Initiative will Werbung verbieten – Senat geht dagegen mit drastischen Mitteln vor
Der Hamburger Senat will die Rechtmäßigkeit der Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“ vom Verfassungsgericht überprüfen lassen, wie ein Gerichtssprecher auf MOPO-Anfrage bestätigte. Die Ini sieht sich dadurch in ihrem Kampf gegen immer mehr Werbesäulen und Monitore behindert und übt scharfe Kritik an Grünen und SPD.
Sie wollen Schluss machen mit blinkenden Werbebildschirmen und leuchtenden Displays im Hamburger Stadtgebiet: Im vergangenen Jahr hatte „Hamburg werbefrei“ bereits mehr als 15.000 Unterschriften gesammelt und die erste Hürde der Volksgesetzgebung damit deutlich übersprungen. Im Juni sollte die zweite Sammelphase starten, mit dem Ziel, 65.000 Unterschriften zu sammeln – aber nun kam Post vom Verfassungsgericht.
Antonia Petschat, Vertrauensperson der Initiative, versteht den Schritt des Senats nicht: „Wir wollen die Stadt wieder in den Zustand zurückversetzen, den sie bis vor ein paar Jahren hatte, bevor die Werbewirtschaft begann, an allen Ecken leuchtende Werbesäulen und Monitore aufzustellen. Was kann daran verfassungswidrig sein?“
Laut den Initiatoren hätten die Hamburger es satt, im Stadtbild zunehmend mit Werbung „zugemüllt“ zu werden: „SPD und Grüne fühlen sich der Werbewirtschaft offenbar mehr verpflichtet als den Interessen der Bürgerinnen und Bürger“, so Antonia Petschat.
Gericht muss Ziele des Volksentscheids überprüfen
Das Verfassungsgericht muss nun prüfen, ob die formalen Voraussetzungen für einen Volksentscheid erfüllt sind (was meistens kein Problem ist) und ob das Ziel des Entscheids mit der Hamburger Verfassung vereinbar ist. Das ist schon schwieriger, weil ein Volksentscheid nicht in das sogenannte Budgetrecht der Bürgerschaft eingreifen darf.
Sprich: Es darf nichts gefordert werden, was die Stadt Geld kostet. Die Werbeflächen spülen aber viel Geld in die Stadtkasse, was nach einem erfolgreichen Volksbegehren fehlen würde. Geprüft werden soll auch, ob Werbetreibende durch den Volksentscheid in ihren Rechten beschnitten werden, oder auch die Eigentümer der Grundstücke, auf denen die Werbetafeln stehen.
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Im Januar 2023 erklärte Ole Thorben Buschhüter, Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, gegenüber der MOPO: „Wir können der Initiative nicht viel abgewinnen, da auch Arbeitsplätze und Einnahmen für die Stadt an der Werbung hängen.” Senatssprecherin Julia Offen äußerte sich damals ebenfalls ablehnend: „Eine Umsetzung der Forderungen würde das Image Hamburgs als Werbe- und Kreativstandort schädigen.“
Sogar die CDU ist bei diesem Thema auf Seiten des Senats und verwies darauf, dass die Zahl der Werbestandorte seit 2008 um mehr als 1000 zurück gegangen sei. Allerdings gab es damals noch keine riesigen LED-Monitore mit wechselnder Werbung an den Straßen, die der Ini ein besonderer Dorn im Auge sind.