser passten.
Deutschlands größtes Klärwerk
Die Kosten für den Ausbau und Betrieb in Deutschland werden auf bis zu neun Milliarden Euro geschätzt. Oelmann schlug ein Fondsmodell zur Finanzierung vor, an dem sich die Pharma- und Kosmetikunternehmen beteiligen. Das schaffe Anreize, gewässerschonende Produkte zu entwickeln. (dpa/mp)